Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 7. Oktober 2017

Statistik, Wissenschaft, Mensch (1)

Was mich als ausgebildeten Statistiker immer wieder stört, ist die Verwendung und „Benutzung“ gewisser Zahlden in einem eindeutig definierten Interesse oder in dem stumpfen Vorsatz, gewisse Vorurteile im eigenen Interesse zu stützen. Berühmt ist ja das Beispiel, dass sich ohne Probleme ein Zusammenhang zwischen der Zahl der Geburten und der Häufigkeit der in einem bestimmten Gebiet auftretenden Störche herstellen ließ und lässt. Aber genauso gibt es Beispiele dafür, wie ein Zusammenhang zwischen Tierliebe und Arbeitnehmerfreundlichkeit hergestellt wurde. Statistische Zusammenhänge herzustellen ist nicht schwer. Es kommt aber darauf an, welcher Art diese Zusammenhänge sind. Entscheidend ist auch, in welcher Situation gewisse Fragen in Umfragen gestellt werden. Wenn ich beispielsweise vor einem Parkplatz frage, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich dort Autobesitzer befrage, ziemlich hoch und ich kann meine Ergebnisse nicht unbedingt verallgemeinern. Dies wird in einem bestimmten Segment des Journalismus aber oft getan, indem reißerische Überschriften produziert werden. Meist wird in einer solchen Journaille ein Beleg aus irgendeiner amerikanischen oder englischen Studie dafür herangezogen. Ein ganz wesentlicher Punkt bei solchen Manövern ist es, ob es einen kausalen (also einen in der Sache begründeten) oder einen rein statistischen Zusammenhang (zwei Phänomene in einen statistischen Zusammenhang zu bringen, den es nicht gibt, ist oft keine große Schwierigkeit) zwischen zwei Phänomenen gibt. Dies sollte auch jeder Laie berücksichtigen, wenn er sich mir reißerischen Schlagzeilen in den Medien konfrontiert sieht. Vielleicht sollte er in seine Erkenntnis auch einfließen lassen, dass viele „Wissenschaftler“ sich durch die Mechanismen des Wissenschaftsbetriebs gezwungen sehen, etwas zu veröffentlichen, egal was. Daraus resultieren oft scheinbare „Beweise“, die aus einem Randphänomen das Wichtigste machen oder Zufallsergebnisse als das Relevanteste „verkaufen“.
Besonders beliebt sind derartige Verbiegungen und „Formungen“ statistischer Ergebnisse in der Politik und im Gesundheitswesen. Das Beispiel der vielfach beeinflussten Arbeitsstatistiken ist ja bekannt, muss aber wegen fehlender Alternativen immer wieder akzeptiert werden. Eine wichtige Faustregel: es kommt immer darauf an, wie etwas definiert wird, wie es für eine Untersuchung „passend gemacht“ wird. Wie es gefasst wird. Danach richten sich dann auch Ergebnisse, die als „seriös“ verkauft werden können, um nahezu jedem Ergebnis ein wisenschaftliches Mäntelchen umzulegen. Die sogenannte Schere zwischen „Arm und Reich“ ist ein gutes Beispiel dafür. Wähle ich die „richtigen“ Untersuchungsparameter und definiere ich Phänomene in einem bestimmten Interesse, so lässt sich auf diesem Gebiet nahezu alles beweisen, auch gegen die offenkundige Überzeugungskraft des Augenscheins, den die Wissenschaft gerne als „empirisch“ definiert, den sie aber ohne Probleme wegdefinieren kann, weil er auf einer zu geringen „Stichprobe“ resultiert und keinerlei Beweiswert habe. Erst die Menge der so erhobenen Daten schaffe so etwas wie „Beweiskraft“. Weil aber Alltgagserfahrung selten darauf aufbaut, dass wissenschaftlich einwandfreie Daten (u.a. auchsauber dokumentiert) erhoben werden, ist sie noch nicht unbedingt wertlos. (in unregelmäßig folgenden Blogs werden weitere Beispiele und Phänomene erwähnt....)

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