Demokratie und Mitbestimmung haben mit dem Buchdruck
zu tun und den sich daraus ergebenden Kommunikations- und
Informationsmöglichkeiten. Lesen und schreiben zu können wurde
etwas, was nicht nur auf die Eliten (meist der Klerus) beschränkt
war. Es entstand eine Debattenkultur (nicht nur der Kundigen, sondern
auch der Informierten) und die Notwendigkeit zur sofortigen
Entscheidung bestimmter Dinge rückte mehr in den Hintergrund. Es
entstand auch die Möglichkeit zur Reflektion, zum Nachdenken über
bestimmte Problemstellungen. Die unmittelbare Anwesenheit, wie etwa
in der Antike, beschränkte sich nun immer mehr auf eine eher
symbolische, wahrgenommen durch Repräsentanten.
In heutigen System einer repräsentativen Demokratie
jedoch steckt die Annahme, dass Parlamentarismus nur etwas für
fachkundige Abgeordnete einer repräsentativen Demokratie sei, die
angesichts komplexer Problemstellungen meist den Rat von „Experten“
hinzuziehen sollten. Dass diese „Experten“ inzwischen aber meist
Lobbyisten und Drahtzieher mächtiger Interessen sind, macht die
gegenwärtige Problemlage mit aus. Es scheint die Wirtschaft mit
ihren Strippenziehern völlig undemokratisch den Gang der Dinge zu
bestimmen (bis hin zu der mittlerweile recht bekannt gewordenen
Tatsache, dass solche „Interessenvertreter“ oft Büros in den
Ministerien haben und die Gesetzestexte gleich selbst schreiben!) und
sehr viel weniger der Souverän, das Volk. Herbei eilen auch sofort
riesige Beraterstäbe und Nichtregierungsorganisationen, die mit dem
Anspruch größerer Sachkompetenz ausgestattet sind. Wollte „das
Volk“ mitbestimmen, sollte es freilich gerade angesichts des immer
komplexer werdenden Regelungsbedarfs möglichst informiert und kundig
sein. Das kostet Zeit und führt unter Umständen zum Verzicht auf
Erwerbschancen. Außerdem sollte es sich nicht durch „Fake-News“,
alternative Fakten und ähnliche Phänomene bei der politischen
Urteilskraft und Entscheidungsfindung beeinflussen lassen. Ob dies
unter den heutigen Bedingungen überhaupt möglich ist, mag
Gegenstand einer Auseinandersetzung sein. Die dazu nötigen Zeitopfer
vermögen vielleicht auch nur die ökonomisch dazu fähigen
Mitglieder einer weitgehend passiven und die Politik nur
konsumierenden Gesellschaft aufzubringen. Wo solche Größen wie etwa
der Begriff „Verantwortung“ dabei bleiben, in welcher Weise sie
etwa einbezogen sind in die Entscheidungsfindung, wo und wie sie
greifen, ist eine weitere unbeantwortete Frage.
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