Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 21. Mai 2015

Mit dem SUV on the road again

Eine riesige Donnerkiste fährt da, Platz ohne Ende, riesige Reifen mit tiefen Furchen, die Fahrerin hoch oben, thront auf ihrem City-Laster, sieht kaum hinunter in die niederen Niederungen, in denen sie Tiere mäht, wo sie spritzt und sprenkelt, nach Belieben und je nach Beschleunigung: SUV-Alarm, im Winter und im Sommer. Allüberall. Ja klar haben wir den Platz, die Landschaft betonieren wir einfach immer weiter zu und machen möglichst breite Straßen daraus. Modernes Verkehrsmangment. Der Verbrauch ist im Moment noch viel zu hoch, das sagen die wackeren Fahrerinnen selbst auch, die da ihre Brut drei mal pro Tag zur Waldorfschule kutschieren. Dann zum Privatunterricht. Zum Cellounterricht auch. Tanz- und Ballettausbildung, - später? Es gilt, nicht im Volk zu sein, - mit all den vielen Ausländern. Die sollen in ihren billigen Jobs schuften, kommen ja auch aus Andalusien, Anatolien oder Äthiopien. Selber schuld. Hätten sie was Brauchbares gelernt! Aber wir sitzen hoch oben und genießen dies Herabsehen auf all die anderen, entspricht ja auch unserer Stellung. Wir sind die Auf- und Draufseher, die im Zweifelsfall sicher sein wollen, koste es, was es wolle. SUVs sind voll im Trend, schon viel zu lange. Mittlerweile gibt’s schon viel zu viele. Das Exklusive ist irgendwie vorbei, es sei denn, jemand fährt eine besonders exklusive und teure Marke. Sportwagenhersteller oder die mit den drei Buchstaben oder die mit den Ringen, die den Vorsprung dank Technik für sich reklamieren. Deutsche Modelle. Verdrängungswettbewerb. Wer hat den größten, den alllerallersichersten, den härtesten auch, den widerstandsfähigsten und härtesten? Status rocks. Status Quo. Quod licet iovi, non licet bovi. Sagten Leute früher einmal. Sehr viel früher.    
Ich lerne jemanden mit SUV kennen und erkundige mich sachte nach den Beweggründen, sich solch in einem Fahrzeug zu bewegen. „Du weißt du, dass ist ein tolles Gefühl, da oben über allen anderen zu sitzen. Irgendwie sicher. Du weißt genau, wenn jetzt was passiert, zieht der andere den Kürzeren. Und im Winter, mit dem Allradantrieb, da hast du einfach das Gefühl, dass du überall durchkommst“. Ich bin geplättet und denke mir „Das wäre mir jetzt wirklich peinlich“. Aber solchen Leuten ist gar nichts peinlich. Manche fahren ja auch die noble deutsche Sportwagenmarke durch die Gegend: "Deutsche Ingenieurskunst", das sagt selbst Atze Schröder dazu und gibt Gas. Auch auf der Bühne. Das kommt nicht nur bei den Damen gut an und macht den Herren Eindruck. Das imponiert ihnen. Da träumen sie sich hinein, Verbrauch hin oder her. 
Eines Tages werden diese Bolliden sowieso die besseren Verbrauchs- und Abgaswerte haben, wenn die gesellschaftliche Polarisierung und die technologische Entwicklung noch ein bisschen weiter ist. Dann werden sie doppelt herab sehen auf die, die sich nicht mal den einen Reifen eines solchen Cars leisten könnten. Die unterlegen sind in jeder Hinsicht. Das ist im Kapitalismus so: wenn du etwas leistest, wirst du es dir auch eines Tages leisten können. Blöd nur, dass das Ding mit dem Leisten vorbei ist. Wer etwas leistet, ist doch nur blöd. Es gilt, sich zu vermarkten. Sich selbst zur Powerpointpräsentation machen. Inhalt spielt genauso wie Leistung keine Rolle. Groß auftreten, großes Auto fahren, das ist wichtig. Kein Problem, das, sie sind immer sonnengebräunt gut gelaunt entspannt. Und Stammgast sind sie auch auf den von allerlei Hilfskräften mit ihren bulligen Bullys vorbereiteten Pisten, zu denen natürlich ein SUV gerade im Winter besonders gut passt. Offroad. Ja klar, weil wir ja so viele hässliche Feldwege haben, durch die wir am Wochenende unbedingt pflügen müssen (aber immer erreichbaar sein, bitte!). 
Es will ja niemand die USA in Schutz nehmen. Aber dort hatte das noch Sinn, weil die Farmen oft stundenlange Fahrten von den Supermärkten entfernt sind. Da braucht man große Pickups und Offroader, um so etwas zu bewältigen. Doch hier, im dichtbesiedelten Mitteleuropa ist's ein Jokus, ein teurer Status-Scherz. „Der Kunde verlangt's“ sagen die marketinggestählten Konzernlenker mit dominanter Miene. Heftig geschult. Natürlich sind sie keine Volkspädagogen, die alles besser machen und irgendjemanden erziehen wollen. Igitt! Wer wollte denn das heutzutage noch? Sie haben's mit Kunden zu tun. Der Neoliberalismus kennt ja doch nur Kunden. Was die wollen, ist heilig. Alle sind Kunden. Alle, die es sich leisten können. Die Welt ist ein Markt. Es sich leisten können, - das wär es! Das ist es. 

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