Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Freitag, 28. August 2015
Dieter oder Diter? (1)
Ein paar Sätze über den Künstler Dieter
Roth, dessen Werke gerade hier in Deutschland
immer wieder zu sehen sind, obwohl er ein international anerkannter
Künstler ist. Er wurde im Jahr 1930 geboren, der Vater war
Schweizer, die Mutter Deutsche. Nach einer Grafiklehre in Bern
veröffentlichte er 1953 zusammen mit Eugen Gomringer und Marcel Wyss
die erste Ausgabe der Zeitschrift „Spirale“, die sich konkreter
Kunst widmet. Es zieht ihn in der Folge nach Dänemark, Island und
die USA. Mannigfache Verbindungen führen nach Stuttgart, wo er sich
mit dem Sammler Hanns Sohm und dem Verleger Hansjörg Mayer
anfreundet. 1969 und 1977 ist er bei der „Documenta“ in Kassel
dabei, Ausstellungen gibt es weltweit. 1998 stirbt Dieter Roth in
Basel. So viel zu seinem Lebenslauf, der natürlich verschweigt, dass
er ein veritabler Trinker gewesen sein muss. Berühmt ist er für
seine „Literaturwurst“ die die „Blechtrommel“ von Günter
Grass mit Gewürzen und Fetten im Naturdarm verkocht und dann in eine
Wurst gefüllt hat. Ein Film dokumentiert dies auf amüsante Weise.
Er hat auch Bücher produziert, die aus bedruckten, mit Koteletts,
Sauerkraut und Würstchen gefüllten Stanniolbeuteln bestehen.
Legendär sind auch andere seiner Werke, wie etwa die elfbändige
Gedichtreihe „Scheise“, denen er Texte unter dem Titel "Mehr
Scheise“ und „Noch mehr Scheise“ folgen ließ. Berühmt ist er
vor allem wegen seiner Kunstobjekte
aus organischem Material, die einem Prozess der allmählichen
Veränderung und des Zerfalls unterlagen und unter anderem luftdicht
abgeschlossene Gewürz- und Schimmelobjekte und Schokoladeobjekte
umfassten, die von Schokoladenmotten zerfressen wurden.
Als Künstler signierte er oft als Diter Roth oder als Dieter Rot, -
er hatte da noch viele verschmitzte Variationen drauf. Er operierte
mit einem stark erweiterten Kunstbegriff, der in den sechziger und
siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufkam, als traditionelle
Ausdrucksformen wie Malerei oder Skulptur das waren, was
überschritten sein wollte. Das Wahre, Schöne, Gute waren kein
Maßstab mehr, alles wurde verworfen, besonders der Ewigkeitsanspruch
der Kunst. Später mehr.
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