Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Samstag, 16. September 2023
Im Fragment bleiben
Stimmt es, dass Leonardo da Vinci selten etwas zu Ende brachte? Dass er oft im Fragment und Halbfertigen verblieb, dass er seine Kunst oft als Spekulation verstand? Sehr sympathisch ist mir das. Nicht alles muss stimmig sein, was aber seinen großen Ehrgeiz kaum bremste. Er zweifelte. Er tänzelte. Er suchte. Aber er wollte schlichtweg alles alles alles und betrieb ausführliche Vorstudien, - ergebnisoffen. Ohne Vorbilder. Er wollte verstehen, was er anschließend zu malen versuchte, er wollte das Recht, sich zu irren. Probieren. Unermüdlich. An der Natur und den eigenen Vorstellungen orientiert. Den Aufstieg zum Höchsten wagen. Frauen? Menschen? Starre und deshalb wohlgefällige Lieblichkeit verabscheute er. Mona Lisa geht ja auch weit darüber hinaus. Eigenständigkeit strebte er an. Und wir müssen nicht so tun, als würden wir das alles verstehen, als würden wir darüber stehen. Wie oft bin ich durch diese wunderbare Stadt Florenz geschlendert und hatte vermeintlich Leonardo an meiner Seite. Vorbei an Michelangelos Werken. Am David. Botticelli grüßte frisch wie der Frühling aus den Uffizien. Es ging vorbei an den Kreationen, die die Medici in Auftrag gegeben hatten. Leo aber sah sich nicht als Vollstrecker der Wünsche seiner Auftraggeber, sondern als Anwalt einer neuen Kunst von eigenem Recht. Eitle Selbststilisierung war nicht sein Ding. Über den heutigen Kunstmarkt hätte er abgekotzt.
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Is it true that Leonardo da Vinci rarely finished anything? That he often remained fragmented and half-finished, that he often understood his art as speculation? I like that very much. Not everything has to be right, but that hardly slowed down his great ambition. He doubted. He danced. He searched. But he simply wanted everything, everything, everything, and carried out detailed preliminary studies - with an open mind. Without role models. He wanted to understand what he then tried to paint, he wanted the right to be wrong. Try out. Tireless. Based on nature and your own ideas. Dare to climb to the highest. Women? People? He abhorred rigid and therefore pleasing loveliness. Mona Lisa goes far beyond that. He aspired to independence. And we don't have to pretend that we understand it all, that we're above it. How often have I strolled through this wonderful city of Florence and supposedly had Leonardo by my side. Past Michelangelo's works. At David. Botticelli greeted fresh as spring from the Uffizi. It passed the creations commissioned by the Medici. Leo, however, did not see himself as the executor of his clients' wishes, but as the advocate of a new art in its own right. Vain self-promotion was not his thing. He would have thrown up on today's art market.
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