Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Freitag, 27. Dezember 2024
Romantische Reise
Der Mythos des Reisens, hinaus in die schöne Welt. In der Spätromantik stand Joseph Eichendorff dafür. Mir kommt es so vor, als habe sich die Szenerie seitdem radikal gewandelt: Aus dem (gewissen sozialen Ständen vorbehaltenen) „Reisen“ a la Mark Twain ist inzwischen der Massentourismus geworden, der die Menschen an die Strände von nahen und in fernen Länder spült. Ein gewisses passives und anscheinend erholsames Dahintrülen in der Sonne von einem von Einheimischen meist unter jämmerlichen Zuständen gewartetes Resort aus ist er ersehnte Zustand, der dann einen Zeitraum ausfüllen soll. Ob das etwas vollkommen anderes ist, als etwa Goethes „Italienische Reise“ oder Eichendorffs „Aus dem Leben eines Taugenichts“? Eichendorff bohrte sich erst später in eine enge Frömmigkeit hinein. Zunächst spekulierte er erst einmal in die Welt hinaus. Neugier oder Erkundung der Welt steht aber in der Gegenwart nicht mehr im Vordergrund: es geht vielmehr um Wiedergewinnung der Arbeitskraft (Adorno, Freizeit) in einer Art Erholung, die im Nichtstun und Heraustreten aus Funktionszusammenhängen besteht. Besonders beliebt scheinen in diesem Zusammenhang die Kreuzfahrten zu sein, die zwar eine verheerende ökologische Wirkung zu haben scheinen, was aber einem Massenpublikum weitgehend egal ist. Die Zerstörung der Welt mit offensichtlichen und einigen weniger offensichtlichen Mitteln scheint die Strategie zu sein, die vielmehr angesagt ist.
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