Reise durch Wirklichkeiten

Donnerstag, 31. Mai 2018

Ketchup oder Mayonnaise (MP3)

Ketchup oder Mayonnaise




Eine Erinnerung an 2015

Mittwoch, 30. Mai 2018

Partei für Partei

Es könnte ja sein, dass es Leute gibt, denen der hier und anderswo gepflegte Politikstil samt allen unguten Verflechtungen nicht sehr gefällt.War bisher noch möglich. Leute, die das Lobbysystem ablehnen. Jawohl, es mag eine Schwäche sein: Leute, die einem Protest nachhängen, der sich nicht mit allem abfinden will, was einem Institutionen vorsetzen. Die sich einer Verdinglichung des Menschen entgegen stellen wollen.  Leute, die anstreben würden, dass dem sogenannten „Volk“ wieder mehr Einflussmöglichkeiten auf seine Geschicke zugestanden werden, die sich nicht damit zufrieden geben, als „Kostenfaktor“ zwischen verschiedenen Institutionen hin und hergeschoben werden. Leute, die Zwischenfragen stellen und nicht einfach hinnehmen, was die Mächtigen untereinander ausmauscheln. Leute, die sich nicht damit abfinden wollen, dass sich ihre Vertreter deshalb desinteressiert geben, weil ja vom Staat legitimiert ohnehin ihre Taschen überquellen. Wo haben sie ihre Vertretungen, ihre Parteien? Die nicht gleich des „Populismus“ bezichtigt werden? Sind denn „normale“ Politiker keine Populisten, oder verläuft da eine Trennung eher gradweise? Ob es in der Natur der Politik liegt, dass sie bis zu einem gewissen Grad populisisch agiert? Macron in Frankreich hat sich als große Kraft präsentiert. Dass das vor allem seine Außenpolitik betrifft, wird hier nicht so recht wahrgenommen. Nach innen scheint er im Interesse der Reichen und Mächtigen zu agieren, indem er jetzt Gesetze durchboxen will, die ziemlich eindeutig zu sein scheinen. Auch er will das Wort „Reform“ in einem gewissen neoliberalen Sinne verwenden. Es wird missbraucht. Die EU und ihre Apparatschiks haben es ja vorgeführt. Dass jetzt Italien versuchte, sich diesem Druck zu entziehen: okay, auch wenn sie nicht die richtigen Mittel gewählt haben und, durch die von der EU erzwungenen Flüchtlingskrisen ermuntert, sich dem rechtsradikalen „Populismus“ zugewendet haben. Leute, wir brauchen etwas anderes, als diese "Groko", die offenbar nur alles weiterschleppen und ins Ungefähre hinein verschleppen will, gerade so, wie es ihre Chefin lange Wahlperioden entlang vorgemacht hat.

Dienstag, 29. Mai 2018

Geworden

Wir waren vom Geist des Fragens, der Kritik und des Protests durchdrungen. Skepsis, ja sogar Verunsicherung, hatten wir gelernt, als etwas Positives zu deuten. Aber in Wirklichkeit gab es kein „wir“, waren wir längst auseinander gefallen in diejenigen, die sich der Realität möglichst optimal anpassen und „das Beste draus machen“ wollten und diejenigen, die eine Art Fundamentalopposition einübten, die sich nicht so einfach einfangen lassen wollten von den Zwängen, die „das Ganze“ auf einen ausübte, die ihrer Individualität nachjagen wollten. Die sich bewusst werden wollten über Zusammenhänge – und danach handeln. Waren wir in eine durch und durch verwaltete Welt hinein geboren worden? Kafka schon hatte Hinweise gegeben. Aber der galt als schwer verständlich. Ganze Heere von Exegeten, Auslegern und Interpretatoren führten ihre Auseinandersetzungen im akademischen Elfenbeinturm. Ich wollte damals aus diesem Elfenbeinturm ausbrechen und war entschlossen, mich an der empirischen, an der tatsächlichen Welt zu orientieren, auch, indem ich mich ihr gemäß ausdrücke, indem ich eine Übersetzung des Komplexen in weithin Verständliches, also Populäres versuche. Ich wollte Kafka zum Kumpel machen, mit dem wir alltäglich umgehen können. Ich wollte ihn den sogenannten „Eliten“ entreißen. Gleichwohl wollte ich nie eingeordnet werden, gehörte nie einer Bewegung oder Richtung an, verstand mich immer als Einzelkämpfer. Der Bürokratie, der Verwaltung (auch „privater“ Art) hingegen fühlte ich mich ausgeliefert. Mit der Zeit war ich zu einem winzigen Datensatz geworden. „Big Data“ umgab mich nun überall. „Big Data“ wusste alles besser. Konnte Algorithmen so richtig gut anwenden. Mit ihnen umgehen. Kalkulierend.

Sonntag, 27. Mai 2018

Reise durch Wirklichkeiten (1)

Was soll dieser Leitsatz, dieses Thema „Reise durch Wirklichkeiten“? Ich glaube, dass wir im Alltag sehr stark bestimmt sind durch Fakten, die gewisse Politiker, gewisse Figuren der Wirtschaft und andere Machtmanager geschaffen haben. Sie fühlen sich als „Gestalter der Wirklichkeit“, sie glauben sich legitimiert und sie „gestalten“ diese Wirklichkeit wohl auch. Ich bin sehr stark der Meinung, dass sie dadurch Realitäten schaffen und Lebenswelten bestimmen. Und zwar in dieser Gesellschaft. Mitten in ihr. Tatsache aber ist auch, dass wir im Zeitalter der Globalisierung auch durch andere Deutungen der Wirklichkeit beeinflusst werden können, dass wir neugierig auf sie sein können, dass wir ihnen einen Wert auch für uns zuschreiben sollten, dass wir vieles davon kritisch aufnehmen könnten, ohne unsere Identität als Europäer preiszugeben. Es geht um die Gestaltung der Realität, so, dass wir sie als mündige Bürger leben können. Es geht darum, sich als der Dinge bewusst zu werden, als die man in dieser Welt „verwendet“ wird. Sich unserer Filterblase, der Wahrnehmungswelt bewusst zu werden, das könnte es sein! Verschiedene Lebenswelten, die auch durch geografitsche Gegebenheiten geformt sind, stülpen uns einen gewissen Lebensstil über (Wir leben nicht in Afrika, nicht in Malaysia oder Borneo....) Lebenswelten erkennen, wie sie geworden sind, wie sie ökonomischen Bedingungen unterliegen.

Samstag, 26. Mai 2018

Ein paar Zahlen

Ein paar Zahlen, die mir zuletzt untergekommen sind: Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bekommen hierzulande 2,6 Millionen und Angestellte nicht den gesetzlichen Mindestlohn ausbezahlt. Das Privatvermögen der Deutschen beträgt etwa 9 Billionen Euro. Die Ärmsten und die Mittelschicht besitzen 40 % des Vermögens. Die untere Hälfte sogar nur 2,5 %. Die reichsten 10 % der Deutschen besitzen etwa 60 % des Vermögens. Das reichste 1% besitzt 1/3 des Privatvermögens. 1995 hat jeder Bundesbürger durchschnittlich 19 kg Plastikverpackung im Jahr produziert, heute sind es 39 kg pro Jahr, so heißt es. Einwegprodukte haben in den letzten Jahren um 30 % zugenommen. Städter verursachen bis zu 4 mal mehr Müll als Menschen, die auf dem Land leben. Laut Caspar Dohmen („Profitgier ohne Grenzen“) drängen 40 Millionen Menschen pro Jahr/Welt auf den Arbeitsmarkt. Ob er recht hat?

Freitag, 25. Mai 2018

Goethe und das Erkennen von Natur

Johann Wolfgang von Goethe, der ja immer nicht nur als Dichter, sondern auch als Naturwissenschaftler ernst genommen werden wollte, hat an jedem Phänomen das Ganze interessiert, die Ganzheitlichkeit. Dies wiederum interessiert unsere heutige Wissenschaft kaum mehr. Die Betrachtung von ganzen Zusammenhängen erscheint für sie „out“ zu sein. Was heute gilt, ist die „intersubjektive Nachvollziehbarkeit“, die gerne gegen Ganzheitlichkeit ausgespielt wird. Der Zeitgeist zu Goethes Zeiten fand: Je mehr man sich spezialisiert, desto erfolgreicher kommt man vorwärts, weiß aber immer weniger über das Phänomen selbst in seinem Zusammenhang mit dem Ganzen. Ihn interessierte beispielsweise, welche Wirkung die Farben, die er anhand eines Regenbogens nicht erklären konnte, auf die Seele jedes Einzelnen haben. Er experimentierte etwa mit dem Versuchsaufbau, wenn ich Blau anschaue und Richtung Rot schaue. Was erzeugt das in mir? Heute kann man (also die heutige Wissenschaft) anhand von statistischen Erhebungen die Wirkung von Farben auf die Seele beschreiben. So ist beispielsweise die Wirkung der Farbe Blau auf verschiedene Geschlechter untersucht worden, - mit erstaunlichen Ergebnissen. Für Goethe war die Erfahrung, die der Einzelne macht, vorrangig vor aller Wissenschaft. Für ihn war es ein wichtiges Ziel, herauszufinden, was die Welt ist, „was sie im Innersten zusammen hält“. Dabei kam er zu der Erkenntnis, dass alles in einem ständigen Wandel sei. Das mag wohl das Wort der „Evolution“ umschreiben. 

Donnerstag, 24. Mai 2018

Musik im Mirabell (Georg Trakl)

Musik im Mirabell
Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
Am Abend durch den alten Garten.
Der Ahnen Marmor ist ergraut.
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.
Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.
Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.
Die Magd löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.

Mittwoch, 23. Mai 2018

Abgeordnete in "Sonderurlaub"

Folgende News trifft einen wie mich (und andere) hart. Ich habe das Folgende abgeschrieben, wollte es festhalten, weil ich es für unglaublich halte: Zahlreiche Regierungsbeamte arbeiten in ihrem Sonderurlaub für Unternehmen und Wirtschaftsverbände – teilweise in Leitungspositionen und mehrere Jahre lang. So war jetzt zu erfahren. Interessenkonflikte mag die Große Koalition dabei aber nicht erkennen, im Gegenteil: Selbst der Lobbyjob eines Staatsdieners bei Volkswagen sei "im besonderen Interesse der Bundesregierung". Merkel: "Es geht um Zusammenarbeit und Vernetzung". Dafür bietet die Industrie dann "Stellen zur Fortbildung" an. Auch dass Beamte lange Zeit bei Daimler, Siemens und in der Geschäftsführung eines Lobbyverbandes tätig waren oder sind, findet die Bundesregierung vollkommen unproblematisch. Umgekehrt schickt die Industrie ja auch ihre Vertreter in die Ministerien, um bei Gesetzen zu "helfen". Es geht ja offenbar um "Wissenstransfer". Aha. Mir scheint das keine besonders gescheite Strategie zu sein. Denn das immer weitere Vorpreschen des Populismus wird durch solche Konstellationen direkt und indirekt stark befördert. Zumindest müssten solche Schildbürgerstreiche näher erläutert werden. 

Dienstag, 22. Mai 2018

Reisefeeling (2)

Ich habe weiter gelesen im „Taugenichts“ vom Großromantiker Joseph von Eichendorff (1788-1857) und bin im siebenten Kapitel gleich darauf auf eine Stelle gestoßen, die ich mir auch noch angestrichen habe (siehe auch gestern hier):
 „Da fiel mir auf einmal die schöne alte Zeit mit solcher Gewalt aufs Herz, daß ich bitterlich hätte weinen mögen, der stille Garten vor dem Schloß in früher Morgenstunde, und wie ich da hinter dem Strauch so glückselig war, ehe mir die dumme Fliege in die Nase flog. Ich konnte mich nicht länger halten. Ich kletterte auf den vergoldeten Zieraten über das Gittertor und schwang mich in den Garten hinunter, woher der Gesang kam. Da bemerkte ich, daß eine schlanke weiße Gestalt von fern hinter einer Pappel stand und mir erst verwundert zusah, als ich über das Gitterwerk kletterte, dann aber auf einmal so schnell durch den dunklen Garten nach dem Hause zuflog, daß man sie im Mondschein kaum füßeln sehen konnte. «Das war sie selbst!» rief ich aus, und das Herz schlug mir vor Freude, denn ich erkannte sie gleich an den kleinen, geschwinden Füßchen wieder. Es war nur schlimm, daß ich mir beim Herunterspringen vom Gartentore den rechten Fuß etwas vertreten hatte, ich mußte daher erst ein paarmal mit dem Beine schlenkern, ehe ich zu dem Hause nachspringen konnte. Aber da hatten sie unterdes Tür und Fenster fest verschlossen. Ich klopfte ganz bescheiden an, horchte und klopfte wieder. Da war es nicht anders, als wenn es drinnen leise flüsterte und kicherte, ja einmal kam es mir vor, als wenn zwei helle Augen zwischen den Jalousien im Mondschein hervorfunkelten. Dann war auf einmal wieder alles still.
Sie weiß nur nicht, daß ich es bin, dachte ich, zog die Geige, die ich allzeit bei mir trage, hervor, spazierte damit auf dem Gange vor dem Hause auf und nieder und spielte und sang das Lied von der schönen Frau und spielte voll Vergnügen alle meine Lieder durch, die ich damals in den schönen Sommernächten im Schloßgarten oder auf der Bank vor dem Zollhause gespielt hatte, daß es weit bis in die Fenster des Schlosses hinüberklang. – Aber es half alles nichts, es rührte und regte sich niemand im ganzen Hause. Da steckte ich endlich meine Geige traurig ein und legte mich auf die Schwelle vor der Haustüre hin, denn ich war sehr müde von dem langen Marsche. Die Nacht war warm, die Blumenbeete vor dem Hause dufteten lieblich, eine Wasserkunst weiter unten im Garten plätscherte immerfort dazwischen. Mir träumte von himmelblauen Blumen, von schönen, dunkelgrünen, einsamen Gründen, wo Quellen rauschten und Bächlein gingen und bunte Vögel wunderbar sangen, bis ich endlich fest einschlief.“

Montag, 21. Mai 2018

Reisefeeling

Ob dazu die Musik von Brian Eno passt? Das Unbestimmte versucht, Gestalt anzunehmen. Oder ob alles „nur“ Projektion ist? Ob man sich hinweg tragen lassen könnte? Weiter, und immer weiter? Ich lese gerade im „Taugenichts“: Den meisten Leuten mag der Gestus von Joseph von Eichendorff seltsam vorkommen. Seltsam. Ob man auch von unserer Zeit loslassen kann und es als Zeugnis einer bestimmten Zeit und ihrer Sehnsüchte lesen kann? Ja klar, lesen ist sowieso out. Aber damals war das die gängige Ausdrucksweise, man war noch weit entfernt von Internet und App. Jedenfalls kann es auf deinen Einfluss ausüben, einen einlullen in eine Stimmung, die immer mehr aus einem selbst zu kommen scheint, je länger man sich ihr aussetzt.
In Joseph von Eichendorffs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ ist die Hauptfigur unterwegs und sinniert im siebenten Kapitel kurz vor Rom über ihren gegenwärtigen Zustand nach. Das „Unterwegs-sein“ ist wohl auch dem „modernen“ Ich nicht ganz ungeläufig. Schon mal eine Parallele. Etwas Gemeinsames. Vielleicht können wir ja profitieren von diesem Feeling. Das Leben als eine Reise. Roadmovie. Fantasy: 
„Ich war Tag und Nacht eilig fortgegangen, denn es sauste mir lange in den Ohren, als kämen die vom Berge mit ihrem Rufen, mit Fackeln und langen Messern noch immer hinter mir drein. Unterwegs erfuhr ich, daß ich nur noch ein paar Meilen von Rom wäre. Da erschrak ich ordentlich vor Freude. Denn von dem prächtigen Rom hatte ich schon zu Hause als Kind viel wunderbare Geschichten gehört, und wenn ich dann an Sonntagnachmittagen vor der Mühle im Grase lag und alles ringsum so stille war, da dachte ich mir Rom wie die ziehenden Wolken über mir, mit wundersamen Bergen und Abgründen am blauen Meer und goldenen Toren und hohen glänzenden Türmen, von denen Engel in goldenen Gewändern sangen. - Die Nacht war schon wieder lange hereingebrochen, und der Mond schien prächtig, als ich endlich auf einem Hügel aus dem Walde heraustrat und auf einmal die Stadt in der Ferne vor mir sah. - Das Meer leuchtete von weitem, der Himmel blitzte und funkelte unübersehbar mit unzähligen Sternen, darunter lag die heilige Stadt, von der man nur einen langen Nebelstreif erkennen konnte wie ein eingeschlafener Löwe auf der stillen Erde, und Berge standen daneben wie dunkle Riesen, die ihn bewachten.
Ich kam nun zuerst auf eine große, einsame Heide, auf der es so grau und still war wie im Grabe. Nur hin und her stand ein altes, verfallenes Gemäuer oder ein trockener, wunderbar gewundener Strauch; manchmal schwirrten Nachtvögel durch die Luft, und mein eigener Schatten strich immerfort lang und dunkel in der Einsamkeit neben mir her. Sie sagen, daß hier eine uralte Stadt und die Frau Venus begraben liegt und die alten Heiden zuweilen noch aus ihren Gräbern heraufsteigen und bei stiller Nacht über die Heide gehen und die Wanderer verwirren. Aber ich ging immer gerade fort und ließ mich nichts anfechten. Denn die Stadt stieg immer deutlicher und prächtiger vor mir herauf, und die hohen Burgen und Tore und goldenen Kuppeln glänzten so herrlich im hellen Mondschein, als ständen wirklich die Engel in goldenen Gewändern auf den Zinnen und sängen durch die stille Nacht herüber.“

Mag auch dieses Blog kaum gelesen werden, so hoffe ich doch, dass der "Taugenichts" ab und zu gelesen wird. 

Samstag, 19. Mai 2018

Glaubwürdigkeit in der Politik

Die Spezialdemokraten hadern offenbar damit, dass sie in der Wählergunst immer weiter abrutschen. Ob sie schon einmal in Erwägung gezogen haben, dass das etwas mit den flotten Wechseln ihres Personals in die Wirtschaft zu tun hat? Zu denen, gegen die man eben noch gewettert hat, wechselt man anscheinend ohne große Scham. Was das mit der Glaubwürdigkeit zu tun hat? Diese Woche war Sigmar Gabriel diesbezüglich in den Schlagzeilen. Aber all die anderen Spitzengenossen haben es ihm ja vorgemacht: Schröder, Steinbrück, Ulla Schmidt, Hannelore Kraft, Florian Gerster (einst Sozialminister des Landes Rheinland-Pfalz und Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit - und jetzt: Vorsitzender des Bundesverbands Paket und Expresslogistik, - ausgerechnet!).... die Reihe ließe sich noch unendlich lang fortsetzen. Auch wird schon gerne mal zur Firma VW gewechselt, wo man ja dank dem Land Niedersachsen in den maßgeblichen Gremien vertreten ist. Ob dies geeignet ist, das Vertrauen in solche Leute zu erwecken? Wie es da wohl mit der Glaubwürdigkeit steht? Man muss ja mit seinen Behauptungen sehr vorsichtig sein, sonst hetzen einem diese Damen und Herren gleich ihre hochbezahlten Anwälte auf den Hals. Die Gegebenheit: von CDU/CSU-Abgeordneten und denen der FDP erwartet man ja nichts anderes. Aber an Spezialdemokraten, die ganz andere Sprüche klopfen, knüpfen sich halt andere Erwartungen. Wenn diese massiv enttäuscht werden, kommt es (noch) zu Abstürzen in der Wählergunst.

Freitag, 18. Mai 2018

Streiflicht

Da hauen sich Technokraten aus dem Berliner Politikestablishment die Argumente um die Ohren, für die sich niemand interessiert, von denen aber nahezu jeder betroffen ist. Ob dabei krasse Lügen zur Sprache kommen, ist letztenendes egal, weil das sowieso niemand hört. "Unterkomplex" ist ein schönes Wort, das sie gebrauchen. Es sollen sich kleine Leute etwas aufbauen können, so spricht der eine Experte. Freibeträge, Baukindergeld, kalte Progression etc. Steuern erhöhen, weil immer noch Einnahmen fehlen. Dadurch soll dann „Gerechtigkeit“ hergestellt werden. Währenddessen soll ein ehemaliger Parteivorsitzender einer Spezial-Partei in bester Tradition seiner Genossen (sie haben das alle so gehalten...und damit eine gewisse Glaubwürdigkeit verspielt) in den Aufsichtsrat eines großen Unternehmens wechseln, das er schon während seiner Zeit als Minister protegiert hat. Stimmt nicht!, so seine bestallten Presse-Lakaien. Es ist ein Aufheulen. Es sei alles anders, wollen einem die kundigen Erklärer weiß machen. Währenddessen kassiert der Staat Steuern und Abgaben in bisher nie gekanntem Ausmaß. Es reicht ihm aber immer noch nicht. Denn anscheinend will er mehr gesellschaftliche Aufgaben wahrnehmen als die, die er einst privatisiert hat, als das noch neoliberale Mode war. Ebenfalls ein Vorsitzender dieser Spezial-Partei hat dieses Privatisieren samt diese damit einhergehenden „Reformen“ ja sehr maßgeblich betrieben und mag dabei so manchem kurz- oder langfristigem „Arbeitslosen“ schwer geschadet haben, indem er ihm ein „Fördern und fordern“ untergejubelt hat. Doch die Partei nicht nur dieses spitzenprominenten Parteivorsitzenden soll und will sich dafür ausgeben, die Partei der kleinen Leute zu sein. Dass diese „kleinen Leute“ an der Tankstelle fast 50 % des Gesamtpreises an Mineralölsteuer zahlen, dass die Mehrwertsteuer gerade sie bei jeder, absolut jeder Ausgabe drückt, was dem guten Zwecke des Staates zugute kommen soll, ist in deren Augen vernachlässigenswert. Der Wohnungsmarkt funktioniert inzwischen sowieso nicht mehr, der Ausgleich zwischen ländlichen und städtischen Strukturen. Der gute Zweck besteht aktuell offenbar darin, dass der Staat mit dem vielen Geld nicht allzuviel anzufangen imstande ist. Investitionen in Bildung, in Infrastruktur.....: Fehlanzeige. Währenddessen feiert das gemeine Volk die Hochzeit von ein paar lächerlichen britischen Traumfiguren und gröhlt die doofen Schlager einer prominent aufgehübschten Popqueen nach. Der Fußball, der in Gestalt eines Paares mit Migrationshintergrund einen miesen Diktator verherrlicht, macht seinen Job auch nicht mehr so gut, indem er jegliches Maß verloren zu haben scheint. Man solle Deutschland nicht schlechtreden, mahnt im Hintergrund der Soldat einer Regierungspartei.

Mittwoch, 16. Mai 2018

Bildung? Welche?

Mich regt allmählich dieser dauernd zu hörende Spruch massiv auf, Bildung sei in unserer Gesellschaft der Schlüssel zu sozialem Aufstieg und zu immerwährendem sozialem Glück. Ich persönlich habe mein Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und Soziologie abgeschlossen. Mit Urkunde und Siegel. Ich hatte und habe keinerlei Chance, dies in den Formen der üblichen Lohnarbeit auszuüben, zu praktizieren oder gar zu eigener Selbstverwirklichung zu formen. Für mich, - und ich kenne genügend Leute, denen es mit ähnlicher Bildung ähnlich erging, - war dies keinerlei sozialer Schlüssel. Bei einigen dieser „Arbeitslosen“ läuft das auf Langzeitarbeitslosigkeit hinaus und auf viel freie Zeit. Sie haben somit die Möglichkeit, ihre humanistische Bildung zu vervollkommnen. Bildung ist heutzutage halt kein Garant mehr für sozialen Aufstieg, ja nicht einmal dafür, dauerhaft zur Mittelschicht zu gehören.
Das Bild der Arbeitslosen, das viele Menschen haben, ist menschenverachtend und in vielen Fällen falsch. „Selbst schuld“, so die oft gehörte Einstellung, "wer will, der kann arbeiten...". Auch Intellektuelle und Wissenschaftler, Vertreter der geistigen Elite, gelten bei der Agentur für Arbeit schon mal als „die Bildungsprekarier“.
Es sollte endlich die Ehrlichkeit einkehren, zu behaupten, dass es bei der ständig geforderten „Bildung“ um eine bestimmte Form der Bildung geht. Und zwar geht es in sehr rigider Form um solche Bildung. Es sollte klar sein, dass es um aufstiegsbezogene Bildung geht. Welche sozialen Kanäle zum gesellschaftlichen Aufstieg führen (führten), dürfte klar sein. Außerdem hat sich längst die Größe „Erfolg“ anstelle des Parameters „Leistung“ in das gesellschaftliche Bewertungssystem eingeschlichen. Es gilt bei möglichst geringem Aufwand möglichst zu verdienen.Welche Berufe dafür in Frage kommen, dürfte klar sein.

Montag, 14. Mai 2018

Kleiderschrankgedanken (3)


