Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 22. November 2024

Rentenmuse

Ich lese in der Zeitung die Kritik eines geschätzten und als Redakteur fest angestellten Journalisten, der seinen Artikel damit einleitet, dass er davon schreibt, wie frisch gebackene Rentner ihren Rentenbescheid in den Aktenordner stecken, um anschließend „zum Riesenschach in den Stadtgarten“ zu ziehen, „zum Bingo-Nachmittag oder für acht Wochen nach Madeira“. Es scheint mir dies typisch für Journalisten, die nur sich und ihre Verhältnisse im Blickfeld haben. Die, wenn sie es clever angefangen haben, zu den Besserverdienenden gehören oder gehören werden. Die sich für gewisse Zeit auf andere Realitäten einlassen, nur um sie sobald wie möglich und so gründlich wie möglich wieder zu verlassen. Vielleicht zum Bingo in den Abend oder zum Riesenschach in den Stadtgarten, das wäre für viele noch möglich. Aber darüber hinaus? Die Altersarmut beginnt meiner Meinung nach auf breiter Front an der deutschen Gesellschaft heftig zu nagen und viele Rentner können sich die 8 Wochen auf Madeira nicht mehr leisten. Das Abrutschen von einst fest installierten Karrieren ist ja längst Slang und Redewendung unter den Journalisten. Von den „Abgehängten“ und „Verlierern“ ist da ja auch immer wieder zu lesen. Die Realität ändert sich rasant und scheint eine abschüssige Bahn zu sein. Es polarisiert sich alles. Die besser Gestellten und Gutverdiener, denen die Talkrunden oft eine akademische Bildung zuschreiben und ansonsten mit einer „Prominenz“ auf das Publikum kommen. Die 8 Wochen in Madeira können sich diese „besser Gestellten“ sehr wohl leisten. Auch in Zukunft. Mag die Gegenwart und Zukunft noch so krisengeschüttelt sein. Ob aber die anderen immer mehr werden? Diejenigen, die sich so etwas nicht leisten können? Wo soll man sich selbst in diesem Umfeld ansiedeln? Kommt man darin überhaupt vor oder ist man von vornherein einer dieser „Verlierer“ und „Abgehängten“?

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