Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 21. März 2015

Zimmerreise

Am Ende des achtzehnten Jahrhunderts unternahm der Franzose Xavier de Maistre eine Reise um sein Schlafzimmer, die er „Reise um mein Zimmer“ nannte. Danach machte er noch eine zweite Reise, die nachts bis zur Fensterluke führte. Er nannte sie „Nächtliche Expedition um mein Zimmer“ und brachte sie als Buch heraus. De Maistre war empfindsam und romantisch und begeisterte sich für die Luftfahrt. Ein normaler Mann, - damals. Es war wohl kaum seine Absicht, sich abfällig über Magellan, Sir Francis Drake oder Captain Cook zu äußern. Es war halt so, dass er eine Art des Reisens gefunden hatte, die viel praktischer war für alle, die nicht so wohlhabend waren wie jene berühmten Reisenden. Es sollte weder Mühe noch Geld kosten. Und gleich geht es ab, er erzählt von den Wonnen der Betrachtung seines Bettes, er sinniert darüber und legt so eine Spur, die uns zu der Erkenntnis führen könnte, dass das Reisen mehr von einer bestimmten Geisteshaltung abhängen könnte, als vom Reiseziel selbst.
Doch was macht eine solche Geisteshaltung aus? Es mag so etwas  wie Empfänglichkeit sein. Sich Orten mit Demut nähern. Keine festgefügten Vorstellungen davon haben, was interessant oder anziehend sein könnte. Die Kunst des Reisens, so de Maistre, besteht nicht darin, immer exotischere und weiter entlegene Ziele zu erstürmen, sondern in der Entdeckung des Alltäglichen, der eigenen Umgebung, der Erforschung des Selbstverständlichen. Sich selbst und seine Gedanken dabei zu erforschen, könnte ja auch ein lohnendes Ziel sein.
Lasst uns also mutig aufbrechen. - Folgt mir alle, die eine gekränkte Liebe,  eine vernachlässigte Freundschaft in eurer Wohnung zurückhält,  fern von der Kleinlichkeit und der Falschheit der Menschen. Alle Unglücklichen,  Kranken und Gelangweilten des Universums mögen mir folgen!“. So steht's bei ihm geschrieben. 

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