Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 8. September 2020

Valerie (16)


 „Wie heißen Sie?“ fragte er und wunderte sich über seine Neugier. „Du kannst Valerie zu mir sagen“. Sie schien sein Spiel zu ahnen. Er kam sich blöde dabei vor und wollte damit aufhören, sah aber im Moment keine Möglichkeit dafür. Valerie fuhr sich, wenn sie etwas sagte, durch das Haar, als sei sie zerstreut, als wolle sie aus einem Bündel von Gedanken einen heraus greifen. Es wirkte dies eitel und egozentrisch. Sie hatte sehr lange, dunkelblonde Haare und einen Mund, der ihm sofort aufgefallen war. Dieser würde wohl auf alle Männer sehr erotisch wirken, da war er sich sicher. In diesem Mund lag aber auch noch etwas kindlicher Trotz, gleichzeitig schien er eine Art sensibles Selbstbewusstsein heraus lesen zu können. Ihre Augen verstärkten diesen Eindruck. In ihnen spiegelte sich wieder die Mischung aus Vertrautheit und fast berechnendem Realismus, deren scheinbare Gegensätzlichkeit sich bei ihr zu einer Harmonie verbanden. Dies elektrisierte ihn. Sie saß erst 5 Minuten neben ihm und dennoch glaubte er schon so viel von ihr zu wissen, ja, sie schon zu kennen, aus der Kindheit, aus den Tiefen von Tag- und Nachtträumen. Er hatte solch ein Gefühl noch nie gehabt und es beunruhigte ihn mehr, als dass er es genoss. Denn es entzog sich rationaler Kontrolle, es war ihm nicht möglich, es als Illusion und Projektion zu entlarven. Er versuchte, es lächerlich zu machen und zielte darin doch haarscharf am Eigentlichen vorbei. Dies alles wirbelte ihn durcheinander, während er betont gelangweilt aus dem Fenster sah. Ihn packte die Neugier. Sie fragte „Darf ich rauchen?“

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