Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 15. Mai 2015

Kleiner schwarzer Rüde

Beim kleinen schwarzen Hundemann habe ich gelernt: ein „Sich-schicken“ in die eigene (Gattungs-) Existenz und dabei doch die Autonomie mit Würde wahren. Er hatte allerlei Eigenheiten und es war im Alltag für sein Frauchen nicht immer leicht mit ihm, er war oft halsstarrig, - aber er wahrte seine natürliche Autonomie auch damit. Man konnte das von außen viel besser verstehen, als im Alltag, wo er beim "Gassi gehen" manchmal ein sonderbares Verhalten entwickelte. Aber es verdiente Respekt. Aus sich heraus. Ganz selten wurde ihm auch mal etwas mit Gewalt klar gemacht. Er begriff es schließlich leicht, er fügte es in sein Verhaltensprogramm ein, was meist zu seinem Schutz war (z.b. an und auf der Straße). Er hatte aber immer eine gewisse Distanz zu anderen Tieren oder Menschen, war nie ein besonders anhänglicher Schoßhund. Er musste etwas für sich selbst akzeptieren, ehe er es tat.
Er war auch nie ein „richtiger“ Hund, der in der Natur länger als zwei Tage überleben würde. Kein tüchtiger „Naturbursche“, kein Survivor. Gleichwohl hat er es in seiner Jugend sehr genossen, zu rennen, was das Zeug hielt. Beispielsweise schien ihm die Bewegung an sich zu gefallen, es war ihm ein Vergnügen, sich darin zu erfahren. Er konnte dabei geradezu lustige Haken schlagen. Auch war er viel zu stolz, um jemals etwas mit Freude zu apportieren. Apportieren, das war nicht sein Ding. Es war ihm völlig fremd und sinnlos für ihn. Es war ihm alles alles alles zugestanden, wir wollten seine Hundeseele besser verstehen, auch wenn sie über sich manchmal hinaus zu gehen schien (..und gerade dann auch). Ich wollte von ihm lernen, ich war offen für ihn und er gab es alles mit großer Freude.

Der kleine schwarze Hund war in seiner Jugend viel zu vertrauensselig und freundlich. Er hatte den schutzlos neugierigen (Welpen-) Blick in die Welt. Er sprang alle großen Hunde fröhlich und arglos an, nur um sich anschließend dafür verdreschen lassen zu müssen. Aber dieses Hierarchiegetue passte damals nicht in seine Welt (später auch nicht, er „verstand“ das nur besser, versuchte, kundiger damit umzugehen...). Er wollte den natürlichen „Spass“ in diesem Moment, etwas anderes kam ihm in diesem Moment nicht in den Sinn. Natürlich wollen die gestanden Großen, die „Masterhunde“ so etwas nicht. Wir Menschen sahen solche Schwierigkeiten oft kommen und versuchten, dem gegenzusteuern. Aber es kam dann auch oft, wie es kommen musste. Bei einer dieser „Gelegenheiten“ hatte er sich wohl das Rückgrat verletzt, was ihn fortan bis zu seinem Lebensende plagte. Aber auch dies versuchte er in sein Dasein zu integrieren. Er entwickelte sich darin langsam vorwärts, indem er immer mehr versuchte, nicht nur das Beste draus zu machen, sondern es auch mit seinen „Hundemitteln“ für sich zu erfassen. Er war ein kluger Hund und wer in seine Augen blickte, war seltsam berührt danach. Da war etwas! Bloß: waas war das? Er war kein Hund, der auf Dominanz aus war (wie man es allen Hunden immer nachsagt). Aber eines Tages fand er sich in der Rolle, ein Rudel führen zu sollen. Ein sehr viel schönerer und größerer Hund wurde sein Gefolgsmann, später auch noch ein Junior. Eine Zeit lang waren sie zu dritt. Es verließen sich alle hauptsächlich mental auf ihn (die Hunde sowieso, aber auch Menschen...). Mental war er nämlich ungeheuer stark, war einer, der mutig auch Schmerzen aushielt und ohne Aufdringlichkeit ein Vorbild war. 

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