Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 31. August 2020

Natürlich natürlich

Was ich aus der Beobachtung von Tieren real und im Fernsehen u.a. für mich mitgenommen habe: Ich sehe, wie jede(r) seine Situation unternimmt, annimmt und damit umgeht, so gut es geht. Davon konnte ich viel lernen, ich versuchte es zumindest. Ja klar ist die Natur aus menschlicher Warte manchmal grausam. Tier bringen sich gegenseitig um. Aber nur im Überlebenskampf. Niemand kann sich ausruhen. Jeder will irgendwie mit seinen Mitteln überleben. Es ist ein Strom, ein Flow. Nur wir bleiben mit unserem kleinen Ego, das sich an die Spitze stellt, die Dinge zu manipulieren versucht und doch so verwundbar ist (--→z.b.Viren) zurück, wir wissen, dass wir sterben müssen, unseren Geist aufgeben. Doch im Tierreich ist jeder in seiner Existenz, existiert in ihr, geht in ihr auf, ergibt sich seinen Aufgaben, stellt sich ihnen, so gut es geht. Man nimmt an einem Kreislauf teil, sehr selbstverständlich, sehr NATÜRLICH.

Sonntag, 30. August 2020

Valerie (15)


Als Fortsetzung Auszüge aus meinem unvollendeten Roman, geschrieben vor langer Zeit:

Haben Sie schon lange gewartet?“. Ich?...nein, ich komme im allgemeinen schnell weg“. Kein Wunder, dachte er, die Frauen haben‘s da erheblich leichter. Und so, wie sie aussieht….. Sie sagte „im allgemeinen““. Ob sie wohl öfter auf diese Art unterwegs war? Sie war mehr schön als hübsch, hatte nicht diese Mannequin-Schönheit der Anonymität, sie strahlte vielmehr so etwas wie Persönlichkeit aus, genügte nicht nur der Fassade einer Schönheitsnorm. Sie hatte eine individuelle, aus sich selbst kommende Ausstrahlung, die ihn an gewissen Menschen immer schon fasziniert hatte und der gegenüber seine Phantasie immer schon empfänglich gewesen war. Sie bemerkte seine Seitenblicke, wobei sie den Eindruck machte, als sei sie derartige Situationen gewohnt. Sie begegnete dem gegenüber so selbstverständlich, dass es ihn irritierte. „Was machen sie so?“ hörte er sie fragen. Er beschloss, ein Spiel zu spielen und gab sich als Vertreter für Glühlampen aus, was sie offenbar amüsierte. Sein Äußeres entsprach, - und das wurde ihm jetzt bewusst – jedenfalls sehr wenig dem eines Vertreters. Also versuchte er seine Glaubwürdigkeit dadurch zu unterstreichen, dass er ihr von der Neuentwicklung seiner Firma erzählte. Er erzählte von einem Teil, das 5 mal mehr haltbarer sein solle als vergleichbar e Modell und das angesichts steigender Rohstoffknappheit noch eine große Rolle auf dem Markt spielen könne. Er versuchte, möglichst engagiert zu klingen und seiner Stimme möglichst viel überzeugende Sachlichkeit mit zu geben. Es war diese professionelle Verbindlichkeit, die er gleichzeitig hasste und bewunderte. Jetzt wurde ihm bewusst, dass er nicht sehr überzeugend war und sogar lachen musste.

Samstag, 29. August 2020

Beerdigungsspekulation

Wir sind nicht unser Körper. Unser Körper ist wie ein Auto, das wir im Verlaufe unseres Lebens zuschanden fahren. Dann steigen wir aus und suchen uns, der Idee der Inkarnation folgend, ein neues Auto. Das sagt der Hinduismus manchmal. Das habe ich jüngst irgendwo gelesen. Wir aber lassen uns in Kapseln zum Mond schießen – und dann weiter zum Mars. Wir hingegen wollen es originell: wir lassen uns einfrieren, zu Diamanten verarbeiten, aus Heißluftballons und Fischkuttern streuen, plastinieren, um wenigstens ein bisschen außergewöhnlicher tot zu sein, als wir lebten. Die meisten aber lassen sich noch immer in preiswerten Gräbern mit Stiefmütterchen beerdigen… pah, wie langweilig! Oder? 
Aber man ist ja dann schon tot und bleibt es vielleicht auch. Die Beerdigung? Unserer Kultur und unserem Weltbild gemäß. Doch gibt es das noch? Ob das auch eine Statussache ist? Wer aufwendig gelebt hat, will vielleicht auch so beerdigt werden: Möglichst Mausoleum (klaro, ist hoch gegriffen!), mit allem Luxus, drum und dran, bombastisch, nicht billig als Massenware. Rechtzeitig reservieren heißt die Devise. Nicht zu spät kommen, sonst bestraft einen XXXX. Natürlich gibt es entsprechende Reservierungen - gegen Kohle. Wenn‘s geht, in der ersten Reihe. Baumbestattung? Gemach! Der letzte Sargnagel muss erst sitzen. Man kann sich auch seinen Fußballverein aussuchen und sich zusammen mit Gleichgesinnten beerdigen lassen. Klassisch. Gleichgerichtet. Unsterbliche Seele, wohin? Sie flattert auf und davon, in den Himmel, in die Hölle….und weiter….

