Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 31. März 2015

Posing and Shooting

Stillschweigend unbeachtet ist in Mode gekommen, was unter dem Begriff „Fotoshooting“ firmiert. Nach eigener Einschätzung und nach Abgleich mit den veröffentlichten Vorbildern gut aussehende und finanziell blendend ausgestattete Personen lassen sich von aus dem Internet kommenden Fotografen in allerlei derjenigen Posen ablichten, die nicht nur in bekannten Modemagazinen das Auge erfreuen sollten, sondern die auch die "zeitgemäßen" Sichtweisen geprägt haben. Fehler sind verpönt, es gilt das Bild, die äußerliche Sichtweise, die Erscheinung, die Verpackung. Ob Posen „natürlich“ oder eher gestellt ausfallen sollen, hängt von den Wünschen dieser Personen ab, die sich selbst unbedingt stilisieren wollen und dafür bereit sind, eine Menge Geld zu bezahlen. Die Menge an günstig verfügbaren (vor allem unbezahlten, lizenzfreien) Fotos ist ja ungeheuerlich gestiegen, die sogenannte „Visualisierung“ diktiert unerbittlich die Bedingungen, unter denen sich der Text mittlerweile noch als Beiwerk präsentieren darf. Diese Welt erscheint getrieben von Emotion, so wie es das englischsprachig globalisierte Motto eines TV-Senders verspricht. Diskurs ist außer Mode gekommen. Auf diesen Trend springen vor allem Fotografen auf, die sich heutzutage das handwerkliche Werkzeug für ein paar Euro mehr besorgen können und mit einem Bildbearbeitungsprogramm nach Herzenslust, färben, verschwinden lassen, verengen und verjüngen, retouchieren, schärfen und nach allen Richtungen manipulieren, so, wie das die „Profis“ schon vor zehn Jahren vorgemacht haben. Eher selten kommen solche "Fotografen" aus dem per Diplom und abgelegter traditioneller Prüfung legitimierten Milieu. Die originelle Sichtweise ist weitgehend verpönt, es gilt die vorgeformte und vorgegebene Schablone, das längst und medienwirksam vorgegebene "Bild", das es handwerklich möglichst versiert zu reproduzieren gilt.
Interessant ist ja die Gesinnung, die dahinter steht. Es gilt, auf das Parkett jener von den Medien so hervorgelobten Kunstwelt zu kommen, auf dem sich Filme, die Mode- und die Modelwelt samt ihrer „Stars“ und „Super-Megastars“ so gerne bewegen. Fotos, Clips, Film und vieles Visuelle: ein Wust,der da auf die Wahrnehmung des "Konsumenten" einprasselt. Es gilt, was als chic gilt. Jeder will konkurrenzfähig werden, dabei sein bei dieser Inszenierung, die ein Ego oder eine oft kitschig romantisierte Zweierkonstellation meist nach äußerlichen Kriterien in den Vordergrund stellt. Dabei kann bei avancierteren Geistern das „Eigene“ eine gewisse Rolle spielen, solange es „richtig“ inszeniert erscheint und mit einer vermeintlichen "Aura" ausgestattet ist. Man will mit den „Stars“ mithalten können, sich auf derselben Ebene bewegen, sich narzisstisch inszenieren. Das Ego, das Spezielle und Charakteristische soll unter Verwendung aller Klischees herausgearbeitet werden, es soll hervortreten und herauspräpariert werden mit allen technischen Hilfsmitteln, die heute zur Verfügung stehen. Dazu werden nicht nur spezielle Posen, sondern auch spezielle „Locations“ in Anspruch genommen, die gelegentlich auch eine Ära des Geheimnisvollen umfangen. Die Qualität eines Fotografen soll demnach bestimmen, inwiefern er in der Lage ist, eine solche Kunstwelt zu inszenieren und die bezahlenden Personen darin zu positionieren. Was gilt, ist die mögliche Gleichstellung mit der Medienwelt, mit ihren nach allen Regeln des Kunsthandwerks manipulierten Bildern. Was gilt, ist die möglichst „glaubhafte“ fiktive Teilhabe an der Mode- und Werbewelt. 

2 Kommentare:

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