Dienstag, 22. April 2025

Siechen

Ich fange an, Fehler zu machen. Ich stürze nachts, falle auf die Hand und leide unter Blutergüssen, um mich an den folgenden Tagen darüber zu wundern, warum diese Hand so weh tut. Ich muss mir sagen lassen, dass ich so gut wie nichts mehr verdiene. Ich habe Angst vor dem Finanzamt und anderen Behörden. Ob ich mir irgendetwas zuschulden habe kommen lassen, ohne dass ich jetzt davon weiß? Ob ich einen wichtigen Antrag nicht gestellt habe? Nicht fristgerecht? Ich habe mir irgendwann irgendwas in den Fuß getreten, die Sohle tut ab und zu weh. Könnte schlimmer sein. Damit müsse man leben, höre ich. Ich bin schwer gestürzt, die Ärzte haben mich wieder zusammen geflickt und mir einen Herzschrittmacher verpasst. Danke! Ein Jahr später steht das Gesundheitssystem offenbar am Abgrund. Notstand. Intensivbetten. Beatmungsgeräte. Atemmasken. Corona. Wer weiß, wie ich unter solchen Umständen hätte behandelt werden können. Ob es einen Kunstfehler gegeben hat? Jedenfalls musste ich diesen Eingriff wiederholen lassen. Er war nicht gelungen. Ja, dieses Ich fängt an, sich zu wichtig zu nehmen. Trotz aller Gelassenheit. Zu sehr, das ist mir bewusst. Ich trage das Bild meiner Eltern in mir. Weil es mir wertvoll ist. Weil es sich in mir abgebildet hat. Auf mannigfache Weise. Es ist immer zu wenig, was ich für sie tun konnte. Zu schlecht. Ich wünsche mir oft, ich könnte mehr, wäre realistischer. Es ist immer eine Reparatur, eine defensive Sache. Das Schlimmste verhindern. Muss mich für das alles oft auch beschimpfen lassen. Über allem kommt auch noch der Tod immer näher. Das heißt: ich bin älter geworden, meine Möglichkeiten werden weniger und es wird mir das alles bewusst.

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