Freitag, 28. August 2020

Was Kultur sein könnte

Kultur sei nicht systemrelevant, so war in Zeiten des Lockdowns oft zu hören. Kultur sei Luxus, so schallte es durch die vergangenen Jahrzehnte. Nun ja, die Kultur, was man auch immer darunter verstehen mag, befindet sich jedenfalls in einem dauernden Rechtfertigungszwang. Ob sie etwas mit Sinn zu tun hat? Dies mag mit dem Begriff der Identität zu tun haben? Ob das die richtige Kategorie ist? Braucht der Mensch überhaupt so etwas wie Sinn und in welchem Zusammenhang steht damit so etwas wie "Kultur"? Ob sie etwas mit „begreifen“ zu tun hat? Was sagt die Antike Kultur dazu? Ein kultivierter Umgang mit der eigenen Seele, behauptete Cicero für die Kultur. Das Wissen um das Unverfügbare mache die Kultur aus, behaupten zudem viele andere antike Philosophen. Etwas, das zunächst gepflegt werden muss, dann aber von alleine wächst, so die antiken Vordenker der philosophischen Agrikultur. 
Die Kunst des Vergleichens, des Erkennens von Unterschieden, betont dagegen mehr die Philosophie der Moderne. Woran das liegt, dieses Unterschiedsgebaren, darüber lohne es nachzudenken, regt diese Philosophie an. Manche stellten auch die Frage „wer sind wir denn?“. Was könnten wir sein? erscheint mir auch eine Frage, die auf das zuführt, was Kultur sein könnte. Ob Identität da eine Kategorie sein kann, an der es entlang zu denken lohnt? Mit sich selbst übereinstimmen? Ob uns die Kultur da behilflich sein kann? Ob die Schlussfolgerung erlaubt ist, dass ein Mensch ohne Kultur so etwas wie ein Gartenzwerg ist? Ein vorgeformtes Etwas, das etwas darstellt, was es nicht ist und gleichzeitig ist? Der Mensch als Automat und verzwergtes Ich? Welche Rolle da der Humor spielt? Ob die Kultur auf solche Fragen Antworten weiß? Ob die Auseinandersetzung mit dem grundsätzlich Anderen (die Reise durch Wirklichkeiten) da wichtig ist? Ob Kultur sich mit Natur vergleichen und als die großen Gegenpole darstellen lässt? Friedrich Schiller mag darauf eingegangen sein, als er das Spiel als ein Kennzeichen des zivilisiert kultivierten Menschen bezeichnete. In welchem Verhältnis dazu wohl der heutige „Kulturbetrieb“ steht? Ob er mit der Leistung des Theaters und den anderen Einrichtungen der Hochkultur identisch ist (wie er gerne von sich selbst annimmt)? Ob er das geschäftige Hin und her mit scheinbar kulturellen Darstellungen bedeutet? 

Mittwoch, 26. August 2020

Politikhandwerk

Ob das zum Politiker-Handwerk gehört? Gestern abend gaben in Berlin die Koalitionsleute von CDU und SPD unter Triumphgeheul das Ergebnis ihrer rund 8-stündigen Beratungen bekannt, das wohl auch noch ein paar andere Ergebnisse gezeitigt hat: Der Bundestag solle verkleinert werden. Die Flut der mittlerweile mehr als 700 Abgeordneten, die dem 709köpfigen deutschen Parlament den fragwürdigen Ruf verleiht, eines der größten Parlamente der Welt zu sein (immerhin noch nach der chinesischen Volksversammlung…!), solle eingedämmt werden. Jetzt erst mal hm, ... dem Vernehmen nach soll dafür ein Bundestagsausschuss bzw. Kommission möglichst bald gegründet werden, - doch dann, in der neuen Legislaturperiode sollen die Wahlkreise endlich wirksam reduziert werden. Was solche parlamentarischen Gremien in der Regel bewirken, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Mir kommt es mal wieder so vor, als sei dies ein Belegt dafür, dass diese Politiker in ihrer eigenen Welt leben, in der es vor allem darum geht, gewissen „Parteifreunden“ die Pfründe zu sichern. Die CSU soll ja von Anfang an gegen jede Reduzierung gewesen sein. Nun ja, uns wundert das nicht, entspricht es doch der Linie, die die CSU auch auf anderen Gebieten fährt. Ob dies alles dem Ansehen der Politik nutzt? 

