Am Anfang hatte ich einen Film über seine Literaturverwurstung (In Hackgerät literarische Werke zerhackt und dann in Würtse gepackt) und seine Schimmelkunst gesehen. Das war nahe an dem dran, was ich mir vorstellen wollte. Ob es in unseren Zeiten etwas mit dem hochtrabenden Begriff „Kunst“ zu tun hatte, wollte ich mir nicht beantworten. Jedenfalls wurden Dieter Roths Werke in den großen Museen ausgestellt, was mir als Beweis dafür ausreichte, dass er es bis in den Olymp der Künste geschafft hatte (auch wenn er offenbar dauernd die Schreibweisen seines eigenen Namens abgewandelt hatte. So firmierte er als Diether Roth, nannte sich Rot oder sein Name verschwand hinter einem Gekritzel…. Ich sah Bilder von ihm und war von seiner anarchischen Kreativität fasziniert. Es rankten sich so manche Geschichtchen um sie, die der Urheber manchmal selbst in einer Mischung aus Verzweiflung, Selbstinszenierung und einem Hang zur primitiven Aktion herbei geführt hatte. Seine „Objekte“ aber waren oft dem Prozess der Verwesung ausgesetzt und mussten heftig gestunken haben. In der Staatsgalerie Stuttgart (in Stuttgart wirkte er von 1972 bis 1983) aber besichtigte ich einmal ein komplettes Arbeitszimmer von ihm, das unter anderem mit allerlei zeitgemäßen Gadgets wie etwa einem Kassettenrecorder ausgestattet war.
Der Mann betätigte sich als Universalgenie. Er wirkte als Maler und Dichter, als Filmer, Grafiker, Bücherproduzent und Herausgeber, als Musiker auch und als Performer. Ich besuchte eine Ausstellung von ihm, in der sein Buch „Scheise“ in einer beweihräuchernden Vitrine lag. Daneben der Band „Mehr Scheise“ und dann das Büchlein „Noch mehr Scheise“. Es lag eine Atmosphäre zwischen Melancholie, Ironie, Nonsens und Verzweiflung über seinen Werken, was der Kunstbetrieb freilich in gnadenloser Bewunderung zu ignorieren schien. In Berlin sichtete ich erstmals eine riesige und in ihrer Kunstgefälligkeit völlig nutzlose Garten-Maschine, von der mir starke Eindrücke hängen geblieben waren. Der Mann muss haltloser Trinker und ein Hätschelkind des Kunstbetriebs gewesen sein. Auch hatte er wohl eine wichtige Zeit seines Lebens in Island zugebracht, wo er offenbar auch als Designer gewirkt hatte.
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