Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 27. August 2015

Arm und Reich today (4)

Die soziale Schere: Ob das eine dramatische Gefahr für die Demokratie ist? Tatsache ist, dass die Wahlbeteiligung stark gesunken ist. Es gibt einen tiefen Zwiespalt zwischen denen, die sich über soziale Ungleichheiten aufregen und denen, die sagen: Das ist halt so, das war schon immer so. Es entsteht inzwischen der über Städte längst hinaus gegangene Eindruck: Da oben gibt es alles, bei uns in bestimmten Vierteln immer weniger. Darüber hinaus verrottet eine ganze Infrastruktur, die in früheren Zeiten über Steuern finanziert wurde. Dafür breitet sich inzwischen ein Gefühl aus: Es gibt Leute, die unendlich viel Geld haben. Das sind „die da oben“. Die da oben machen was sie wollen und uns vergisst man. Gleichzeitig schreitet die Ökonomisierung der Demokratie voran, das heißt, der Bezug von allem und jedem auf eine wirtschaftliche Stärke und wirtschaftliche Kenngrößen. Es gilt nach diesem Credo, die Demokratie möglichst marktkonform zu machen und nicht mehr den Markt demokratischen Gesetzen zu unterwerfen. Der Markt, der Wettbewerb bestimmt alles und jedes, er gleicht einer totalitären Diktatur, bis hinein in kleinste Verhaltensweisen zwischen den Menschen. Das hat Auswirkungen auf grundlegende demokratische Einrichtungen wie etwa Wahlen: Wenn etwa jeder Zweite nicht mehr hingeht, gleichzeitig die Wahlbeteiligung extrem unterschiedlich nach Einkommen gestaffelt ist. Wer arm ist, hat kein Interesse mehr an einer Partizipation, wer reich ist, beteiligt sich nach wie vor und übt Einfluss aus. Untersuchungen zeigen: Der Teil der Bevölkerung, der unter den letzten 15 Jahren gelitten hat, zieht sich aus dem demokratischen Willensbildungsprozess zurück. Gleichzeitig gilt: die da oben machen was sie wollen. Die Wahlen waren davor immer noch ein Teil des öffentlichen Lebens, an dem sich eine relativ großer Teil der Bevölkerung beteiligt hatte. Ob solche Prozesse ein Aufbegehren oder eine Rebellion hervorbringen können? Die Rebellion hat es etwa in Großbritannien und in Paris (in den Banlieus) gegeben. Das ist aus Sicht der Mächtigen zwar unangenehm, aber kontrollierbar. Die Folge: es ist inzwischen wieder alles so, wie es ist und war. 

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