Die
soziale Schere: Ob das eine dramatische Gefahr für die Demokratie
ist? Tatsache ist, dass die Wahlbeteiligung stark gesunken ist. Es
gibt einen tiefen Zwiespalt zwischen denen, die sich über soziale
Ungleichheiten aufregen und denen, die sagen: Das ist halt so, das
war schon immer so. Es entsteht inzwischen der über Städte längst
hinaus gegangene Eindruck: Da oben gibt es alles, bei uns in
bestimmten Vierteln immer weniger. Darüber hinaus verrottet eine
ganze Infrastruktur, die in früheren Zeiten über Steuern finanziert
wurde. Dafür breitet sich inzwischen ein Gefühl aus: Es gibt Leute, die
unendlich viel Geld haben. Das sind „die da oben“. Die da oben
machen was sie wollen und uns vergisst man. Gleichzeitig schreitet
die Ökonomisierung der Demokratie voran, das heißt, der Bezug von
allem und jedem auf eine wirtschaftliche Stärke und wirtschaftliche
Kenngrößen. Es gilt nach diesem Credo, die Demokratie möglichst
marktkonform zu machen und nicht mehr den Markt demokratischen
Gesetzen zu unterwerfen. Der Markt, der Wettbewerb bestimmt alles und jedes, er gleicht einer totalitären Diktatur, bis hinein in kleinste Verhaltensweisen zwischen den Menschen. Das
hat Auswirkungen auf grundlegende demokratische Einrichtungen wie
etwa Wahlen: Wenn etwa jeder Zweite nicht mehr hingeht, gleichzeitig die
Wahlbeteiligung extrem unterschiedlich nach Einkommen gestaffelt ist.
Wer arm ist, hat kein Interesse mehr an einer Partizipation, wer
reich ist, beteiligt sich nach wie vor und übt Einfluss aus. Untersuchungen zeigen: Der
Teil der Bevölkerung, der unter den letzten 15 Jahren gelitten hat,
zieht sich aus dem demokratischen Willensbildungsprozess zurück.
Gleichzeitig gilt: die da oben machen was sie wollen. Die Wahlen
waren davor immer noch ein Teil des öffentlichen Lebens, an dem sich
eine relativ großer Teil der Bevölkerung beteiligt hatte. Ob solche
Prozesse ein Aufbegehren oder eine Rebellion hervorbringen können?
Die Rebellion hat es etwa in Großbritannien und in Paris (in den
Banlieus) gegeben. Das ist aus Sicht der Mächtigen zwar unangenehm,
aber kontrollierbar. Die Folge: es ist inzwischen wieder alles so,
wie es ist und war.
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