Reise durch Wirklichkeiten

Montag, 10. Januar 2022

Schein und Sein

 Ich beobachte und nehme interessiert zur Kenntnis, wie gemäßigt "vernünftig" sich gewisse Diskutanden in gewissen Talkrunden äußern, - ganz im Gegensatz zu dem Bild, das man sich von ihnen über zahlreiche öffentliche Äußerungen in steilen Thesen hinweg gemacht hatte. Oder sie stellen ein Desinteresse zur Schau, das gerade deswegen so manchen Zuschauer befremdet, der extra wegen dieser Person dieses TV-Formats eingeschaltet hatte. Sich heraus halten, scheint als Devise dahinter zu stehen, man ist ja ein Individuum, das „darüber steht“. Man ist Berufs-Dandy. Man ist die Figur, die man spielt Man vermutet gründliches Nachdenken und entdeckt oberflächliches Schwadronieren, daher geplapperter Small-Talk. Es werden unwichtige und vom Moderator als große journalistische Investigation vorgeführte „Gemeinsamkeiten“ zwischen den einzelnen Teilnehmern der Runde vorgeführt. Es werden Pointen verbraten. Es wird scheinbar der wahre Mensch gezeigt, der ansonsten keine Rolle zu spielen scheint und aus dem großen Narrativ dieser Gesellschaft ausgeblendet ist. Jetzt bekommen wir das "wahre Gesicht" durch das geschickte Agieren der Moderation endlich mal zur Kenntnis. Trick: Alles wird personalisiert und zur Unterhaltsamkeit degeneriert. An dieser Stelle scheint mir eine rote Linie durch die Talkshows zu gehen. Dies Phänomen glaube ich insofern schon öfter beobachtet zu haben.

Was aber bedeutet ein solches Verhalten? Diese Diskutanten wollen seriös „rüberkommen“, glauben ansonsten bei ihren Showauftritten im Genre der Übertreibung zu operieren. Jetzt wollen sie das Sein vor dem Schein „präsentieren“. Nun treten sie „privat“ auf und offenbaren erstaunlich moderate Einstellungen. Sie treten keineswegs dafür ein, was sie in Shows und anderen öffentlichen Formaten bis dahin offenbart hatten. Sie verraten dies als eine für Showzwecke zugespitzte Position. Sie glauben dadurch etwas "deutlich gemacht zu haben". Natürlich machen sie „nebenher“ (?) Werbung für sich, ihre Produkte, darunter auch anstehende Tourneen. Das sei ganz „normal“, so wird im Rahmen dieser „Veranstaltungen“ suggeriert. Schließlich würden wir in einer Marktwirtschaft leben, in der auch Bewusstseinswaren beworben werden müssen. Und überhaupt: neben gewissen Problemen, sei bei uns ja alles toll, super und einzigartig gut geregelt,- so geht das, was „übrig bleibt“, was beim "Konsumenten" solcher Shows hängen bleibt.

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