Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 8. August 2020

Walden

Corona hat Viele auf sich selbst zurück geworfen. Besinnung. Konsum- und Produktivitätsverzicht. Entschleunigung. Neue Lebensformen. Wandel von Werten und Zielen. Die Inspiration, die man sich in der Einsamkeit holen könnte. Das alles waren Themen und Stichworte, die sich plötzlich zu eröffnen schienen. Der Roman „Walden“ von Henry David Thoreau wurde nun neu aufgelegt und übersetzt. Ein Klassiker des neunzehnten Jahrhunderts, der die ganze Literaturwissenschaft beeinflusst hat. Sein Thema: Leben in und mit der Natur. Sein Autor hat sich mehr als zwei Jahre lang in eine Blockhütte im Wald neben dem See „Walden“ zurück gezogen, um einen alternativen Lebensstil zu suchen. Er schreibt, dass wir selbst die schlimmsten Sklaventreiber unseres Selbst seien, die sich selbst ständig mit der Peitsche selbst voran treiben. Er hingegen wollte eine Existenz ohne Termine und Zwänge aller Art. Dass er solche Lebensformen zu einer Art von idiologischem Diktat, zu einer Weltanschauung und selbstgerechten Lehre mache, wurde ihm oft vorgeworfen. Dass er in einem bestimmten historischen Zusammenhang existierte und sich von da aus auch gegen die „Segnungen“ der Moderne wehrte, erscheint mir dabei etwas unterbelichtet. Gesellschaftskritik, Romantik, Spirituelles und Naturbeschreibung paart sich bei ihm auf eine typische Weise. Sich mit der Natur auseinander setzen: da muss man nicht immer seiner Meinung sein. Er kann einen aber vielleicht anregen, ohne dass man sein Buch als eine Art Bibel und Weltanschauung verstehen müsste, die von sich selbst glaubt, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein.

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