Wenn du daran denkst, welche Mengen an Mode produziert wird. Wie schnell alles verkauft wird. Alles von der Stange. Ohne den Zauber des Scheins. Nur Prestige und Profit. Statt „Nachhaltigkeit“ (wieder ein so oft missbrauchtes Modewort...) Wo stehen da meine Gedanken? Spassbremse? Spielverderber? „Gutmensch“? Beobachten. Sich erzählen lassen. Sich in Lebenswelten einfühlen. Ich fühle mich hier und jetzt verkannt und merke gleichzeitig, wie ich in Rollen laviere. Gibt es „faire“ Mode? Was für ein Geschäft ist das? Was bedeuten Hungerlöhne und unmenschliche Arbeitsbedingungen für "uns"? Umweltzerstörung? Einfach ausgelagert. Die anderen sollen schuften. Für „uns“? Aus welchem Jahrhundert stammt eine solche Überheblichkeit? Trägt das zum „christlich-jüdischen Weltbild“ bei? Kinder, die für „uns“ unter unmenschlichen Bedingungen Klamotten zusammennähen? „Unsere“ Sucht nach immer neuen Kleidern? Globale Produktionsketten. Und "unser" Bedürfnis, "dazu zu gehören". Konzerne, die nicht zur Rechenschaft für Menschenrechtsverletzungen gezogen werden. Aber hier gilt: Sich etwas gönnen. Produziert werden kann überall. Hauptsache billig. Der Druck kommt natürlich vom „Konsumenten“. Auf ihn kann man alles abwälzen. Das kennen wir.
Mein Blick fällt auf den vollen Kleiderschrank. Alles biegt sich und ist an der Grenze. Platz schaffen. Erleichtern. Ich war auch einmal einer Marke verfallen, sah ihren Vorteil in der Qualität. Label. Reiste weit zum Outlet-Shop. Das verging, ich hatte die Kohle nicht mehr. Mittlerweile sollen diese „Shops“ ganz bestimmte Ware für den Kunden bereit halten, so heißt es. Schlechter produziertes Zeugs, das dann billiger verkauft wird und nur in diesen Outlet-Shops erhältlich sein soll, so höre ich. Der Kunde würde dadurch ausgetrickst, so ist zu erfahren. Die Spuren früheren Outlet-Shoppings haben sich bei mir im Schrank abgelagert. Ich habe es nicht über mich gebracht, das Zeugs hinaus zu werfen, als es mir nicht mehr passte. Ob jetzt ein T-Shirt weniger kosten muss als ein Kaffee? Ob wir nicht vielmehr weniger konsumieren müssten? "Nachhaltigeres"? Was macht die Politik? Erfindet Etiketten der „Selbstverpflichtung“, die gut gemeint sein mögen, aber dann doch mehr zur Bemäntelung und Verschleierung beitragen.

Sonntag, 13. Mai 2018

Kleiderschrankgedanken (2)

Meine „Kleiderschrankgedanken" treiben mich weiter. Mir kommt in den Sinn, dass riesige Geldbeträge für Mode ausgegeben werden. Es gilt dadurch, das eigene Ego auszustaffieren und zu betonen, ihm eine Aura der Einzigartigkeit zu verschaffen (ich denke: das alles durch eine möglichst billig in der Dritten Welt gefertigte Massenware....! seltsam...). Es gilt, sich zu unterscheiden und dabei zu sein in einer Gruppe. Mehr und mehr an sich zu raffen. Konsum als sozialer Ersatz für Aktivität. Viele Klamotten, die Menschen kaufen, sind von sehr schlechter Qualität und schnell kaputt. So ist man gezwungen, immer wieder shoppen zu gehen und diese Kleidungsstücke zu ersetzen. Ob ich da teilnehmen will? Zum Verdienst von Milliardären und Konzernen beitragen, die Steuervermeidung betreiben, indem sie ihre Kohle in sogenannte „Steueroasen“ beiseite schaffen. Rana Plaza in Bangla Desh: innerhalb von etwa 90 Sekunden starben hier mehr als 1000 Menschen. Textilfabrik. Schlechte Sicherheitsvorkehrungen und Bedingungen. Ein paar Schlagzeilen hier. Und ein bisschen Symbolik. Die unmenschlichen Arbeitszeiten und miserablen Löhne sollen aber bis heute so sein wie damals. Geändert soll sich nicht viel haben, so meine Information. Modebranche, namhafte Klamottenhersteller und Lifestyle-Konzerne sollen direkt und indirekt verwickelt sein. Doch hier hat sich „Fast Fashion“ noch beschleunigt. Rein, raus. Das kann weg. Und jenes. Das macht es mir schwer. Eigentlich will ich da nicht dabei sein, obwohl das „Dabeisein“ ja eine solch immense Bedeutung hat. Mode meint oft Distinktion, Abgrenzung und Ausschluss. 
Man muss nicht weit zurück treten, um das nicht alles sehr befremdlich zu finden.

Samstag, 12. Mai 2018

Kleiderschrankgedanken


Es muss Platz geschaffen werden im Schrank, die Dinge, die Kleidungsteile haben sich gehäuft und ich habe es zu lange Jahre nicht übers Herz gebracht, Sachen wegzuwerfen. Hätte ich aber tun sollen. Jetzt häuft sich alles, verstopft, lastet auf mir und der Decke, die mich vom unteren Stockwerk drängt. Mir kommt in den Sinn, dass vor etwa 5 Jahren in Bangla Desh eine Textilfabrik zusammengebrochen ist, unter anderem wegen baulicher Mängel. Wir haben es alle gesehen und vgehört in den Medien. Doch bes scheint, dasss seitdem nicht viel passiert ist. Unzählige Menschen sind dabei umgekommen. Sie haben den Preis dafür bezahlt, dass hier alle Textilien so billig geworden sind. Der Bereich der Klamotten, der eng mit der Mode und ihren Machern verknüpft ist, ist eine Art Durchlauferhitzer, der immer schneller läuft, der vorne einsaugt und hinten ausspuckt. Es herrschen jetzt ddie Konzerne der Bekleidungsindustrie, die ihre Artikel jeweils dort einkaufen, wo die Lohnkosten billig sind und wo die logistischen Bedingungen günstig sind, das heißt, wo das Zeug schnell hierher in den Bereich des Turbokonsums geschafft werden kann. Da scheint es dann den hochpreisigen Bereich zu geben (mitt elen „maßgeblichen“ Zeitschriften, Hochglanzpublikationen, mondänen Schauen und mondänen Auftritten) und – mittlerweile – den des schnellen und billigen Konsums minderwertiger Ware. Kaufrausch. Shopping, shopping, shopping.... Diese Ware scheint nur darauf ausgelegt zu sein, ein paar mal getragen und dann weggeworfen zu werden. Ob das unhaltbar ist? Verachtend? Der Erde und den Menschen schadend? Ob ich da mitmachen will, indem ich jetzt Sachen wegwerfe? Mir geht durch den Sinn, dass ich auch einen Second-Hand-Laden ausprobieren könnte. Ob ich dort ausgelacht werde, weil meine Sachen zu alt und unattraktiv sind? Ich schaue am Schrank entlang und denke, dass da noch ziemlich viel ziemlich gut ist. Vielleicht stammt es auch noch aus einer anderen Zeit, in der es nicht so sehr um schnellen Konsum ging?

