Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 12. Juli 2019

Stress, Digitalisierung und Achtsamkeit

Es scheint so, als sei „Produktivität“ das höchste Gut in dieser Arbeitsgesellschaft. Gerade hier in Baden-Württemberg, wo „der Fleißige“ der König ist, - wie gerne versprochen wird und wo die Menschen seit Jahrhunderten genau so sozialisiert sind, wobei die sogenannte „Realteilung“ im Erbfalle auch ihre Rolle gespielt haben mag. Was zählt, ist dass dies Versprechen und sein Bild durch globale Entwicklungen Risse bekommen hat. Seit der Fleißige auch gerne mal entlassen wird, wenn‘s gerade in den Unternehmenskram passt und wieder mal Kosten gesenkt werden müssen. Dass Kosten gerade beim Personal anfallen, scheint ehernes Gesetz zu sein. Wenn noch ein bisschen Prozessoptimierung dazu kommt: umso besser. Auch das steigert den Profit. Doch es funktioniert nicht mehr so, wie ausgedacht: Burn-Out, Depressionen und andere psychische Krankheiten sind im Vormarsch, Vollbeschäftigung hin oder her. Der Stress, die Arbeitsverdichtung, der Druck macht Viele fertig. 
Was machen die Unternehmenslenker? Strategien dagegen werden erfunden. Man soll tätig werden. Was tun dagegen. „Achtsamkeitstraining“ wird empfohlen. Natürlich nur den "Führungskräften". Volle Konzentration drauf, sich nicht von der Angst lenken zu lassen - darum geht es beim Achtsamkeitstraining. Besser zur Verfügung stehen. Fitter für den Job bleiben. Menschen sollen auf die dem Buddhismus entlehnten Bewusstseinstechniken zurückgreifen, um ihr Arbeitspensum zu bewältigen. Sie sollen danach umso erfolgreicher, umso schneller, umso fitter, innovativer, gesünder sein (um dem Unternehmen zu nutzen...). Ob aber das Übel auch ein bisschen in der digitalen Entwicklung liegt? Ob diese Digitalisierung uns nicht eine Funktionalisierung und Selbstoptimierung aufzwingt? Jede freie Minute soll doch genutzt werden,  - für wen? Für was? Common Sense ist: Digitale Gadgets bringen keine Zeitersparniss, sondern oft genug Stress. Technik kann auch Stress erzeugen, nicht nur die Erleichterung der Bequemlichkeit. Ob Achtsamkeit nicht gerade den Ausstieg aus der Optimierungslogik bedeuten könnte?

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