Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 24. August 2019

Arm und Reich - und Hartz 4

Was mich immer wieder wundert, ist das Bild des wirtschaftlichen Erfolges trotz eines drohendem Abschwungs, das offiziell abgegeben und verbreitet wird. Wie gewisse Lebenswelten sich in dieser Gesellschaft radikal unterscheiden und die Unterschiede als gottgegeben akzeptiert werden. Tatsache ist ja wohl: Es gibt einen wachsenden Andrang bei Tafeln. Ohne solche Hilfsangebote würde das System auch funktionieren, so ein CDU-Politiker. Gewisse Politiker sagen offenbar auch, dass man mit Hartz4 gut auskomme. Offiziell herrscht ja immer noch Vollbeschäftigung. Alles gut! Es gibt aber auch eine andere Sprache: die der Spaltung in Arm und Reich. 
Der Andrang bei den Tafeln nimmt eindeutig zu, könnte im wissenschaftlichen Sinne einen Indikator abgeben (unter anderen!). Berücksichtigt ist dabei noch nicht, dass sich viele Leute schämen, zur Tafel zu gehen. Hinzu kommen wohl gewisse behördliche „Eigenarten“: Unterhaltsberechnungen könnten fragwürdig sein. Erziehungsgeld, Kindergeld anrechnen, abrechnen, ausrechnen.... und vieles andere. Den "Klienten" damit unter Druck setzen. Natürlich gibt es auch "Klienten", die das System auszunutzen versuchen. Aber wieso wird das nicht wirksam unterbunden. Wieso werden solche Leute zur Rechtfertigung für "Sparmaßnahmen" heran gezogen? Offiziell wird ein Verdacht gestreut: Faulpelze? Es gilt, „Hartz 4-Leistungen des Staates zu kürzen, Leistung zu fördern“. Ob gewisse Leute, die für die Einführung dieses Systems verantwortlich waren, sich bewusst sind, wie sehr sie in die gesellschaftliche Realität eingegriffen haben? Es heißt dann immer, dass die Hartz4-Reformen immens wichtig für den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands gewesen seien.
Viele wissenschaftliche Studien zeigen aber, dass die Hartz4-Reformen so nicht verantwortlich waren für die Abnahme der Arbeitslosigkeit und den wirtschaftlichen Aufstieg in der jüngeren deutschen Vergangenheit. Ob man die Bevölkerung in beliebiger Weise zu Knechten eines Wirtschaftssystems machen kann? Ob's viel eher die starke Exportnachfrage war, die mit der wirtschaftlichen Prosperität zusammen hing? Solche Fragen werden in der Wissenschaft gestellt. Export als Stärke: ein eigenes Thema. Die „Flexibilität im Arbeitsmarkt“ hat geholfen, war aber wohl nicht entscheidend. Auf der anderen Seite haben die Hartz-Reformen wohl eher die Arbeitgeberseite gestärkt. Die Löhne sind auf der Arbeitgeberseite teils krass gestiegen, auf der Arbeitnehmerseite steigen sie erst in allerletzter Zeit, davor waren sie gleich geblieben oder gesunken.  Die offiziellen Arbeitslosenzahlen pendeln inzwischen freundlich um 5%. Zwar gibt es mehr Beschäftigung und weniger Arbeitslosigkeit. Doch nicht zu vergessen ist, dass Deutschland einen weit überproportional großen Niedriglohnbereich hat. Jeder 5. Arbeitnehmer arbeitet zu geringen Löhnen oder von vornherein in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Das passt nicht zum Erfolgsbild, das uns fortwährend weis gemacht werden soll.

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