Dienstag, 25. August 2020

Flow der News

Noch immer werden die Loblieder auf den FC Bayern und dessen Trainer gesungen. Eine Sondermaschine ist gelandet. Auch bei Nawalny und Charité gibt es wohl Erkenntnisse. Das ist der Flow der Ereignisse, der an uns vorüber zieht. Natürlich finde ich die Art klasse, die diese Stars des Fußballs in ihrem Spiel vorführen. Man sollte freilich mitdenken, dass dies extrem privilegierte Leute sind, die einen Aufstiegskanal für sich genutzt haben und denen nun jeder Wunsch von den Lippen abgelesen wird: Der klassische soziale Aufstiegskanal. 
Dass dazu Leistung in geradezu unmenschlicher Art und Weise notwendig gewesen wäre, wollen uns jetzt die Medien wahr machen. Dabei hat das auch entscheidend mit Talent zu tun, mit der Fügung einiger glücklicher Ereignisse, die an den jeweiligen Ausbildungsstätten planmäßig herbei geführt werden sollen. Dabei wurde bekannt, dass selbst 15Jährige schon mit generösen Arbeitsverträgen ausgestattet wurden. Schon früh wird ihnen wohl eine bestimmte Lebensweise und der dazu gehörige Wahrnehmungskanal als „normal“ suggeriert. Dass dies dann willig aufgenommen wird und auf die erbrachte Leistung oft auch die Belohnung folgt, dressiert junge Spieler in eine auf die „Leistung“ fixierte Gesellschaft. Wobei der Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und der darauf folgenden Belohnung längst nicht immer so offensichtlich ist. Davon werden Pflegerinnen und Pfleger gerade in letzter Zeit ein Lied singen können. 
Punkt 2: Nawalny. Dass unliebsame Kritiker einfach umgebracht werden, kommt einem archaisch vor. Aber es scheint nur ein über den aktuellen Fall weit hinaus gehendes Beispiel unter vielen, das die populistische Strategie in aller Welt charakterisieren mag. Wer nicht pariert, wird umgebracht. So einfach scheint das....

Sonntag, 23. August 2020

Heraklit bites.....

Alles fließt!“: Solche Sprüche, wie etwa der von Heraklit (520-460 v. Chr.) imponierten mir immer. Auch glaubte ich gerne, dass die Welt aus Gegensätzen bestehe, die ununterbrochen auseinander hervor und ineinander übergehen. Ich glaubte, dass jegliche menschliche Erkenntnis eine Frage der Perspektive sei. Yin und Yang, Kalt und Warm, Männlich und weiblich, Tod und Leben. Alles ist unsicher, ist der Versuch, sich zu orientieren. In völliger Unsicherheit. Ist Tasten, schwanken, Taumeln in Dunkelheit. Dem steht der allgemein ausgegebene Kontrollwahn gegenüber, der sich gerne auch als "wissenschaftlich begründet" geben will. Später lernte ich auch akademisch, dass solche Perspektiven sehr stark durch soziale und geografische Verhältnisse vermittelt sein können. „Lebenswelten“ sagen manche Leute dazu.
Allein, es hat nichts genutzt. Es hat mich abgelenkt und mich von einer dumpfen Mehrheit der Leute isoliert. Es machte mich in einer Weise alleine und einsam, die nicht gesund ist, die man erst aushalten muss. Besseres Verständnis? Weisheit? „Göttlicher Funke“, wie das von Hermann Hesse herüber schallte? Mag sein, - nur, dies hilft dir in dieser Gesellschaft nicht weiter. Da ist alles (!) zeitweiliger Trip, Selbstoptimierung und Kosten/Nutzen-Abwägung. Diese Gesellschaft ist längst auf eine sehr materialistische Linie eingebogen und stellt das gerne als „alternativlos“ dar. Was meine große Täuschung war? Dass Kulturleute, Dichter, Denker usw. da heraus gehoben seien. Diese Leute sind meist Teil eines akademischen Betriebs, in dem das Konkurrenzdenken und "der Wettbewerb"  besonders ausgeprägt sind. Oder sie sind Teil eines Kulturbetriebs, in dem der Erfolg von Publikationen und öffentlichen Verlautbarungen ihre "Wichtigkeit" und ihr "Expertentum" zu signalisieren scheint.

