Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 10. Dezember 2017

Demokratie als Idee und Realität

Demokratie und Mitbestimmung haben mit dem Buchdruck zu tun und den sich daraus ergebenden Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten. Lesen und schreiben zu können wurde etwas, was nicht nur auf die Eliten (meist der Klerus) beschränkt war. Es entstand eine Debattenkultur (nicht nur der Kundigen, sondern auch der Informierten) und die Notwendigkeit zur sofortigen Entscheidung bestimmter Dinge rückte mehr in den Hintergrund. Es entstand auch die Möglichkeit zur Reflektion, zum Nachdenken über bestimmte Problemstellungen. Die unmittelbare Anwesenheit, wie etwa in der Antike, beschränkte sich nun immer mehr auf eine eher symbolische, wahrgenommen durch Repräsentanten.
In heutigen System einer repräsentativen Demokratie jedoch steckt die Annahme, dass Parlamentarismus nur etwas für fachkundige Abgeordnete einer repräsentativen Demokratie sei, die angesichts komplexer Problemstellungen meist den Rat von „Experten“ hinzuziehen sollten. Dass diese „Experten“ inzwischen aber meist Lobbyisten und Drahtzieher mächtiger Interessen sind, macht die gegenwärtige Problemlage mit aus. Es scheint die Wirtschaft mit ihren Strippenziehern völlig undemokratisch den Gang der Dinge zu bestimmen (bis hin zu der mittlerweile recht bekannt gewordenen Tatsache, dass solche „Interessenvertreter“ oft Büros in den Ministerien haben und die Gesetzestexte gleich selbst schreiben!) und sehr viel weniger der Souverän, das Volk. Herbei eilen auch sofort riesige Beraterstäbe und Nichtregierungsorganisationen, die mit dem Anspruch größerer Sachkompetenz ausgestattet sind. Wollte „das Volk“ mitbestimmen, sollte es freilich gerade angesichts des immer komplexer werdenden Regelungsbedarfs möglichst informiert und kundig sein. Das kostet Zeit und führt unter Umständen zum Verzicht auf Erwerbschancen. Außerdem sollte es sich nicht durch „Fake-News“, alternative Fakten und ähnliche Phänomene bei der politischen Urteilskraft und Entscheidungsfindung beeinflussen lassen. Ob dies unter den heutigen Bedingungen überhaupt möglich ist, mag Gegenstand einer Auseinandersetzung sein. Die dazu nötigen Zeitopfer vermögen vielleicht auch nur die ökonomisch dazu fähigen Mitglieder einer weitgehend passiven und die Politik nur konsumierenden Gesellschaft aufzubringen. Wo solche Größen wie etwa der Begriff „Verantwortung“ dabei bleiben, in welcher Weise sie etwa einbezogen sind in die Entscheidungsfindung, wo und wie sie greifen, ist eine weitere unbeantwortete Frage.

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