Natürlich war da immer schon ein bisschen Neid
dabei. Die kassierten die Einser, waren in allem die Besten und
oberfleißig. Wir dagegen hatten Mühe, die Mindestanforderungen zu
schaffen. Eigentlich verachteten wir diese Leute, der Zeitgeist
schien auch etwas Anderes vom Menschen zu verlangen. Diese unbedingt
leistungsbereiten Geister: die mussten anscheinend sein, waren uns
selbst aber mindestens unangenehm. Wir nahmen sie nicht so richtig
ernst. Heute jedoch scheint sich vieles geändert zu haben. Ich
zitiere aus der Süddeutschen Zeitung ein Frauke-Petry-Porträt vom
13. Dezember 2017: Heute sei schnell klar, dass sie „schnell,
intelligent, verblüffend offen und unverschämt widersprüchlich“
sei. Sie sei aber schon als Baby „sozialbegabt und süß“
gewesen, mit „pumuckelhaft großen Ohren“ und großer Nase.
Später dann: „Einserschülerin, immer und überall Klassenbeste,
Studienstiftung des deutschen Volkes, University of Reading in
England, die ersten drei Kinder und der Doktor der Chemie in
Göttingen, magna cum laude, CDU-Anhängerin, seit der Finanzkrise
und der Eurorettung nicht mehr so sehr. Pfarrersfrau, die sonntags
Orgel in der Kirche ihres Mannes spielt, Gründung eines Unternehmens
auf der Basis eines Patents ihrer Chemikerin-Mutter.......“ usw.
Elite würde man sie heute nennen, Schwaben sagen zu
so etwas „a Käpsele“. Ich hatte nie eine Einstellung zu solchen
Leuten, weil ich immer auch eine optimale Anpassung hinter ihrem
Erfolg vermutete, was mir stets zuwider war und noch ist. Jedenfalls
würde so jemand mit einem Lebenslauf in der Bundesrepublik gut
honoriert in zahlreichen Aufsichtsräten sitzen. Man hätte sich ein
bisschen profiliert, aber nicht so, dass es die Karriere verdorben
hätte. Man hätte seine Schlagfertigkeit genutzt und wäre „wichtig“
geworden. Man hätte sich als „Marke“ eingeprägt. Man hätte ein Netz von Beziehungen geknüpft, die einem
später, nach diversen Eskapaden zur Schärfung des Profils, sehr
zustatten gekommen wären. Man hätte ein Privatgymnasium besucht und
wäre Anwalt geworden. Man wäre das geworden, was die Talkshows
gerne als „Persönlichkeit“ vorzeigen. Suspekt waren mir diese
oberangepassten und ach so tüchtigen Personen allzumal.
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