Samstag, 22. August 2020

Sich in Mengen treiben lassen


In grauer Vorzeit ein Gefühl aufgeschrieben: 

Sich treiben lassen durch Menschenmengen. Gesichter um sich herum. Lachen. Glucksen. Soziale Geräusche. Blicke. Was haben sich diese Leute zu sagen? Dumpfes, träges Sichtreibenlassen im Strom. Nicht fragen, nicht nach- oder vordenken. Nur einer in der Menge sein. Ist es das? Stumpfheit. Aufreißen. Geschlechtsmarkt. Vorzeigen. Reizen. Aufreizen. Gelegenheiten wahrnehmen. Nichts verpassen. Motorik. Reflexe.
Du schaust zu, bist der Beobachter. Fremd. Ein Stein (Einstein?) im Wasser. Du bist das Gewicht in der unerträglichen Leichtigkeit des Seins. Unerheblich. Von keinerlei Bedeutung in dieser Menge. Bedeutung ist sich zu verschaffen. Aufmerksamkeit muss erregt werden.

Freitag, 21. August 2020

Valerie (14)


Als er einbog auf die Tankstelle, musste er zunächst warten, alle Zapfsäulen waren besetzt und er wunderte sich, woher die Leute plötzlich alle kamen, denn ihm war nichts Diesbezügliches aufgefallen. Dass der Verkehr zugenommen hatte, - im Radio war ein Stau auf dieser Strecke durchgesagt worden, mit der Empfehlung, die ausgeschilderte Strecke zu benutzen – hatte er überhört und übergangen. Es war wie in einem Zustand, der der Trance glich, der nur für ganz bestimmte, von außen kommende Eindrücke empfänglich war. Trotzdem war nicht einzusehen, wieso offenbar jetzt jeder tanken wollte und sich dazu auch noch provozierend viel Zeit ließ. Er wurde darüber unruhig.
Als er wieder in Richtung Autobahn abbiegen wollte, fiel ihm die Person mit der ausgestreckten Hand sofort auf. Er überlegte kurz, hatte sich aber schon entschieden und in Wirklichkeit angehalten. „In Richtung München?“. Die Frage stand im Raum. Er wollte irgendetwas entgegnen, antwortete aber kurz mit „Ja“. „Würden Sie mich mitnehmen?“. Er antwortete wieder sein kurzes „Ja“ und sie stieg ein.
Schnallen sie sich bitte an!“. Lächelnd griff sie den Gurt, mit Bewegungen, die ihn zum Zusehen reizten. Sie tat das mit einer besonderen Geschmeidigkeit, die ihm sofort auffiel und die ihn an bestimmte Tiere erinnerte: wohl am ehesten an eine Katze. Er empfand die Situation unwillkürlich als anregend. Die Müdigkeit war verschwunden und war einer langsam aufkeimenden Nervosität gewichen. Er fühlte sich durch die Situation gezwungen, irgendeine Art von Konversation zu treiben.

Mittwoch, 19. August 2020

Garuda (Text)

GARUDA
In der tibetischen Mythologie gibt es einen Vogel, der Garuda genannt wird. Einer seiner Flügel repräsentiert Weisheit, der andere Mitleid. Nur, wenn die Flügel sich genau in Balance halten, kann der Vogel fliegen. Ist ein Flügel zu groß oder zu schwer, stürzt er ab.

Dienstag, 18. August 2020

Vorübergehend (Text)


VORÜBERGEHEND


Stell' dir das Blut vor,
das in deinen Adern fließt, vor dir eine rote Lache:
auch das bist du
Gedärm, meterlang
und ein Skelett, eins wie viele andere:
ja, auch das bist du!

Nicht nur dieser Blick aus den vertrauten Augen,
dieser tägliche Spielfilm in deinem Kopf:
was drin ist, das, was dein wertes
Ich
ausmacht,
was du dafür hälst:
klar, auch das bist du!

Irgendwann wirst du wieder der
Staub sein,
auf den du jetzt trittst, du wirst eine Faser deines Hemds sein,
wirst einfach im Kreis gegangen werden
nichts wird mehr wichtig sein
und alles leicht
du wirst die Flocke sein
die vom Himmel fällt
und du wirst zergehend lachen,
aber du wirst es nicht merken,

das tust du nur jetzt
vorübergehend

(vor langer Zeit von mir geschrieben...)