Freitag, 11. Mai 2018

Selbstvergötterung

Die Mär vom heiligen Ich hat uns (zu) lange bewegt. Das war zu einer bestimmten Zeit richtig. Doch jetzt im Zeitalter der permanenten Selbstverwirklichung und der Selbstoptimierung stellen sich neue Fragen. Das schreibt einer, der von Leuten wie Hermann Hesse wesentlich motiviert wurde. Ja klar, da ist die alte romantische Idee vom Genie des Ich und den daran gebundenen Folgen. Daran zweifele ich inzwischen, obwohl ich genau solch ein Romantiker bin. Mittlerweile sehe ich das Kombinieren von Vorgefundenem oder des Vorproduzierten mit eigenen Abweichungen, ich sehe meine Marotten oder Spleens anders. Ich kann darin einen Weg erkennen. Ich glaube nicht (mehr) daran, das Ganze stets neu erfinden zu müssen oder es zu können. Ich sehe stets einen Zusammenhang, gerade heute, wo das Netz uns hinein ziehen will in die scheinbaren Schwärme, in die „Intelligenz der Vielen“, - die ich freilich auch bezweifle, da ich sie zu oft als pures Mitläufertum erlebte - oder als „Folge“ einer ganz bestimmten Sozialisation. Dass oft Profitinteressen dahinter stecken, ist mir durchaus geläufig. Es ist wohl so, dass nichts im luftleeren Raum entsteht und der Mensch ohnehin ein soziales Wesen ist, - womit ich keineswegs einem Traditionalismus das Wort rede. Dass beispielsweise Musiker sich selbst wichtig nehmen, ist richtig und wichtig als Arbeitshypothese, aber wohl nicht so recht als Lebenseinstellung.
Der große Zampano sein, der anderen erklärt, wie's geht oder „es“ funktioniert, war ich nie. Dazu drängte sich muir zu oft der Zweifel auf. Wohl auch deshalb bin ich nie Lehrer geworden. Bei mir geht zudem auch noch der Zufall in eine Sache ein. Woher er kommt? Aus dem Augenblick, der von so vielem beeinflusst ist und dem ich meist eine magische Bedeutung zugeschrieben habe. Aber auch aus der Vergangenheit, die auf verschiedene Weise in uns ruht. Aus erworbenen Routinen, aus Automatismen der Abläufe, die uns unbewuisst bestimmen können. Die Leute sind mittlerweile auf mannigfache Weise sozialisiert und in Daten umgewandelt, per Algorithmen völlig anonymisiert, - ohne dass sie es merken.

Donnerstag, 10. Mai 2018

Lebenswelten

Die Bilder haben mich beeindruckt und scheinen bei mir zu bleiben: Der Minister Jens Spahn, wie er da mit von cleveren PR-Beratern vorbereitetem Kuchen bei der Hartz4-Dame anrückt und wie er dann mit fettem Dienstwagen abgeholt wird, um einfach schnell mal zu verschwinden. War hier Kommunikation und gegenseitiges Informieren oder „Aufeinandereingehen“? Oder war das nur eine Simulation davon, ein Theaterstück? Mir scheint eher (es mag falsch und ungerecht sein...), dass da zwei Lebenswelten aufeinander geprallt sind. Dialog unmöglich. Auch fand ich beeindruckend, wie der Spezialdemokraten-Vize Thorsten Schäfer-Gümpel darauf reagierte, als ihm vorgeführt wurde, was alles bei den LKW-Fahrern im Argen liege (miserabler Stundenlohn, monatelanger Aufanthalt im LKW-Cockpit u.a.). Da müsse etwas gemacht werden, fand er in bester Politiker-Manier. Als die Frage danach auftauchte, was denn gemacht werden müsse, verfiel er in überraschende Ratlosigkeit, sein Einflüsterer konnte ihm dazu auch nichts sagen. Das erinnerte mich an die Ratlosigkeit einer Andrea Nahles, als sie in der „Heute-Show“ nach den „Jobs auf Abruf“ gefragt wurde und was sie denn dagegen unternehmen wolle. Da rannte sie davon und ließ auf ihre Referentin verweisen. Gefeiert wird sie aber, weil sie einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 durchgesetzt hat. Auch wenn dieser millionenfach unterlaufen wird. Öffentliche Bankrotterklärungen, im Falle von Gümpel auch noch erfreulich ehrlich.

Dienstag, 8. Mai 2018

Heimat (1)

Heimat, das ist eine Landschaft, - und mehr. Der Wunsch, dazu zu gehören, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Einen Ort zu haben, an dem man sich nicht erklären muss. Das Gefühl, willkommen zu sein. Einen Ort haben, an dem man sich sicher fühlt. Eine Erinnerung an die Kindheit, als die Welt einem vertraut erschien. Wurzeln haben. Heimat könnte Aufbruch und Rückkehr bedeuten. Immer mehr Leute fürchten sich davor, sie zu verlieren – und damit ihre Identität. Es herrschen Landflucht auf dem Dorf und steigende Mieten in den Städten. Eines aber scheint überall wichtig zu sein: Alle müssen flexibel sein und sich durchkämpfen in einer globalisierten und durchkapitalisierten Welt. Jetzt, wo die früher in SciFi-Literatur vorgedachte Zukunft Wirklichkeit wird, könnten wir gar keine Zukunft mehr haben. Es scheint eine Welt entstanden zu sein, die Entmaterialisierung bedeutet. Alles scheint ähnlicher zu werden, gleich zu werden, alles verschwimmt, Menschen sind in den neoliberalen Zusammenhängen „Humankapital“. Verwurzelung und Identität scheint angesichts dessen das am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele zu sein. Aktuell scheinen sich Leute davor zu fürchten, durch Überfremdung ihre Heimat zu verlieren. Da bedeutet auch Clans und Ahnen, denen wir verbunden sind, ohne dass wir das wollen. Es gibt Menschen, die glauben, dass Heimatverbundenheit nicht unbedingt mit der Angst vor Fremden verknüpft sein muss. Heimat sei nicht unbedingt, so glauben Leute, nicht an den Ort gebunden, an dem man geboren wurde. Der Heimatbegriff, so halten manche Soziologen dagegen, zeige genau die Trennlinie zwischen der akademisch gebildeten, im Urbanen lebenden Mittelschicht und der traditionellen, oftmals noch der Industriemoderne verhafteten Mittelschicht.
Die Heimatfraktion sei in die Defensive geraten. Linksliberale Kosmopoliten predigten Heimatliebe ohne Ausgrenzung und würden damit Gefahr laufen, heuchlerisch zu sein. Denn diese klassisch Linksliberalen werfen anderen etwas vor, was sie selbst tun. Und zwar werfen sie anderen vor, dass sie Migranten und Flüchtlinge nicht integrieren würden. Sie selbst seien aber gar nicht erst in der Situation, dass sie mit Flüchtlingen und Migranten konfrontiert seien, weil sie in derart gefilterten und abgefederten Lebensumständen leben, dass Migranten für sie keine Problematik darstellten. 
Darin, was Heimat sein soll und wie sie geschützt werden soll, zeigt sich insofern auch die Spaltung der Gesellschaft. Sehr offensichtlich wurde dies übrigens in den Berichten über prominente Amtsträger der Sozialdemokraten, die ihre Sprösslinge auf teure Internate und Privatschulen schicken und keineswegs daran glauben, was sie dauernd predigen. Der empirische Beleg dafür könnte sein, dass sie ihre Sprösslinge auf teure Privatschulen schicken. Dass es nicht darum gehen soll, woher man kommt, könnte aber auch ein Mythos sein. Denn Heimat ist gerade nicht nur Option und freie Wahl. Man ist bedingt durch das, was schon war. Heimat ist gerade nicht das, was man durch freien Willen sich wählt. Man ist hinein gewachsen. Auch durch Sozialisation. Man versteht die Leute in dieser Heimat unwillkürlich besser, agiert und bewegt sich wie selbstverständlich, wie im Schlaf. Es gibt den Ort der Geburt als Schicksal. Man ist hinein geboren worden, hat ihn sich nicht heraus gesucht. Wir sind nicht nur autonome Menschen. Wir sind auch durch unsere Herkunft und unsere Geschichte, durch Zufälle, Glück und Unglück geprägt.


