Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Freitag, 8. Dezember 2017
Demokratie, neue Ansätze
Das Gefühl, aus der Ferne und nach kaum
nachvollziehbaren Kriterien regiert zu werden, ist ein Grund für die
Unzufriedenheit Vieler mit dem politischen System. Es breitet sich
ein Gefühl aus, das besagt, dass all die Abgeordneten und Minister,
die den Einflüsterungen von Lobbyverbänden ausgesetzt sind, ja,
dass die gesamte Exekutive nicht mehr die Bevölkerung repräsentiert.
Im aktuellen Bundestag mit seinen 709 Abgeordneten gibt es 22%
Juristen und 7% Politologen. In der deutschen Bevölkerung aber gibt
es nur 0,6 % Juristen und 0,01 % Politologen. Ob das einer
repräsentativen Demokratie entspricht? Unmut erzeugt es in jedem
Falle. Beispielsweise in Irland wird in dieser Hinsicht radikal
experimentiert. Das neu eingeführte Element heißt „Demokratie per
Losverfahren“ und wurde schon in klassischen Staatsform der
Demokratie der Griechen praktiziert. Der „Rat der 500“, die
Volksversammlung und sogar das oberste Gericht wurden durch Los
ermittelt. Noch einmal: im alten Griechenland wurden neben den
politischen Entscheidern sogar die juristischen Entscheider per
Losverfahren ermittelt, alle Ämter wurden auf Zeit zugelost. Beides
galt für eine gewisse Zeit. Danach gab es „Neuwahlen“, in diesem
Falle „Neubestimmungen“. Politiker sind nicht länger „die da
oben“. Es gilt vielmehr ein Verfahren der Teilnahme. Es gibt dort
„Bürgerversammlungen“. In ihr geht es durchaus um wichtige
Grundsatzfragen und Fragen, die die Allgemeinheit sehr betreffen.
Ihre Teilnehmer sind Laien, keine Spezialisten oder „Experten“.
Man tauscht in dieser Versammlung Argumente aus, versucht, den
Anderen zu verstehen. Man ändert die Meinung, wenn jemand anderes
überzeugend war. 99 Iren aller Bevölkerungsschichten machen ein
Jahr lang Politik, alle zufällig ausgewählt per Los. Jeder bekommt
den ganzen Entscheidungsprozess mit, kann sich ernst genommen fühlen.
Wie Gesetzentwürfe zu Gesetzen werden, - hier soll es transparent
werden. Statistiken werden gewälzt, Experten werden gehört. Es gibt
keine Hinterzimmergespräche, und es wird live ins Netz übertragen.
Es wird abgestimmt und der Regierung eine Handlungsempfehlung
gegeben. Die Bürger mehr einbinden in den politischen
Entscheidungsprozess, ob das eine schlechte Idee ist? Ob das hierzulande,
wo noch nicht einmal ein Lobbyregister existiert, auch mal eine
Überlegung wert wäre?
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