Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 19. Oktober 2020

Sich und sein Gesicht verkaufen

Ich wundere mich, wer alles an selten dämlichen Ratespielen, Kaufshows, Verlosungen, Zurschaustellungen, name-droppenden Einblendungsorgien und Quiz-Veranstaltungen teilnimmt: Leute, von denen man bis dato relativ viel gehalten hatte, zeigen sich einem plötzlich von ihrer vulgären oder peinlichen Seite, weil sie dafür wohl (viel) Geld bekommen. Dass diese Form modern zeitgemäßer Prostitution angesagt ist: okay! Aber dass diese Personen dabei mitmachen, kann einen wie mich manchmal schockieren. Wenn sie dann so offensichtlich bekennen, dass sie das Gegenteil von dem leben, was sie im Showgeschäft zeigen, kann es einem die Sprache verschlagen. Gegen den Klimawandel engagierte Menschen entpuppen sich dann als üppig ausgestattete Luxuswesen, denen es nichts ausmacht, öfter mal den Flieger zu nehmen, um von A nach B zu kommen: „Weil‘s schneller geht“. „Weil‘s schöner ist“. Leute, die öffentlich für Konsumverzicht standen (was einem immer schon etwas unglaubwürdig vorkam), führen ihre prall geführten Kleiderschränke vor oder prahlen mit dem eben angeschafften Lamborghini. Ein smarter Zynismus scheint bei ihnen so gut wie alles zu überziehen. Eher beiläufig wird dann gegen „Tugendwächter“ gewettert, „Denkverbote“ werden gewittert. „Gesinnungspolizei“ wird als „ugly“ abgemahnt, „Gutmenschen“: das geht gar nicht! - was für Personen sind das? Gleichen sie gewissen Politikern, die ihr Recht anmahnen, als „private“ Person ganz anders zu sein, wie als öffentliche und ganz andere Standpunkte zu vertreten?

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