Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 7. Juli 2020

Gesinnungswirklichkeiten


Ein extremes Beispiel mit Aufregerpotential einer Lebenswirklichkeit und Lebenswelt wurde jüngst bekannt: Der ehemalige Parteivorsitzende einer sich als sozial gerierenden Partei hatte wohl noch im März des laufenden Jahres als Lobbyist und „Berater“ bei einer sehr großen Fleischverarbeitenden Firma, die mit schweren Folgen in die Schlagzeilen geraten sollte, angeheuert. Die Kleinigkeit von 10 000 Euro pro Monat soll ihm dafür überwiesen worden sein, plus großzügigen und oft vierstelligen Zulagen und Spesen. Eine Schlagzeile dazu und Zitat ging als Behauptung dieses ehemaligen Parteivorsitzenden durch die veröffentlichte Meinung: „Für normale Menschen ist das viel Geld“. Unausgesprochen steht dabei: Für meine Verhältnisse ist das höchstens „normal“. Auf einem Parteitag des Jahres 2009 soll er gesagt haben: "Wir dürfen uns nicht zurückziehen in die Vorstandsetagen, in die Sitzungsräume. Unsere Politik wirkt manchmal aseptisch, klinisch rein, durchgestylt, synthetisch. Und das müssen wir ändern. Wir müssen raus ins Leben; da, wo es laut ist; da, wo es brodelt; da wo es manchmal riecht, gelegentlich auch stinkt. Wir müssen dahin, wo es anstrengend ist. Weil nur da, wo es anstrengend ist, da ist das Leben." Ein ehemaliger Kanzlerkandidat und ein ehemaliger Kanzler dieser Partei scheinen ähnlich unterwegs zu sein. Es werden von diesen Personen also solche Sprüche ausgeworfen, um zu kaschieren, dass man längst in einer anderen Welt mit anderen finanziellen Ausstattungen als die der „Normalen“ lebt. Ob solche Gegebenheiten, die natürlich sofort und überall mit dem Reflex „Sozialneid“ gekontert werden, dieser Partei und dem Vertrauen ins politische System nutzen? Zumindest ist dies wohl ein gutes Beispiel für reichlich verschiedene Lebenswirklichkeiten....

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