Man könnte mehr Demokratie
wagen. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass die sogenannte
Politikverdrossenheit angesichts solcher Bewegungen wie „Friday for
Future“ vorbei sei, doch scheint es mir angesichts verschiedener
digitaler Entwicklungen und neuer Partizipationsmöglichkeiten von
Bürgern nun doch angezeigt, neue Formen der Demokratie zu entwickeln
und somit gewissen populistischen Bestrebungen entgegen zu treten
(und nicht nur durch „klare Kante“). Dies mag auch für kleinere Organisationseinheiten wie Gemeinden gelten, auch wenn dort die politischen Verhältnisse ganz besonders verkrustet scheinen. Dass hierbei in Deutschland
das meiner Meinung nach verräterische Diktum des FDP-Lindner, dass
Bürger die Politik gefälligst den „Profis“ zu überlassen
hätten, nicht gerade förderlich sein kann, ist klar. Dahinter mag
die Meinung stehen, dass der Bürger sowieso zu doof und wenig
informiert sei, um sachgerechte Entscheidungen herbei zu führen.
Spätestens seit dem digitalen Zeitalter, in dem sich jeder zu jedem
Thema informieren kann, ist das vorbei. Das Problem ist mehr als
deutlich: dass nämlich gewisse Politiker, - besonders
„Spitzenpolitiker“ - ihre Entscheidungen nicht alleine aufgrund
von Informationen zu fällen scheinen, sondern dabei auch
wirtschaftliche und durchsetzungsstarke Interessen eine große Rolle
spielen. Die Durchmischung ist einfach zu offensichtlich
instransparent. Aktueller Fall: Jener ehemalige Ministerpräsident,
der Vorsitzender der „Kohlekommission“ war und nun im Anschluss
an diesen Posten flugs zur Kohleindustrie gewechselt ist. Auch
erscheint die Verquickung von wirtschaftlichen Ämtern (meist
Aufsichtsräte) und politischem Mandat ziemlich undurchsichtig, auch
wenn der Bundestag zu einer Veröffentlichung (auch per Internet)
gezwungen sein müsste. Ziemlich gewöhnlich erscheint auch schon die
gängige Praxis, nach kurzer Schonfrist zu einem „Amt“ in der
Wirtschaft zu wechseln (meist als „Berater“ oder Lobbyist“),
das gut honoriert die Möglichkeit bietet, die als politischer
Mandatsträger erworbenen „Beziehungen“ („Networking“)
gewinnbringend für ein Unternehmen einzusetzen. Insbesondere bei den
Spezialdemokraten scheint hier eine gewisse „Inkonsequenz“ öfters
aufzufallen. Dass sich angesichts solcher Vorgänge große Teile der
Bürger von der Politik und jeglicher aktiver Mitwirkung abwenden, erscheint
fast schon logisch. Zu groß scheint ihnen die Verquickung von
Wirtschaft und Politik. Geradezu mafiöse Strukturen (was die
herrschende Klasse natürlich empört zurück weist) scheinen ihnen
da am Werke zu sein, die auf jeden Fall stärker zu sein scheinen,
als der Wille zu irgendeiner Form demokratischer Mitwirkung. Politikverdrossenheit ist insofern etwas, was nicht einfach weg ist, sondern sich in einem neuen Verhältnis zur
Politik mischt.
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