Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 29. September 2019

Demokratie wagen

Man könnte mehr Demokratie wagen. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass die sogenannte Politikverdrossenheit angesichts solcher Bewegungen wie „Friday for Future“ vorbei sei, doch scheint es mir angesichts verschiedener digitaler Entwicklungen und neuer Partizipationsmöglichkeiten von Bürgern nun doch angezeigt, neue Formen der Demokratie zu entwickeln und somit gewissen populistischen Bestrebungen entgegen zu treten (und nicht nur durch „klare Kante“). Dies mag auch für kleinere Organisationseinheiten wie Gemeinden gelten, auch wenn dort die politischen Verhältnisse ganz besonders verkrustet scheinen. Dass hierbei in Deutschland das meiner Meinung nach verräterische Diktum des FDP-Lindner, dass Bürger die Politik gefälligst den „Profis“ zu überlassen hätten, nicht gerade förderlich sein kann, ist klar. Dahinter mag die Meinung stehen, dass der Bürger sowieso zu doof und wenig informiert sei, um sachgerechte Entscheidungen herbei zu führen. Spätestens seit dem digitalen Zeitalter, in dem sich jeder zu jedem Thema informieren kann, ist das vorbei. Das Problem ist mehr als deutlich: dass nämlich gewisse Politiker, - besonders „Spitzenpolitiker“ - ihre Entscheidungen nicht alleine aufgrund von Informationen zu fällen scheinen, sondern dabei auch wirtschaftliche und durchsetzungsstarke Interessen eine große Rolle spielen. Die Durchmischung ist einfach zu offensichtlich instransparent. Aktueller Fall: Jener ehemalige Ministerpräsident, der Vorsitzender der „Kohlekommission“ war und nun im Anschluss an diesen Posten flugs zur Kohleindustrie gewechselt ist. Auch erscheint die Verquickung von wirtschaftlichen Ämtern (meist Aufsichtsräte) und politischem Mandat ziemlich undurchsichtig, auch wenn der Bundestag zu einer Veröffentlichung (auch per Internet) gezwungen sein müsste. Ziemlich gewöhnlich erscheint auch schon die gängige Praxis, nach kurzer Schonfrist zu einem „Amt“ in der Wirtschaft zu wechseln (meist als „Berater“ oder Lobbyist“), das gut honoriert die Möglichkeit bietet, die als politischer Mandatsträger erworbenen „Beziehungen“ („Networking“) gewinnbringend für ein Unternehmen einzusetzen. Insbesondere bei den Spezialdemokraten scheint hier eine gewisse „Inkonsequenz“ öfters aufzufallen. Dass sich angesichts solcher Vorgänge große Teile der Bürger von der Politik und jeglicher aktiver Mitwirkung abwenden, erscheint fast schon logisch. Zu groß scheint ihnen die Verquickung von Wirtschaft und Politik. Geradezu mafiöse Strukturen (was die herrschende Klasse natürlich empört zurück weist) scheinen ihnen da am Werke zu sein, die auf jeden Fall stärker zu sein scheinen, als der Wille zu irgendeiner Form demokratischer Mitwirkung. Politikverdrossenheit ist insofern etwas, was nicht einfach weg ist, sondern sich in einem neuen Verhältnis zur
Politik mischt.

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