Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 13. November 2017

Steuerparadiese, Wutbürger

Ein beliebtes Spiel der Rechtfertigung von gewissen Steuermissständen ist es, das Gebaren von Reichen und Armen gegenseitig aufzurechnen. Es gäbe ja so viele Arme, die den Staat auch gerne mal betrügen würden, etwa bei der Anmeldung von Reinigungskräften, die als Geschäftsessen deklarierte Geburtstagsparty oder falsche Angaben bei der Pendlerpauschale. Das soll also genauso oder sogar (wegen der Gesamtsumme) noch verwerflicher sein, als das Gebaren von Steuersündern, die Steuervermeidungsstrategien mittels geschickter Anwälte und findiger Steuerberater durch die Flucht in „Steueroasen“ auszunutzen versuchen. Dahinter steht wohl auch die neoliberale Ansicht, dass in einem Staat alles erlaubt sei, was nicht ausdrücklich verboten sei. Gerne wird sich in diesem Zusammenhang auf den Rechtsstaat berufen, der in diesem Zusammenhang und „im Namen des Volkes“ ohnehin gerne herbei zitiert wird. Alles legal. Leute, dass die Politik diese Gesetze gemacht hat und all dies erlaubt, gehört zum Skandal! Das Argument, dass gewisse Dinge auch „legitim“ sein können, wird mit dem Hinweis auf die in den achtziger Jahren so beliebten „Sachbeschädigungen“ abgeschmettert. Es wird vor einer „abschüssigen“ bahn gewarnt, wenn das „Legitime“ eine größere Rolle spielen sollte. Auch soll die sogenannte „Hausbesetzerszene“, die unter anderem bei dem G 20-Gipfel in Hamburg so unangenehm sichtbar wurde, dadurch nicht nachträglich gerechtfertigt werden, dass die Legitimität ihrer Aktionen behauptet werde, so das hinterhergeschobene Argument. Dass ganze Staaten von ihren geringen Steuersätzen leben, dass es geradezu ihr Geschäftsmodell innerhalb der EU ist, wird in diesem Zusammenhang als Ärgerlichkeit wahrgeommen. Letztlich soll es aber an der EU und dem dahinter stehenden politischen Willen liegen, dass solcher Steuerwettbewerb nicht unterbunden wird. Dass Deutschland dabei offenbar großartige Erklärungen gegen Steuersünder abgibt, in Brüssel aber alle gesetztlichen Vorschriften blockiert, macht die Sachlage auch nicht besser. Moral nutze da weniger, es müssten Vorschriften oder Gesetze her. Dass Minister dagegen sofort protestieren und dabei ins Felde führen, dass sich die EU bei einer entsprechenden Gesetzgebung ja selbst anklagen würde, macht die Sache nicht (Ob das einschlägige Lobbyisten und Kumpels zu vermeiden wissen?) übersichtlicher. Jedenfalls scheinen solche Verhältnisse in der EU möglich zu sein. „Black List“? Ja. Aber nicht mit Ländern aus der EU. Und überhaupt, gegen moralisierende Argumentationen verwahrt man sich sowieso. Moral? Igitt! Dass Reiche von vornherein ganz andere Möglichkeiten der Steuervermeidung haben als der sogenannte Kleine Mann und dadurch eine sozusagen programmierte Ungerechtigkeit entsteht, bleibt da ganz außen vor. Dass derjenigen Gemeinschaft, in der Gewinne erzielt werden, ein gewisses Recht auf Steuereinnahmen zusteht, - nun ja, wer wollte das bestreiten? Wer das Recht hat, diesem Gemeinwesen die ihm zustehende Steuer (Streitpunkt, wieviel....aber nicht, dass....) einzutreiben? Hm, zumindest einschlägige Anwälte und ihre Kumpels in der Politik. Wo da der Wutbürger bleibt? Von ihm war nichts zu hören. 1000 Milliarden pro Jahr werden einstweilen vermisst.  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen