Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 6. Juli 2020

Klarer Blick auf das, was der Fall ist

Wir gaben uns entsetzt angesichts der nun allzu offensichtlich gewordenen Arbeitsverhältnisse in der gesamten Fleischindustrie. Die sich daran knüpfende Wohnsituation? Beschämend. Als Pointe erschien es uns zuletzt, dass ein ehemaliger Parteivorsitzender einer sich sozial gebenden Partei hierbei offenbar als Berater „wirkte“, selbstverständlich gegen ein Honorar, das viele „Normalverdienende“ als fürstlich empfinden würden. Was da sichtbar wurde, schien hässlich und einer Industriegesellschaft nicht würdig. Doch ein paar technische Korrekturen hier und da, das in Aussicht gestellte Verbot von gewissen Arbeitsvertragsverhältnissen, ein Lockdown zuungunsten der allgemeinen Bevölkerung und – die Lage konnte sich beruhigen. Dabei schien die Politik samt ihrer Vertreter sich an allgemeiner Betroffenheit gegenseitig geradezu zu überbieten und gab nahezu jeden Tag Pressekonferenzen, bei denen sie ihrem Entsetzen Ausdruck gab. Dabei musste gerade sie schon jahrelang von den Verhältnissen Kenntnis gehabt haben, selbst mir selbst waren diese Arbeitsverhältnisse mit ausbeuterischen Zügen schon lange bekannt. Auch gab es gewisse, sehr sichtbare Querverbindungen zur fußballenden Unterhaltungsindustrie, deren Kommerzialisierung geradezu bizarre Züge annahm und die sich zunehmend etwas fragwürdiger „Sponsoren“ bediente. Alles unter dem Druck, sich möglichst profitabel zu gerieren.
Doch dahinter gehen diejenigen Fakten unter, die belegen, dass es für unsere Gesellschaft viele Arbeitssklaven gibt, die gegen geringen Lohn für den Wohlstand der Industriegesellschaften schuften. Wie steht es etwa mit der Obst- und Gemüseindustrie? In Europa, dem Kontinent des „green deal“ und der Nobelpreishonorierten Menschenrechte? Auch hier ist längst bekannt, dass meist Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern unter menschenunwürdigen Verhältnissen und zu katastrophalen Löhnen schuften müssen, um einigermaßen und extrem vorläufig über die Runden zu kommen. Der Druck erhöht sich hierbei noch dadurch, dass sie meist „illegal“ eingewandert sind und sich dadurch gezwungen sehen, unter dem Radar der „offiziellen“ Gesetzgebung zu vegetieren, sich kriminellen Kräften auszuliefern. Auch hier ist alles längst bekannt. Ob Corona noch den Blick darauf frei gibt? Oder der Druck in der Bekleidungsindustrie, der in mittlerweile zurück liegender Vergangenheit zu einem katastrophalen Unglück in Bangla Desh geführt hat. Was für Krokodilstränen wurden da vergossen, wie intensiv wurde da Besserung gelobt! Ob ausreichende Maßnahmen eingeleitet wurden, ob die Misstände abgestellt wurden? Im Großen und Ganzen scheint sich das Besserungsversprechen auf ein paar Selbstverpflichtungen beschränkt zu haben, deren Einführung von Journalisten besser nicht überprüft werden. Es ist ja kein Druck vorhanden und es könnte solche Investigation ja zu beschämenden Ergebnissen führen. Es ist bei uns im Hinblick auf solche Dinge meist von „globalem Wettbewerbsdruck“ die Rede, der vieles von dem rechtfertige, was auch als „Sklavenarbeit“ bezeichnet werden könnte. Dass gewisse Kräfte in dieser Gesellschaft erheblich an solchen Misständen verdienen und es bestenfalls als naiv erscheint, wenn von „Freiwilligkeit“ in diesem Zusammenhang die Rede ist, wird offenbar von einer geneigten Öffentlichkeit hierzulande allzu gerne ausgeblendet, um bei gewissen Krisen, wie etwa der derzeit grassierenden Pandemie, quälend sichtbar zu werden. Besonders die Vertreter der Politik geben sich dann entsetzt, um schließlich Maßnahmen des Krisenmanagments zu ergreifen, die die eigene Bevölkerung schützen sollen, die Verhältnisse unter dem Deckmäntelchen der „Marktwirtschaft“ aber aufrecht erhalten oder irgendwie ins Anonyme verlängern. Treten solche Politiker aus ihrer aktiven Laufbahn aus, so schließen sie meist gut dotierte Beraterverträge bei Firmen ab, die sich als Hüter des wohlverdienten Wohlstands gerieren und dieses Land „schöner machen“. „Uns geht es gut?“. Nun ja.

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