War er ein Nihilist? Schwer zu beantworten. Jedenfalls ließ der Künstler Dieter Roth die Natur an seinem Werk mitwirken, dergestalt, dass er Vieles daran dem Verfall, der Fäulnis, der Verwesung und dem Schimmel aussetzte. Nicht nur dieser Zug macht ihn in meinen Augen aktuell und verleiht seinem Werk auch heute noch eine drängende Wichtigkeit, wobei wir ohnehin Gaga, Verfall, Düsternis und übertriebene Verrücktheiten mehr in unser Leben hinein lassen müssten. Dreck und Müll waren in sein „Werk“ eingewandert und übten dort eine eigene Kraft aus: jedenfalls bin ich keinem anderen „Künstler“ begegnet, der in seinen Werken mit einer solchen Vehemenz und Konsequenz diesem Thema nachging. Kunstwerke sollten in seinen Augen so sein, wie der Mensch: alt werden und sterben. Ernährung und Verdauung sollten darin ihre ureigene Rolle spielen.
In so etwas wie eine Wichtigkeit wollte er aber nicht hinein kommen, wie er als Universalkünstler nicht nur in seinen „Werken“ oft betont hat. Er war wohl eher ein Daseins-Spekulierer, der die Gefährdung unserer Existenz und die satirische Durchdringung der Wirklichkeit mit seinen Mitteln immer wieder heraus arbeiten wollte. Seine Umwelt nannte ihn dafür „Künstler“. Seine Wichtigkeit freilich bewies sich in unzähligen Ausstellungen, die ihm den Mantel des genialen Gestalters umlegten. Eine weitere Anekdote ist mir geblieben: so soll ihm in New York eine Professur verliehen worden sein. Seine eigenen Lehrveranstaltungen freilich hat er aber wohl nie besucht. Daraufhin soll er suspendiert worden sein. Noch eins: Seine Laufbahn als handwerklich orientierter Musiker soll er unter anderem dadurch beendet haben, dass er auf offener Bühne auf seiner Trompete herum trampelte und das Bruchstück schließlich in einem seiner „Werke“ verarbeitete. Er hatte dies Ende zu einem Happening gemacht. Aus, Schluss mit der Musik. Von da an ward er niemals mehr als Musiker auf einer Bühne gesehen. Wie es heißt.
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