Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Donnerstag, 10. März 2016
Wirtschaft und Sprache
Wieso eigentlich sprechen die Journalisten Wirtschaftsführer und Manager jetzt meist per „Herr“ (oder natürlich sehr
viel seltener „Frau“) an? Das wäre doch eigentlich sehr
unjournalistisch, galt doch hier über Jahrzehnte hinweg ganz
sachlich der Vorname und Nachname. Alleine schon aus Gründen der
journalistischen Augenhöhe wäre so etwas dringend geboten, worüber in allen diesbezüglichen Ausbildungen Konsens herrschte. Wer soll
denn beispielsweise auf Pressekonferenzen Fragen im Sinne der
Allgemeinheit stellen, die auch schon mal etwas frecher ausfallen
dürfen, wenn er von vornherein eine sehr altmodische, eine klare
hierarchische Unterordnung bezeichnende Formulierung gebraucht? Geht
es bei solchen Dingen (auch die Anrede mit akademischen Titeln usw,
würde darunter fallen) um von der Wirtschaft ganz einfach in das
zivile Leben übertragene Herrschaftsstrukturen? Um das Einpflanzen
von Unterwürfigkeit und Unterordnung abseits aller
Funktionsausübung? Haben hier die vielen grotesk verherrlichenden und in ganz bestimmtem Interesse glorifizierenden Hochglanzmagazine ihre Spuren hinterlassen? Jetzt musste wieder ein Automanager in den USA
gehen. Offiziell heißt es dazu: „Er tritt zurück“. Ist das
nicht Hohn für die Arbeitslosen weltweit? Sie wären unter Umständen
seltsam berührt, wenn ihnen unterstellt würde, sie wären „zurück
getreten“. Wer in dieser Hierarchiestufe „zurück tritt“, kann
meist mit fetten Abfindungen und Pensionen rechnen. Ja, hat er sich
so verdient um sein Unternehmen und seinen Job gemacht, wenn er
schummeln und betrügen lässt, was das Unternehmen anschließend
viele Milliarden und sein Image kostet? Was heißt eigentlich in
diesem Zusammenhang „Verantwortung“? Wer lässt sich dafür
fürstlich bezahlen und „tritt anschließend zurück“?
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