Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 18. Juli 2015

Salonsozialisten

Salonsozialisten? Ist ein Phänomen, das mich in dieser oder jener Form immer wieder begleitet hat. Meist sind das linke bis linksradikale Menschen, die freilich selbst äußerst begütert sind, die eine erstklassige Ausbildung (bei entsprechendem finanziellen Aufwand) genossen haben oder genießen und gerne anderen Menschen ihre Weisheiten von gesellschaftlicher Veränderung predigen, eingedenk dessen, dass sich an gewissen Grundgegebenheiten nichts so schnell ändern wird und dass sie selbst immer auf der richtigen und sorglosen Seite stehen werden. Früher war solches ein Ausweis von „Progressivität“ und Willen zur tatsächlichen Veränderung, der im Bereich des Populismus auch politisch leicht genutzt werden konnte. Ein Recht dazu gibt ihnen nach eigener Einschätzung, dass sie sich selbst als Angehörige einer Elite fühlen. Und denen ist ja alles erlaubt. Ale anderen sind ja Stimmvieh, das ihr Tun im demokratischen Sinne rechtfertigen soll. 
Nach dem Niedergang dessen, was sich bis 1989 als Sozialismus ausgab, hätte man meinen können, das solche Haltungen etwas in der Defensive geraten seien. Waren sie ja auch. Doch mittlerweile, angesichts auch der verheerenden neoliberalen Exzesse der vergangenen Jahre, scheinen solche Leute wieder mehr Chancen zu haben. So hat mich etwa die ausführlich bebilderte „Homestory“ eines damaligen europäischen Ministers in seinem Penthouse vor traumhaften Ausblick dann doch etwas gestört. Der Mann lässt sich überall als akademisch geweihter Radikalmarxist ausrufen und leert die Kaviarbecher, während unten auf der Straße in den Abfallkübeln nach Essbarem gestochert wird. Am Klavier sitzend, als den Frauen gefälliger Beau in trauter Zweisamkeit mit der edelgesichtig schönen Ehefrau und in weiteren Wohlfühlsituationen ließ sich der reiche Marxist seinem Volk präsentieren, das währenddessen keine Ahnung hatte, wie es die kommenden Tage überstehen sollte, aber seinen Gaukelmarxisten und ihren Sprüchen ausführlich zujubelte. Auch diejenigen, die sich in Deutschland gerne links nennen und das entsprechende Image pflegen, sind bei solchen Vorführungen gerne dabei. Sie loben schon mal den starken Arm des Volkes, um sich anschließend in den Porsche zu setzen und zur Villa in der Toskana zu brausen. Natürlich ist das, was sie sagen, nicht deswegen falscher, weil sie selbst unfähig sind, das in ihrem Lebensstil adäquat umzusetzen. Doch wenn nicht mal sie selbst der Realisierung ihrer Sprüche entsprechen, ja, wenn sie ihm in krasser Weise durch ihren Lebensstil widersprechen, mag auch das Vorgetragene nicht die allgrößte Überzeugungskraft haben. Doch solche Leute vermögen oft mit ihrer Außenwirkung sehr bewusst und gezielt umzugehen und sie in den Bereich des Charisma zu überführen: der Beifall ist ihnen dann gewiss. Abgehobene und akademisch gebenedeite Theorien als besonders fortschrittlich zu „verkaufen“, erscheint dann als ihre „Spezialität“.  

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