Postheroismus? Ein Begriff, ein Schlagwort, eine
Phrase, ein Platzhalter. Ein Imponiergehabe von hippen Akademikern,
speziell Politikwissenschaftlern und Soziologen, die sich auf der Höhe der Zeit fühlen. Nach der Postmoderne
und der postindustriellen Produktion scheinen wir nach ihrer Meinung
über den Postkommunismus und die Postdemokratie direkt in die
postheroische Gesellschaft zu geraten. Wir seien uns zwar
grundsätzlich einig, dass sich das Verhältnis der westlichen
Gesellschaften zum Helden wandelt. Diese Gesellschaften schaffen das
Heroische jedoch nach und nach ab - aus politischen, ökonomischen,
kulturellen und psychologischen Gründen. Helden erscheinen, sagt
man in der Politikwissenschaft, wo die Gefahr am größten ist. Held ist der Mensch, der das
Kind aus den Flammen rettet. Der gegen die ungerechte Herrschaft des
Tyrannen aufsteht (gerade jetzt ein "Topos"). Der in der Schlacht die wankende Linie wieder zum
Angriff führt. Der in einer Welt der Lüge die Wahrheit verkündet. Der sein Leben für alle gibt. Der durch seinen Märtyrertod zum Vorbild und zur Verpflichtung wird.
Symbolische Ordnungen brauchen Helden. Die Nation. Die Religion. Die
Idee. Die Revolution. Die Bewegung. Die Fußball-Europameisterschaft
lieferte dafür genügend Anschauungsmaterial.
Nicht so einig ist man sich bei der Frage, ob das nun
etwas Gutes oder etwas Schlechtes ist. Die postheroischen
Gesellschaften wie etwa die in Deutschland sind in der Zukunft wohl
kaum fähig, militärischen Bedrohungen zu begegnen. Es heißt, dass
es an dieser Stelle einer stärkeren Machtentfaltung bedarf durch ein
geeintes supranationales Europa, das eine Strategie entwickelt, wie
man mit den neuen asymmetrischen Bedrohungen umgehen könnte.
Wir sind postheroische Gesellschaften, weil wir
(beispielsweise ) keinen Überschuss an jungen Leuten haben. Und wir
sind postheroische Gesellschaften, weil wir religiös kalte
Gesellschaften sind, das heißt, dass Opfer nicht mehr emphatisch
denken können. Mitfühlend. Und wenn wir in Kategorien des Opfers denken, dann
eher im Modell des „Victim“, also des zum Opfer werdens, -
verbunden mit der Frage, wo meine Versicherungspolice ist und welche
Ansprüche ich geltend machen kann. Es ist dieser Begriff also im
Sinne des Geldes und nicht mehr in dem des Heiligen. Wir sind
keine Krieger mehr, sondern Händler. Eine Händlergesellschaft ist
diejenige, die ein Risiko eingeht, das nie das eines Leib und Lebens
ist. Es gibt wohl Restformen des Opfers, aber die sind eher in der
Zivil- als in der Marktgesellschaft angesiedelt. Die Vorstellung,
dass du dein Leben geben musst, für welche Idee auch immer, ist
eine, die einer Händler- und Marktgesellschaft zutiefst fremd ist. Das heißt aber, dass man sich
Gedanken darüber machen muss, dass eine solche Gesellschaft nicht
ein wehrloses Objekt anderer Akteure ist, sondern dass sie den
Herausforderungen einigermaßen gewachsen ist, denen sie ausgesetzt ist. Diese
Herausforderungen kann man benennen: das ist der Zerfall der Ordnung
im postimperialen Raum. Die großen Reiche und die kolonialen Kunstgebilde sind zerfallen und zerfallen immer weiter. Was jetzt?
Gleichzeitig bedeutet es die Unfähigkeit, den Menschen, die aus diesen Räumen
flüchten, aufzunehmen, weil das selbst mit einem großen Herzen und viel Leidenschaft nicht bewältigbar ist. Also müssen wir uns Gedanken darüber
machen, wie wir diese Räume stabilisieren. Wir haben die
Vorstellung, dass dafür die ökonomische Macht wichtiger und
langfristiger ist als militärische Macht. Deswegen neigen wir dazu,
den Gewaltakteuren dieser Regionen ihre Gewaltoption abzukaufen. Wir
sagen ihnen: Wenn ihr auf die Gewalt verzichtet, werden wir euch
Wirtschaftshilfe dieser oder jener Art geben.... und dann werden wir auch dies und jenes tun.
Das ist die erste Option, die postheroische Gesellschaften haben
(nämlich günstige Kaufangebote zu machen). Man kann das moralisch
beschreiben, indem man sagt, dass das eigentlich eine sehr
unehrenhafte Form ist, aber das würde schon wieder etwas aus dem Bereich des Heroischen bedeuten.
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