Donnerstag, 13. August 2020

Mitgefühl

Ich sehe, nehme wahr und weiß, wovon bestimmte Leute beeinflusst sind, oder es von sich behaupten. Erstaunt und regelrecht abgestoßen bin ich dann immer, wenn ich mitkriege, wie diese Leute sich im Alltag verhalten. Da werden mitmenschlicher Umgang, Empathie und Mitgefühl gepredigt oder für sich in Anspruch genommen. Weiter als andere will man sein und das auch zeigen. Selbstoptimierung ist angestrebt. Widerlich finde ich dann, wenn ich erfahren muss, wie solche Leute das Letzte aus ihren Mitmenschen heraus quetschen, wie sie jede Notlage ausnutzen, wie sie sich selbst alles schönreden und sich als tüchtige Geschäftsleute geben, die gut mitmischen und stets besser sind als die andern.
 In ihrer Freizeit machen sie dann Kurse in Buddhismus und üben Mitgefühl, was natürlich völlig entfremdet in Schizophrenie mündet. Ich denke, solche Leute hätten genug Gelegenheit, ihre privilegierten Positionen und Verbindungen in einem bestimmten Interesse zu nutzen, um jemanden, der direkt neben ihnen lebt, zu helfen. Schlichtweg helfen. Nicht einfach mittun beim allgemeinen Ausbeuten, Reinlegen und fertigmachen der Andern, zum eigenen Nutzen und dem der Firma, der man dient. Tatsächlich tun sich Möglichkeiten auf, die solche Menschen aber meist nicht sehen (wollen). Sie sehen bestimmte Dinge als zeitweiligen Trip, als Möglichkeit, ihr Ego in einer grauen Umgebung strahlen zu lassen.

Mittwoch, 12. August 2020

Egointegration

Trotz Krise: Ich will, wenn es irgendwie geht, mich als Person integrieren, auch die Vergangenheit und ihre Einflüsse in mich herein holen. Auch nachträglich. Und vorsorglich. Das Hindurchschlittern und irgendwie Durchkommen auftröseln. Das steht in einem Gegensatz zu der aktuell oft vertretenen Meinung, dass man ganz im Hier und Jetzt leben müsse, um sich vollkommenen Genuss zu gönnen. Oft sind diese Menschen zu einem solchem Aufgehen in der Gegenwart gar nicht fähig. Im Gegenteil, eine solche Einstellung vernachlässigt meiner Meinung nach, dass jeder Mensch durch seine Vergangenheit beeinflusst wurde und zu dem geworden ist, der man ist. Will man aber den aktuellen Stand seines Egos verstehen und mit ihm umgehen, so führt offenbar kein Weg daran vorbei, auch die Vergangenheit in die Betrachtung mit einzubeziehen, - und sei sie noch so unbewusst und aus dem Augenblick heraus gelebt worden, jetzt ist die Zeit, Verstrickungen und Beziehungen aufzudecken. Kein Zweifel, unter Umständen mag einen ein wohliges Gefühl dabei umfangen. Unter Umständen ist es aber auch ein Negatives und des Bedauerns. Natürlich kostet das alles Zeit.

Sonntag, 9. August 2020

Valerie (13)


In seiner Lage hatte man entweder aus welchen Gründen auch immer entweder überhaupt kein Verständnis für die alltägliche Technik oder man lebte in einem fast magischen Zustand mit ihr, schrieb ihr Qualitäten zu, die sie sicher nicht besitzt, „beseelte“ sie, um einigermaßen mit ihr auszukommen. Dass man ihr ausgeliefert war, war eine alltägliche Erfahrung. Neben der Autobahn, in zirka 50 m Entfernung, lief ein Kanal (oder war es ein begradigter Fluss?) entlang. Aus dem Auto war ein Teil des Flusses zu sehen, das andere Teil war verdeckt von schnurgerade betonierten Begrenzungen. Die Pflanzen links und rechts hatten nichts davon, was an die Nähe von Wasser erinnern könnte, mit dem Rand des Betroans war das Flussgebiet schroff zu Ende, es gab nicht diese fließenden Übergänge von Wasser und Land, diesen Zaun von nasser Erde, von angeschwemmten Steinen, keine Einbuchtungen, Verspieltheiten, - die Sache war klar und übersichtlich. Das Wasser floss geradeaus, anonym, Plänen und Überlegungen entlang, die an irgendeinem Schreibtisch entstanden waren, aufgrund von Analysen und Berechnungen. Er hatte auf einmal Lust, anzuhalten und hinein zu springen, vom Sprungbrett unerfüllter Wünsche und Träume. Aber, so stellte er sich vor, das Wasser war voller Chemikalien, zudem war es wohl kalt und dreckig. Sicher war es ohnehin verboten, darin zu baden. Er merkte, dass er schlecht roch und bald duschen sollte. Er kam sich entlarvt vor. Es war natürlich völlig absurd. Wie konnte er überhaupt auf diesen Gedanken kommen? Ein Hinweisschild zeigte jetzt in 3 km Entfernung eine Tankstelle an und er fühlte sich erleichtert. Er gab Gas, mit dem sicheren Gefühl, diese kleine Angst ausgestanden zu haben, auf offener Strecke stehen zu bleiben.

Samstag, 8. August 2020

Walden

Corona hat Viele auf sich selbst zurück geworfen. Besinnung. Konsum- und Produktivitätsverzicht. Entschleunigung. Neue Lebensformen. Wandel von Werten und Zielen. Die Inspiration, die man sich in der Einsamkeit holen könnte. Das alles waren Themen und Stichworte, die sich plötzlich zu eröffnen schienen. Der Roman „Walden“ von Henry David Thoreau wurde nun neu aufgelegt und übersetzt. Ein Klassiker des neunzehnten Jahrhunderts, der die ganze Literaturwissenschaft beeinflusst hat. Sein Thema: Leben in und mit der Natur. Sein Autor hat sich mehr als zwei Jahre lang in eine Blockhütte im Wald neben dem See „Walden“ zurück gezogen, um einen alternativen Lebensstil zu suchen. Er schreibt, dass wir selbst die schlimmsten Sklaventreiber unseres Selbst seien, die sich selbst ständig mit der Peitsche selbst voran treiben. Er hingegen wollte eine Existenz ohne Termine und Zwänge aller Art. Dass er solche Lebensformen zu einer Art von idiologischem Diktat, zu einer Weltanschauung und selbstgerechten Lehre mache, wurde ihm oft vorgeworfen. Dass er in einem bestimmten historischen Zusammenhang existierte und sich von da aus auch gegen die „Segnungen“ der Moderne wehrte, erscheint mir dabei etwas unterbelichtet. Gesellschaftskritik, Romantik, Spirituelles und Naturbeschreibung paart sich bei ihm auf eine typische Weise. Sich mit der Natur auseinander setzen: da muss man nicht immer seiner Meinung sein. Er kann einen aber vielleicht anregen, ohne dass man sein Buch als eine Art Bibel und Weltanschauung verstehen müsste, die von sich selbst glaubt, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein.

Donnerstag, 6. August 2020

Erscheinung

Die glänzenden Augen! Das Dauerlächeln! Die künstlich weiß gemachten Zähne! Die ins Gesicht eingebrannte Lüge! Der so vorsätzlich doof verströmte Optimismus aus dem vermeintlichen Schöngesicht! Jemand wie ich empfindet das abwechselnd als anmaßend und peinlich. Doch es scheint bei der Masse der Leute, die auf diese Weise ja von vornherein so etwas wie „Kunden“ werden, gut anzukommen. Die Leute wollen belogen werden und auf diese Weise an etwas „Schönes“ glauben. Sie wollen die glatte Oberfläche und nirgendwo dahinter blicken. Sie erfreuen sich an solch einer Erscheinung.

