Neulich wurde ich Zeuge eines
beachtlichen Interviews. Ein Interessenvertreter wurde da nach den
Insekten und deren Verschwinden gefragt. „Was wollen sie denn“,
so in etwa der Tenor des Befragten. „Alles in bester Ordnung.
Studien über das Phänomen liegen ja noch nicht vor. Zumindest das sollte man abwarten“. Das wurde
dann den Zuschauern als kompetente Auskunft präsentiert. Dabei lehrt
einen alleine schon die unmittelbare Erfahrung anderes. Hinzu kommt Bedenkliches. Waren noch vor wenigen
Jahren die Scheiben nach längeren Fahrten mit Insektenleichen und
anderem fligendem Zeugs übel verschmutzt und klebte ein übler
Chininschmodder daran, sohat sich das jetzt gewaltig geändert: Die
Scheiben bleiben sehr weitgehend frei von solcher „Verschmutzung“.
So manch einer fragt sich, wo all dieses geblieben sei. Auch bei
oberflächlichster Information eröffnet sich ihm ein alarmierender
Befund. Dass es ein Bienensterben gibt, scheint sich herum gesprochen
zu haben. Dass die Bestäubung der Pflanzen, die ja meist
wirtschaftlich „genutzt“ werden, zu einem großen Problem wird,
hängt unmittelbar an der Diagnose. Dass aber auch Schmetterlinge und
alle anderen Insekten von diesem merkwürdigen Sterben betroffen
sind, scheint für viele Menschen noch eine neue Information, obwohl
der simple Blick an ihre Windschutzscheibe sie eines Besseren
belehren könnte. „Biodiversität“ scheint ein neues Thema
unseres Diskurses zu werden, eines, dem sich sogar die Kanzlerin
nicht verschließen mag.
Wir haben keine Zeit mehr bis zur
nächsten Studie. Handeln ist angezeigt. An dieser Stelle bin ich
froh, dass mein Bundesland Baden-Württemberg von Grünen regiert
wird. Kretschmann ist sogar studierter Biologe und weiß genau, was
die Zeichen bedeuten. Der allzu großzügige Einsatz von
Insektenvernichtungsmitteln in der Landwirtschaft gilt mittlerweile
als relativ gesicherte Ursache. Hinzu kommt der Verlust an
Lebensraum, die Umweltverschmutzung, die Veränderung der
Agrarlandschaft. Die Insektengifte der Stoffgruppe Neonikotinoide
stehen aber in höchsten Verdacht, ganz direkt an diesem
Insektensterben beteiligt zu sein. Kretschmann will jetzt etwas tun.
Dass die intensive Landwirtschaft etwas mit dem Artenrückgang zu tun
hat, bestreitet niemand mehr ernstlich. Neue Blühmischungen,
überhaupt, eine möglichst vielfältige Artenfolge beim Anbau, eine
bessere Betreuung von Naturschutzgebieten und eine bessere Verbindung
von Biotopen: ökologische Verbesserung auf breiter Front ist
angesagt. Doch den Einsatz von Pestiziden kann letztlich nur die EU regeln.
Hoffentlich ist das alles nicht schon zu spät.
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