Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Sonntag, 27. Juli 2025
Röchelgrunzer
Er war einer, der für mich das Schaurige mit einbezog, war ich doch allein durch mein Studium mit dem Expressionismus befasst, in den er trefflich zu passen schien: Tom Waits. Da war das Ungerade, Umgeschlachte, aber auch das Aufgeblähte, der Vaudeville, viel durchlöcherter, verlumpter Jazz, Musical, Jahrmarkt- und Kirmesmusik, Ironie, Humor, Unfassbares. Er warf Fragmentiertes in den Raum, blendete auch das Hässliche stark auf, das Leiden, das Röchelnde, er beschrie das Düstere, beschwor es, wobei er für seine Szene ungewöhnliche Instrumente einsetzte, Marimbas, Oboen, Fagott, Klarinette… etc. Damit schien er allzuoft auf dem Friedhof zu landen, aber auch auf der Abfallhalde. Er brachte Falsches in Anschlag, zelebrierte Sentimentalitäten, das Richtige im Falschen - nur, um es im nächsten Song an scharfkantigen Realitäten zerschellen zu lassen. Er schien oft aus einer Gosse zu tönen und dem Sensenmann auf der Spur zu sein. Da war kein Schöngesang, eher ein grölendes Herausstoßen von Versen, Lauten Klängen, Grunzereien, oft durch ein verzerrendes Sprachrohr des übel Unverdauten gestoßen, des Beschimpften, Versoffenen Tremolo, da war ein Keuchen, das in Brecht/Weill-ähnliche Landschaften führte, da war ein durch Abwasserschächte hindurch aufgenommenes Taumeln und Stolpern, ein Plärren und Geröchel, das mich manchmal ins Erschrecken führte, weg von den Plastikwelten. Jetzt sind da für mich nur noch die Vinylscheiben, aber auch die CDs.
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