Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Mittwoch, 30. November 2016
Die einen und die anderen
Ich wundere mich und bin manchmal empört, wie
schnell jetzt bestimmten Menschen bestimmte politische Attribute
zugeschrieben werden. Das Zuhören scheint nicht mehr angesagt, das
Sich-Einlassen, das Verstehen-wollen von Problemen und den Menschen dahinter, die Wahrnehmung für Zwischentöne, das Differenzieren. Was
das Erstaunliche ist: dies scheint auch für die demokratische und
offene Seite zu gelten. Auch sie scheint die Reihen schließen zu
wollen, wirft mit Parolen und Modewörtern um sich, errichtet
Wagenburgen und geht in den Verteidigungsmodus. Meine Meinung: wir
sollten uns gewisser Fehler und Fehlentwicklungen bewusst werden,
sollten sie abzustellen versuchen, und zwar nicht nur mit Floskeln
und vorgefertigten Gedankenbarrieren. Offenheit muss eine Stärke
sein. Auch der Wille zur Veränderung. Es kann nicht darum gehen,
dass diejenigen, die am meisten vom Status Quo profitieren, am
lautesten dafür eintreten und alles andere von ihren
marktschreierischen Lakaien ausblenden lassen. Die scheinbaren
Differenzierer ergehen sich ja auch immer mehr in einer hohlen
Wortklingelei, die Positionen vortäuscht und Parolen ausgibt, die so
differenziert, so kritisch und aufklärerisch oft gar nicht sind und
vor allem die Gemeinsamkeit in einem gewissen Sinne stärken sollen.
Die Mitläufer und Fassadenbastler sollten nicht so einseitig auch
von politischen Parteien bevorzugt werden, die Herrschaftsstrukturen
und Glaubenssätze wenigstens gelegentlich etwas in Frage gestellt
und überprüft werden. Dieses „Aussitzen“ von Gegebenheiten,
diese öffentlich institutionalisierte Lähmung sollte nicht mehr
allgemeine Taktik der Wirklichkeit sein. Gemeinsamkeit sollte sich
auch dadurch herstellen, dass man hier auch aus politischen
Erfahrungen heraus aufklärerisch ist, weiter, als anderswo. Einbildung jeglicher Art davon abzuleiten, erscheint mir grotesk. Dass
nicht der Exporterfolg, der ja im globalisierten „Wettbewerb“ den
Wohlstand einer bestimmten Klasse von Menschen meint, allem
anderen übergeordnet wird. Dass Wachstum auf seine Qualität
abgefragt wird, dass das Bewusstsein mehr zählt, dass es verschiedene Arten von
Wachstum gibt. Noch scheint es so zu sein, dass die Ressourcen der
Erde endlich sind, der Wunsch nach Wachstum aber anscheinend nicht.
Wie soll das nachhaltig zusammengehen? Vielleicht gilt es,
gesellschaftliche Strukturen ein bisschen weicher zu gestalten, ein
bisschen durchlässiger, so, dass nicht nur die
„Durchsetzungsstarken“ oder Rücksichtslosen davon
profitieren, die Blender und Verkäufer. Die Digitalisierung sollte gestaltbar sein und nicht wie ein Schicksal über uns kommen, das wiederum fette Profite für bestimmte Menschen und Verdruss für andere bringt. Ich will nicht, dass eine solche Haltung als moralisch und insofern als wirklichkeitsfremd abgetan wird. Nein, der Markt scheint mir
nicht das allein selig machende Prinzip zu sein, der alle
Lebensbereiche steuert und tief hinein ins Intime wirkt.
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