Wir blicken um uns und sind aus dem Moment heraus
erstaunt. Später versuchen wir, uns das Schauspiel um uns herum zu
erklären. Jetzt habe ich etwas dazu aufgeschnappt, das mich stark
angeregt hat, - denn: In der Zivilisation haben wir es allzuoft mit
standardisierten Menschen und weniger mit einer Vielfalt zu tun. Es
ist nicht korrekt, es ist nicht schön: die Stanze herrscht, die
Gleichmachung in den Köpfen. Sozialisation. Dressur. Training. Das
sich klar zu machen, mag manchmal schwierig sein, besonders weil wir
uns selbst natürlich für ganz etwas ganz Besonderes halten. Aber der Einzelne
läuft dauernd Gefahr, sich in einer Funktion oder in einem Status
aufzulösen. So kommt die „Persona“, wie es der Psychologe CG
Jung vor gefühlt 100 Jahren schon formulierte, oft ins Gehege mit
der Entwicklung eines eigenständigen Selbst. Dafür mag auch der
bekannte Satz eines Dichters aus vergangenen Jahrhunderten stehen:
„Wir werden als Originale geboren und sterben als Kopien“.
Heute jedoch scheint es so: Die
Persönlichkeitsentwicklung bei gewissen Naturvölkern gründet sich
vor allem auf empathische Zuwendung (Ob wir von ihnen etwas lernen
sollten?). Für sie hat diese Persönlichkeitsentwicklung mit
Beziehung zu tun, mit dem Versuch, mit anderen oder der Natur in
einen Austausch zu treten. In einen nicht competitiven Austausch, also nicht in einen Wettstreit um das größere „Wachstum“! Es könnte
gelten: „Gehe völlig nach außen, aber kenne dich selbst und nimm
die Folgen deiner Handlungen auf dich“. Das trifft auf die
Verbundenheit des Einzelnen und der Gesellschaft zu und führt zu der
damit verbundenen Verantwortung für das eigene Sein. Mit einer
Geisteshaltung, die sehr selbständig und ungebunden sein kann,
bleiben wir also gebunden: empathisch gebunden.
Unsere Zivilisation aber produziert Persönlichkeiten,
die sich auf stereotypische Weise gegen empathisches Erleben wehren
und dadurch grundsätzlich voneinander isoliert sind. Hier ergeben
sich viele Paralellen zu dem modisch gewordenen Begriff "Neoliberalismus", dessen
Auswirkungen unsere Wirklichkeit auf vielerlei Art prägen.
Da die Rollenspiele in unserer Gesellschaft auch dem öffentlichen
Verhalten gelten, produzieren sie ein scheinbar der Gemeinschaft
gewidmetes Leben. Aber in Wirklichkeit wird unter dem Deckmantel des
gemeinschaftlich Gesinnten der Gesellschaft Gewalt angetan. Das sich
öffentlich Geben und Aufspielen ist eine Verdinglichung.
Unser Bewusstsein nimmt dies als eine universale Art
des Seins an und die Identifizierung des Ich mit Äußerlichkeiten
führt zu einem Verhalten, das dem Besitz von Dingen dem gleichsetzt,
wer man ist. Es entfernt den Menschen von der Realität. Es führt
unter anderem zu zerstörerischen und gewalttätigen Kriegen. Es
führt auch zu einer grundsätzlichen Unverantwortlichkeit dem
Menschen gegenüber.
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