Dienstag, 4. August 2020

Reisen

Ob sie jetzt alle weg sind? Auf Reisen? Wir erfahren etwas über die Welt und uns. Doch das setzt auch eine gewisse Neugier voraus. Ein Bestreben, sich von den allgemeinen Trampelpfaden abzusetzen in Richtung auf etwas Individuelles. Blöd nur, dass sich das inzwischen viele derer versprechen, die etwas von sich halten und die es sich leisten können. Ja, das Reisen selbst ist längst zu einem Statussymbol geworden. Waren im 17. , 18., 19. und 20. Jahrhundert Reisen noch einer gewissen gesellschaftlichen Schicht vorbehalten, so ist das Genre inzwischen zum Massentourismus geworden, das Versprechen einer individuellen Erweiterung des Horizonts und unverbindlichen Bespassung ist vervielfältigt – was sich unter anderem in der Masse der verschiedenen, für jeweilige Zielgruppen abgefassten Reiseführer zeigt, die sich an ein mit einer gewissen Neugier ausgestattetes Publikum wendet. Ihr Hedonismus scheint nur jeweils schichtenspezifische Ausprägungen anzunehmen.
Die Masse der Urlaubsreisenden freilich scheint sich mit dem Aufsuchen verschiedener allgemein anerkannter Sehenswürdigkeiten“ zu bescheiden, die ein längst sozialisiertes und an finanzielle Leistungsfähigkeit geknüpftes Begehren einzulösen versprechen. Die Suche nach dem „Authentischen“ und „Ursprünglichen“ ist da zu einer massenhaften Tätigkeit geworden. Dadurch etwas über die Welt erfahren, ein Bewusstsein ihrer Vielfalt zu erlangen, unsere Grenzen zu überschreiten, könnte dahinter stehender Wunsch, ein Begehren und ein gewisses Bedürfnis sein, das dahinter aufscheint. Es gilt, Aufklärung über „die Welt“ erlangen, gerade in Zeiten einer ungezügelten Globalisierung. Pech, dass das aber viele wollen, das all die Lehrer dieser Welt, besonders die aus Mitteleuropa, von diesem Bedürfnis getrieben sind. Ich ließ mich von dem Bedürfnis treiben, mich durch Zusammenhänge, die ich bisher nicht kannte, zu bewegen. Ihre allgemeine gesellschaftliche „Relevanz“, ihre Historie, ihren Ort im größeren Zusammenhang erschloss ich mir meist nebenher oder im ruhigen Rückblick. Meist mit den wichtigsten Fakten ausgestattet, konnte ich das Anderssein dieser Gegenden in jeder Hinsicht genießen.
Dass man am Ende am selben Buffet im Hotel steht, dass man sich am Flughafen einreiht in die Masse der Wartenden, dass man sich im Angesicht gewisser „Sehenswürdigkeiten“ gegenseitig auf die Füße tritt, nahm ich hin als Teilnehmer einer Massenkultur, als derjenige, der eintaucht in Zusammenhänge, mit denen er ansonsten nicht befasst ist. Nun hätte die noch nicht zurück liegende Virus- Krise vielleicht ein Bewusstsein dessen befördern können, über den Zweck von Reisen nachzudenken und ihre gesellschaftlichen Kosten zu bedenken, ihre „Notwendigkeiten“ neu abzuwägen und ihre Auswirkungen besser einzuschätzen. Ziele? Dahin gehen, wo man bisher noch nicht war. Dies kann womöglich auch im eigenen Land, in der unmittelbaren Umgebung liegen. Das Exotische, das Anregende und schöne dort neu kennen zu lernen und auch dadurch etwas über sich selbst zu erfahren, könnte ein neues Ziel sein. Natur und Mensch im Wechselspiel. Ob wir das in unserer Umgebung verstanden haben? Ob sich hier auch neue Horizonte auftun könnten? In der Wahrnehmung von gesellschaftlichen, aber auch geographischen Zusammenhängen? Ob der Strand der richtige Ort für die Erfahrung von „Sommerfrische“ ist oder ob er diejenige Entspannung verspricht, die der allgemeine Mensch der Industriegesellschaften zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft braucht? Ob es sich am Meer anders lebt als mitten im Land? Auch unter Gesichtspunkten der Ernährung? Ob es in der Wüste anders ist als in der Großstadt? In der „Provinz“ anders als dort, wo man den Puls der Zeit vermutet? Seine Umgebung besser verstehen oder eine neue Sensibilität ihr gegenüber aufbringen, könnte das nicht auch ein Beispiel für Horizonterweiterung sein? „Overtourism“. Schon sprachlich ein Beispiel für globalisierte Bewegungsformen. Ob die Kosten der Verkehrstechnologie erhöht werden sollten? Das Fliegen teurer machen? Wem das dann wieder zugute kommt? Denjenigen, die es sich dann immer noch leisten können? Bisherige Formen des Tourismus neu bedenken? Beispielsweise auf Kreuzfahrten können wir unter großen Kosten für die Umwelt wohl nicht viel über Länder und Menschen erfahren, vielleicht aber einiges „über das Meer“. Ob es dazu auch eine daran angepasste Neugier geben muss? Ob die sich nicht in gesellschaftlichen Ritualen der Unterhaltung erschöpfen darf, wie das auf solchen Dampfern gang und gäbe zu sein scheint? Ob so etwas auch mehr Zeit bräuchte im Unterschied zum industriell verwertbar gemachten schnellen und hektischen „Sightseeing“? Sich einlassen auf etwas anderes als neue Reiseform? Eine „Reise durch Wirklichkeiten“ wagen?

