Wie
habe ich mich über diesen Andreas Kümmert in diesem Moment gefreut! Habe diese
Ausscheidungsinszenierung ESC im Fernsehen zwar nicht gesehen,
konnte mich aber danach eingehend über die Geschehnisse informieren.
Da hat doch tatsächlich der Sieger den Sieg bei der nationalen Ausscheidung des „European Song
Contest“ nicht angenommen und ihn einfach so an die Zweitplatzierte
weiter gereicht, weil er sich „im Moment nicht in der Lage“ sehe,
das Ding durchzustehen. Ungeheuerlich. Frechheit. Solch eine Ausscheidung! Wir kennen alle
diese Lage, in der wir uns in eine Situation begeben, aus der wir
plötzlich im harten Griff der Realität wieder aufwachen. Es ist
dann wohl die letzte Gelegenheit für Kümmert gewesen, der ansonsten
den Wettbewerb klar dominiert hat, aus dieser Geschichte
herauszukommen. Wir könnten es nachvollziehen. Die Showmaschine
stottert, er schlägt sogar die Zweitplatzierte als neue Siegerin vor
(darf er das überhaupt?) und muss sich jetzt dafür fertig machen
lassen. Ein Sensibler, einer, der es ernst meint mit sich und seiner
Kunst, passt im Moment des Sieges nicht in das unbarmherzige
Räderwerk dieses Gewerbes? Ist alles so, wie es scheint? Die Moderatorin macht Glupschaugen: Wie
das? Einer, der sich nicht stromlinienförmig an die sogenannten
„Zwänge“ dieses Geschäfts angepasst hat, stolpert
öffentlichkeitswirksam und wird dadurch zum „Fall“? Ein „Fall“,
wie ihn die einst kultige Showikone Madonna als PR für ihr neues Album bei den
„Brit Awards“ auf ganz andere Weise vorgeführt hat. Eiskalt ist die nach ihrem
ausführlichen Sturz von der Bühne aufgestanden und hat einfach weiter gemacht als jene Kunstfigur, die sie uns nun schon seit Jahrzehnten vorführt. Ein Moment ist sie aus der Rolle gefallen. Es ist wie beim Märchen
„Des Kaisers neue Kleider“. Klar, war ja eine gute Werbeaktion für sie!
Die versteht die Medien und kann mit ihnen umgehen. Das war schon immer so und ist es auch jetzt so. Beifall. Eine zur Millionärin verkörperte Postmoderne!
Es wird ja
ansonsten viel über „Würde“ im Alter gequasselt. Alte Säcke
passen ihren Stil ihrem Alter an. Versuchen nicht, als Springinsfeld iuvenil wie einst
herumzuhüpfen, sondern verkaufen sich geläutert bedächtig. Ob Madonna nun
ein besonders gelungenes Beispiel dafür ist? Ob für sie ein paar Züge abgefahren sind?
Kultfigur und Megastar zu
sein, ist für sie wohl Vergangenheit. Jetzt muss man schon froh sein, wenn
man nicht von der Bühne fällt. Es ist ein glatt polierter Scherz,
immer schon gewesen. In jeder Hinsicht. Und jetzt kommt einer, tritt
auf deutsche Bühnen, führt seine Stimme und nichts als seine Stimme
vor, um anschließend zu erklären, dass er den klaren Sieg nicht
annimmt? Ein Wurzelsepp, einer, der nicht in die Abläufe und
Erwartungen des Showgeschäfts passt, einer, dem man zuschreibt,
krankhaft sensibel zu sein? Einer, der im letzten Moment aus dieser
Kunstwelt aussteigen will? Einer, den der NDR-Unterhaltungschef
Thomas Schreiber vom veranstaltenden Fernsehen, wie er in einer
Pressekonferenz bekannt hat, zuvor gar nicht gekannt hat? Ein Nobody
und No name, der „nur“ eine großartige Stimme hat? Ein Sieger
in einem Wettbewerb, der den Egoismus auf seinem Feld
durchdekliniert, um zuletzt doch zu passen? Oder ist's alles ganz anders gewesen? War's ein ganz besonderer
Gag von ihm, oder war's sein tatsächliches Erschrecken? Wir werden's
erleben.
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