Montag, 7. Mai 2018

Physik als "esoterische" Wissenschaft

Ich habe jetzt mehrfach gelesen, vernommen, von wohlmeinenden Geistern mitgekriegt, dass Physiker als Kosmologen wohl immer mehr in Richtung Esoterik abrutschten. Zweifellos ist so etwas als Abwertung und Geringschätzung gemeint. Es soll für diejenigen gelten, die sich einem "wissenschaftlichen Weltbild" entziehen. In Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: wissenschaftliche Erkenntnis legt geradezu nahe, dass es nicht nur Paralleluniversen, sondern eine unendliche Zahl von Universen gibt. Wow! Alles, was machbar ist, könnte irgendwo geschehen. Gleich nebenan. Nur durch eine Membran von uns getrennt.
Doch wie kommen wir dorthin? Können wir Paralelluniversen erreichen? Wie man dazu kommt, ist ein Rätsel, dass zukünftige Wissenschaft lösen müsste. Schon heute diskutieren Wissenschaftler, ob nicht die massiven Gravitationsfelder in schwarzen Löchern, denen nicht mal Licht entkommt, Portale sind, durch die man in andere Universen gelangt. Vielleicht können wir ja einmal schwarze Löcher als Übergang zu anderen Orten nutzen, die nicht zu unserem Universum gehören. Die Mathematik sagt, dass ein sich drehendes schwarzes Loch zu einem Ring aus Neutronen kollabiert. Wenn man durch diesen die Hand strecken würde, dann greift man in ein anderes Universum. Bizarr. Nun ja, den Menschen einer gar nicht so lange vergangenen Vergangenheit wären Flugzeuge, Raketen und Smartphones auch bizarr vorgekommen. Sind wir erst von einem Universum ins nächste gereist, gibt es keine Grenzen mehr. Doch noch gibt es vieles, was wir uns nicht erklären können. Dies als „unwissenschaftlich“ zu bezeichnen, wäre ziemlich unwissenschaftlich. Klingt esoterisch, klar. Oder doch zumindest philosophisch. Doch nicht umsonst nannte man die Naturphysiker früher „Naturphilosophen“.

Sonntag, 6. Mai 2018

Wohlstand für wen?

Deutschland geht es gut. So gut wie fast noch nie. Wir haben die Beweise sogar per Zahlen. Statistik. Die Arbeitslosenzahlen nehmen ständig ab. Ob das aber die ganze Wahrheit ist? Was ist mit der dauernd steigenden Obdachlosigkeit, dem immer größer und fordernder werdenden Zuspruch bei „den Tafeln“? Da tun dann ahnungslose Politiker Sprüche raus, die ihnen „Profil“ verschaffen sollen und eigentlich bloß bezeugen, wie weit sie möglicherweise von dieser Realität entfernt sind. Und überhaupt: Ob der große Niedriglohnsektor nicht maßgeblich dazu beiträgt, dass die „Besserverdienenden“ (zu denen zweifellos die Politiker gehören) solche Sprüche raushauen können? Ob sich unsere Gesellschaft nicht inzwischen in mindestens drei Teile aufteilt? Die „Gutverdienenden“. Die Arbeiter und Angestellten. Und das Prekariat. Eine Dreiteilung. Ob das Prekariat öffentlich auch zu Wort kommt? „Selbst schuld“, so das unausgesprochene Verdikt. Ob das noch in die sogenannte Globalisierung passt? Klaro, es scheint konsequent neoliberal gedacht zu sein. Doch die Fragwürdigkeiten einer solchen Annahme scheinen sich herumgesprochen zu haben. Wieso eigentlich muss „Strukturwandel“ und müssen „Reformen“ immer zum Abbau von Arbeitsnehmerrechten und zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führen? Ein neuer Ansatz täte Not. Nicht nur ein Mitschwimmen. Klaro, das kann sich niemand leisten. Es gilt, die Macht nicht den Managern großer Konzerne und den Lenkern von der Politik zu überlassen. Macron sah anfangs danach aus. Doch jetzt scheint sich alles in bekannte Richtungen zu bewegen. Eine Art nachgeholter Agenda 2010. Die Arbeitslosen striezen, schikanieren und unter Druck setzen. Ob das „Fördern und fordern“ ist?

Samstag, 5. Mai 2018

Zum Geburtstag

Alle geben sie jetzt ihren Senf zum Geburtstag von Karl Marx. Was für ein toller Analytiker er gewesen sei und was für schaurige Schlüsse andere daraus gezogern hätten! Ich frage mich, wieso dann Begriffe wie „Entfremdung“ oder „Verdinglichung“ in die Politik und die Erkenntnis anderer Bestimmer eingewandert sind. Wieso man sie jetzt zu Sonntagsbegriffen machen will, - ganz gut getroffen, aber ansonsten....“ - die uns nichts mehr bedeuten können. Fest steht, dass der Mann etwas bewirkt hat, am meisten bei seinen „Erben“, die oft über Leichen gegangen sind. Die Dialektik falsch verstanden haben, indem sie sich im Besitz einer absoluten Wahrheit wähnten, die durch „Berufsrevolutionäre“ und „Kader“ blutig durchgesetzt werden müssten. Jämmerliche Spießer oft, kleingeistige Idioten und erbarmunslose Ledergesichter. Womöglich hatte Marx mit denen nicht allzuviel gemein. Aber das sind alles akademische Fragen für die, die für sich in Anspruch nehmen, Marx verstanden zu haben. Womöglich war der Marx einer, der es mit den Mächtigen, gleich welcher Couleur, nicht hatte. Heute kennen sie das Klischee, das andere aus ihm gemacht haben: den alten Rauschebart, in dessen Namen so viel Verbrechen begangen worden sind. Dies scheint mit die exakt gleiche Verkennung wie zuvor: erst hatte er in allem recht, jetzt ist er in allem einem Irrtum aufgesessen.