Montag, 3. August 2020

Valerie (12)


Er nahm sich vor, unbedingt noch einmal zu diesen feisten Weibern zu schauen, um es als einen Leitfaden und Ratgeber zur Bewältigung von Neurosen, und emotionalen Fehlentwicklungen anzunehmen. Jawohl, er wollte keiner dieser Selbsterfahrungsfreaks auf Rezept, dieser Tanzbären mit dem samtenen Blick und dem Schmelz in der Stimme sein. Er hatte keine Lust, alle zwei bis drei Jahre auf einen anderen Trip zu gehen, je nachdem, was gerade angesagt war. Diese Art von Flexibilität und Mobilität schien ihm viel zu sehr in der Nähe von Oberflächlichkeit, - im schlimmeren Sinne - zu sein, in der Nähe von Entfremdung und Identitätsverlust. Das waren seltsam pathetische Worte, die er aus früheren Zeit herüber gerettet hatte, für sich, als er noch sich selbst öfters in die Augen schaute.
Die Benzinanzeige strebte nun unaufhaltsam dem Nullpunkt zu. Es musste nun bald eine Tankstelle kommen. Ansonsten war er gezwungen, einfach bei der nächsten Autobahnausfahrt abzubiegen und irgendwo in einem Ort des Nirgendwo zu tanken. Der Wagen schien überhaupt die letzten Kilometer schlecht zu ziehen. Er bemühte sich, dem keine weitere Bedeutung zuzumessen. Von technischen Dingen hatte er ganz allgemein keinerlei Ahnung. Es interessierte ihn auch nicht das Wenige, was man täglich brauchte. Und doch meinte er manchmal, Motoren oder Maschinen verstehen zu können. Er ahnte mechanische Vorgänge intuitiv, er fasste technische Apparaturen als in sich greifende Organismen, keinesfalls als toten Gegenstand, sondern als eigendynamisches Etwas, das, wenn man etwas von ihm wollte, es angemessen zu behandeln hatte. Dadurch konnte man sich manchen überflüssigen Ärger ersparen.

Samstag, 1. August 2020

Neoliberales Gedankengut

Die Reichen reicher machen, damit alle profitieren, so ein neoliberaler Glaubenssatz. Solche neoliberale Vorstellungen schwebten offenbar auch hierzulande noch unlängst im Raum und wurden oft gehört, als immer wieder die Forderung erhoben wurde, die Spitzensteuersätze zu senken. Dass solchermaßen gesenkte Steuern die soziale Schere weiter öffnen könnten, scheint in einer solchen Weltsicht weitgehend egal, da nach solchen Auffassungen auf diese Weise ein konjunktureller Aufschwung herbei geführt werden könne, der allen gleichermaßen zugute käme. Dass solche Vorstellungen immer wieder in eine Art Steuervermeidungspolitik münden, scheint klar. Neoliberale Rezepte sagen: möglichst wenig Staat und möglichst viel private Initiative. Wenn Stärken und Chancen ungleich verteilt sind, bedeutet das die Förderung von Potential. Verteilt man die Steuern der Reichen unter den Armen, sind viele arm, aber niemand reich. Das Ziel müsse sein, die Armen reicher zu machen, nicht umgekehrt, so ein mittlerweile zu oft gehörter Glaubenssatz der Neoliberalen. Das Vermögen der Reichen würde nach ihrer Sicht allen zugute kommen, indem unter anderem mehr Arbeit geschaffen würde. 
Leider ist nicht nur dieser Effekt kaum eingetreten, sondern die soziale Polarisierung hat sich weiter verstärkt. Die Realität spricht da halt eine andere Sprache. Und: wer behauptet, Steuern seien von vornherein schlecht, fordert zum Einzelkampf auf und erteilt auf diese Weise der Gesellschaft eine Absage. Steuern haben niedrig zu sein, so lautet das Mantra der Superreichen. Die „Panama Papers“, die "Paradise Papers" und ähnliche momentane Blicke hinter solche Strategien scheinen genau dies im Sinne der Reichen zu bestätigen. Hier werden Steueroasen im großen Stil genutzt, um persönlich davon zu profitieren. In der Öffentlichkeit oft ausgegebenes Ziel ist es, solchermaßen erworbener Reichtum zu karitativen Zwecken zu nutzen, weil man selbst so viel effektiver agieren könne als der Staat. Das Wesen eines Sozialstaats aber könnte sein, gerade nicht vom Wohlwollen Einzelner abhängig zu sein, sondern ein Recht auf soziale Wohlfahrt einklagen zu können. Ein Recht.