Die
Masse der Urlaubsreisenden freilich scheint sich mit dem Aufsuchen
verschiedener allgemein anerkannter Sehenswürdigkeiten“ zu
bescheiden, die ein längst sozialisiertes und an finanzielle
Leistungsfähigkeit geknüpftes Begehren einzulösen versprechen. Die
Suche nach dem „Authentischen“ und „Ursprünglichen“ ist da
zu einer massenhaften Tätigkeit geworden. Dadurch etwas über die
Welt erfahren, ein Bewusstsein ihrer Vielfalt zu erlangen, unsere
Grenzen zu überschreiten, könnte dahinter stehender Wunsch, ein
Begehren und ein gewisses Bedürfnis sein, das dahinter aufscheint.
Es gilt, Aufklärung über „die Welt“ erlangen, gerade in Zeiten
einer ungezügelten Globalisierung. Pech, dass das aber viele wollen,
das all die Lehrer dieser Welt, besonders die aus Mitteleuropa, von
diesem Bedürfnis getrieben sind. Ich ließ mich von dem Bedürfnis
treiben, mich durch Zusammenhänge, die ich bisher nicht kannte, zu
bewegen. Ihre allgemeine gesellschaftliche „Relevanz“, ihre
Historie, ihren Ort im größeren Zusammenhang erschloss ich mir
meist nebenher oder im ruhigen Rückblick. Meist mit den wichtigsten
Fakten ausgestattet, konnte ich das Anderssein dieser Gegenden in
jeder Hinsicht genießen.
Dass
man am Ende am selben Buffet im Hotel steht, dass man sich am
Flughafen einreiht in die Masse der Wartenden, dass man sich im
Angesicht gewisser „Sehenswürdigkeiten“ gegenseitig auf die Füße
tritt, nahm ich hin als Teilnehmer einer Massenkultur, als derjenige,
der eintaucht in Zusammenhänge, mit denen er ansonsten nicht befasst
ist. Nun hätte die noch nicht zurück liegende Virus- Krise
vielleicht ein Bewusstsein dessen befördern können, über den Zweck
von Reisen nachzudenken und ihre gesellschaftlichen Kosten zu
bedenken, ihre „Notwendigkeiten“ neu abzuwägen und ihre
Auswirkungen besser einzuschätzen. Ziele? Dahin gehen, wo man bisher
noch nicht war. Dies kann womöglich auch im eigenen Land, in der
unmittelbaren Umgebung liegen. Das Exotische, das Anregende und
schöne dort neu kennen zu lernen und auch dadurch etwas über sich
selbst zu erfahren, könnte ein neues Ziel sein. Natur und Mensch im
Wechselspiel. Ob wir das in unserer Umgebung verstanden haben? Ob
sich hier auch neue Horizonte auftun könnten? In der Wahrnehmung von
gesellschaftlichen, aber auch geographischen Zusammenhängen? Ob der
Strand der richtige Ort für die Erfahrung von „Sommerfrische“
ist oder ob er diejenige Entspannung verspricht, die der allgemeine
Mensch der Industriegesellschaften zur Wiederherstellung seiner
Arbeitskraft braucht? Ob es sich am Meer anders lebt als mitten im
Land? Auch unter Gesichtspunkten der Ernährung? Ob es in der Wüste
anders ist als in der Großstadt? In der „Provinz“ anders als
dort, wo man den Puls der Zeit vermutet? Seine Umgebung besser
verstehen oder eine neue Sensibilität ihr gegenüber aufbringen,
könnte das nicht auch ein Beispiel für Horizonterweiterung sein?
„Overtourism“. Schon sprachlich ein Beispiel für globalisierte
Bewegungsformen. Ob die Kosten der Verkehrstechnologie erhöht werden
sollten? Das Fliegen teurer machen? Wem das dann wieder zugute kommt?
Denjenigen, die es sich dann immer noch leisten können? Bisherige
Formen des Tourismus neu bedenken? Beispielsweise auf Kreuzfahrten
können wir unter großen Kosten für die Umwelt wohl nicht viel über
Länder und Menschen erfahren, vielleicht aber einiges „über das
Meer“. Ob es dazu auch eine daran angepasste Neugier geben muss? Ob
die sich nicht in gesellschaftlichen Ritualen der Unterhaltung
erschöpfen darf, wie das auf solchen Dampfern gang und gäbe zu sein
scheint? Ob so etwas auch mehr Zeit bräuchte im Unterschied zum
industriell verwertbar gemachten schnellen und hektischen
„Sightseeing“? Sich einlassen auf etwas anderes als neue
Reiseform? Eine „Reise durch Wirklichkeiten“ wagen?
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