Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 23. April 2017

Narzissmus (1)

Caravaggio malte sein berühmtes Bild „Narziss“ Ende des sechzehnten Jahrhunderts und Ovid hatte lange zuvor schon die betreffende Geschichte geschaffen (hier aus „Wikipedia“ zitiert): Narziss wurde von Jünglingen und Mädchen gleichermaßen umworben, war aber stolz auf seine eigene Schönheit erfüllt und wies all seine Verehrer und Verehrerinnen herzlos zurück. Diese Kränkung widerfuhr auch der Bergnymphe Echo und dem Bewerber Ameinios, dem Narziss ein Schwert zukommen ließ. Zwar brachte sich Ameinios noch auf der Türschwelle mit dem erhaltenen Schwert um, nicht aber ohne zuvor die Götter anzurufen, seinen Tod zu rächen. Nemesis (nach anderen Quellen Artemis) hörte die Bitte und strafte Narziss mit unstillbarer Selbstliebe: Als er sich in der unberührten Natur bei einer Wasserquelle niederließ, verliebte er sich in sein eigenes Spiegelbild. Narziss erkannte die Unerfüllbarkeit seiner Liebe, ohne dass es ihm etwas nützte: Er verzehrte sich und verschmachtete vor seinem Ebenbild bis zum Tod. Seine letzten Worte wiederholte Echo: „Ach, du hoffnungslos geliebter Knabe, lebe wohl!“ Statt seines Leichnams fanden die Dryaden eine Narzisse“.
Heutzutage gilt aber auch und dürfte sich auf narzisstische Impulse stützen: die gernzenlose Entblößung in den Medien, insbesondere in den sozialen Medien samt die Vorführung aufgeblasener Wichtigkeit in den Talksshows und vieler anderer Phänomene: Das „Ich“ und seine Optimierung scheint eine „Herausforderung“ der Zeit. Die Stufe der schmerzhaften Bewusstwerdung und der langen Suche wird dabei gerne mal übersprungen. Es gilt Egozentrismus, Eigensucht, fehlende Empathie, Überheblichkeit und die Entwertung anderer. Sie scheinen im Trend eines gnadenlosen Neoliberalismus zu liegen, der auf allen Ebenen unsere Gesellschaft schon seit langem zu prägen scheint. Doch Finanzkrise und Schuldenfallen der Staaten haben längst zur Verunsicherung beigetragen. Narzissmus galt zwar einst als Sünde oder als Privileg der Mächtigen, hat offensichtlich aber von seiner Strahlkraft verloren. Nichtsdestrotz trat in der Politik ein neuer Typ eines Despoten immer mehr zu Tage, der mit seinem eingebildeten oder realen Charisma die Realität zu prägen scheint. Da werden Leute zu Präsidenten oder wollen sich zu solchen machen. (Später mehr)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen