Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 16. Juni 2018

Reise durch Wirklichkeiten (2)

Fotos wie meine erlauben einen direkten Blick auf die Welt. Gelegentlich sogar einen anderen Blick aus einer anderen Perspektive. Vom üblichen Schönfärberblick, der die Allgemeinheit oft auch in Gestalt eines Menschen verklären will, halte ich gar nichts. Wir hingegen könnten den Alltag ganz anders wahrnehmen, durch eine „andere Brille schauen“. Genauso verhält es sich mit der Musik, die ich hier in Auszügen online stelle. Sie ist manchmal, - auch dort, wo sie sehr konventionell klingt, - ein „Abdruck“ meiner Seele, - in einer anderen Sprache als der gesprochenen. Sie schafft eine Wirklichkeit, die auch von meiner Vergangenheit als Rockmusiker geprägt ist, die aber vor allem auch meine Eindrücke von der gegenwärtigen Welt spiegelt. Insofern erscheint nicht sehr tragisch, dass das gesprochene Wort als solches relativ selten auftaucht. Es wurde mir auch zu oft und zu offensichtlich vom sogenannten Mainstream missbraucht, eingesetzt, benutzt, schön geredet, in eine Richtung gelenkt. 
Verschiedene Wirklichkeiten: dabei denken die meisten Menschen an schamanische Wahrnehmungen und Praktiken, die aus anderen als der westlichen Industriekultur stammen. An dieser Stelle würde ich behutsam zustimmen und mich interessieren. Gleichzeitig habe ich nicht nur in meinem Soziologiestudium gelernt und in verschiedenen Situationen auch erfahren, dass die Wahrnehmung von Realitäten auch sozial vermittelt ist: je nach der Gesellschaft, in der ich aufgewachsen und sozialisiert bin, habe ich eine „gelenkte“ Wahrnehmung der Welt, die sich in der Folge verfeinert und verfestigt: Der Vorsteher eines Dax-Unternehmers mag eine durchaus andere Wahrnehmung der Welt haben als ein Hartz 4-Bezieher, - um ein Beispiel aus unserer unmittelbaren Welt anzuführen. Dies mag sich auf die gesamte Werte- und Normenwelt beziehen, aus der Handlungen abgeleitet sind. „Man“ tut dies nicht und etwas anderes wird scharf sanktioniert, was man dann ganz in Ordnung findet. Dass aber genau solche Verhaltens- und Deutungsmuster relativ sein können, ist das, was ich auch hier ein wenig vermitteln will. 
Wir können Reisen in andere Wirklichkeiten antreten, die nichts gemein haben mit jenen Fernreisen, die heutzutage so gerne angestrebt werden und die einen geringen Output an veränderter Wirklichkeitswahrnehmung haben. Im Gegenteil, wir übertragen unsere Muster auf andere Kulturen und leiten dafür die Legitimation aus unserem „Erfolg“ ab. Dass dieser „Erfolg“ auch teilweise massive Schattenseiten hat, ist ja wohl offensichtlich. Klimakatatsrophe, Kriege und Ausbeutung der Welt mögen da nur Stichworte sein. Es mag auch „alternative“ Zugänge zur Welt geben, mit der wir uns auseinandersetzen sollten. Dies muss nicht immer heißen, dass wir solches immer toll und großartig finden, dass wir uns davon überwältigen lassen, was wir in einer meist kurzen Zeitspanne erfahren. Aber es mag Impulse geben, in eine bestimmte Richtung nachzudenken. Es kommt mir so vor, als habe ein Autor wie Michel Foucault sich ausgiebig mit den jeweilig historisch vermittelten Möglichkeit einer Deutung und gesellschaftlichen Sanktionierung von solchen Wahrnehmungsmöglichkeiten befasst.

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