Freitag, 4. Mai 2018

KI und AI, Digitalisierung

Ob die Künstliche Intelligenz nicht doch ein Eigenleben entfalten und uns eines Tages beherrschen könnte? Uralte Ängste werden wahr. Ja klar, wir sind Bedenkenträger angesichts eines bedingungslosen amerikanischen Optimismus, den wir alte Kulturpessimisten aus Europa normalerweise an Silicon Valley festzumachen geneigt sind. Ob die Künstliche Intelligenz überhaupt schon so intelligent ist oder ob ein paar gewonnene Brettspiele nicht vielmehr für die fleißige Geschicklichkeit von Programmierern zeugen? Zweifel werden laut.... Roboter und Computer übernehmen die Macht.... für und gegen wen? Hm. Mensch oder Maschine? Es ist kein neues Thema. Die Science-Fiction-Literatur und die aus ihr hervor gegangenen Filme haben sich schon lange damit befasst. Eigenständiges Lernen von Computern und Roboter? Sich die Welt selbst erschließen..... Eigenständig? Ob das schon möglich ist? Oder ob uns da Kampfbegriffe übergestülpt werden sollen? Ob wir überrannt werden sollen? Künstliche Intelligenz scheint jedenfalls der Begriff der Stunde. Obwohl ihn niemand versteht. Ob da Vorsicht geboten ist? Es gesellt sich der Begriff „Digitalisierung“, "vernetzte Arbeitswelten" und „Industrie 4.0“ dazu, der Ängste um den Verlust von Arbeitsplätzen entstehen lässt. Computer sollen selbst lernen können. Wer kontrolliert dann wen? Ob aus Helfern Herrscher werden? Ob wir die Kontrolle verlieren? Die Arbeit? Die uns doch so wichtig ist, weil sie offenbar unsere Identität ausmacht? Die Machbarkeit und die Technik scheinen alles möglich zu machen. Naive Rundgänge von Politikern auf einschlägigen Ausstellungen sollen uns das Thema schmackhaft machen. Peinlich genug. Ob das alles etwas mit einfältigem  Fortschrittsglaube zu tun hat? Dass alles immer besser wird, besonders wenn wir auf dem Pfad des ungebremsten Wachstum bleiben?

Donnerstag, 3. Mai 2018

Machbarkeitsmenschen

Ingenieure. Die Herrscher einer neuen Welt. Das sind die, die händeringend als „qualifiziertes Personal“ und „Facharbeiter“ gesucht werden. Von denen es sowieso jahrzehntelang immer zu wenig gab, ganz im Gegensatz zu den Geistes- und Sozialwissenschaftlern, denjenigen, die sich Gedanken um Zusammenhänge machen. Doch allmählich erheben sich Fragen der Legitimation, für die diese Ingenieure sowieso nie zuständig waren. Sie führten nur aus, was ihnen andere Menschen vorgaben. Sklavisch genau. Kreativ. Doch wieso schwimmen dann so viele Plastikpartikel in den Weltmeeren? Ob ihnen da keine Vorgaben gemacht worden sind? Oder wenigstens nicht rechtzeitig? Das Problem ist erkannt. Doch wo sind die möglichen Lösungen? Die Techniker scheinen so lange zu versagen, bis ihnen eine mächtige wirtschaftliche Instanz samt ihrer „Menschenführer“ Vorgaben macht. Wozu das führt, wird immer deutlicher. Dazu brauchte es nicht einmal Tschernobyl und Fukuschima. Doch die rational wirtschaftliche Umsetzung scheint alles zu heiligen: einer der Glaubenssätze der „Globalisierung“. Ob die Welt daran zugrunde gehen wird? Das Experiment ist big, aber nicht too big to fail.....

Mittwoch, 2. Mai 2018

Zusammenhänge und Bildung

Es könnte uns ja auch um Allgemeingültigkeit gehen, darum, Zusammenhänge entdecken und herleiten können. Dass das Bildungssystem darauf immer weniger ausgelegt ist, mag kein Zufall sein. Es geht wohl darum, möglichst willfährige Spezialisten und Fachidioten heranzuziehen, Ingenieure eines genau definierten und komplett vorgegebenen Gebietes zu dressieren, trainieren und abzurichten. So manch einer mag sich da denken, dass da die alte Disziplin der Philosophie eine korrigierende Rolle spielen könnte. Doch möglicherweise besteht auch ein Problem darin, dass die Hochschul-Philosophie heute hochgradig spezialisiert ist. Jeder Dozent beackert ein bestimmtes Gebiet, arbeitet sich an einem (genau vordefinierten und komplett vorgegebenen) Problem ab, und zwar nicht auf eine integrative Weise. Im Grunde müht er sich oft auch als Fachidiot. Seine „Erkenntnisse“ werden wohl sowieso eingehen in eine unbestimmte Flut, einen Flow dessen, was als „Erkenntnis“ vorgegeben und vordefiniert ist. Er ist zu Publikationen gezwungen, sich zu äußern um jeden Preis, auch wenn sich ihm Zusammenhänge noch lange nicht erschlossen haben. Und die anderen, die an den Universitäten arbeiten, sind zum größten Teil Historiker, also Leute, die sich exzellent mit Platon auskennen, aber sich keine Gedanken über die Gegenwart also Altbausanierung im Bereich des Geistes machen. Die Bildungspolitik beschäftigt sich vor allem mit der Züchtung von Spezialisten, die eine bestimmte Aufgabe zu lösen versuchen, die ihnen irgendeine Instanz (meist eine am maximalen Profit ausgerichtete Firma) gestellt hat. In welchem Zusammenhang diese Aufgabe stehen könnte, scheint ihr/ihm wenig interessant. Das ist vorgegeben, in bestimmten Disziplinen sogar maßgeblich von ökonomischen Interessen. „Grundlagenforschung“ an den Hochschulen ist da schnell in die Verwettungsinteressen der Industrie überführt. Der sogenannte Geisteswissenschaftliche Bereich erscheint in solchen Zusammenhängen als eine Art Hobby-Wissenschaftlertum, das hauptsächlich um sich selbst kreist, womit diese Kreise wohl nicht so ganz unrecht haben, weil sich die Geisteswissenschaften gefügig gemacht haben. Es ging wohl zu lange um Reputation im Elfenbeiturm und um verbeamtete Stellen, die sichere Renten bringen würden (was sich inzwischen auch stark geändert hat).