Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 31. Januar 2015

Deutschland global

Wir sollten vielleicht wissen, von welchem Ausgangspunkt unsere Reise beginnt und wo wir sind. Hier an diesem Ort, in "schland", heißt das seit vergangenem Sommer: „Wir sind Weltmeister“, - eine Zeitungsheadline belehrt „Was die Welt von uns lernen kann“. Wow! London veranstaltet im British Museum eine bewundernde Ausstellung über Deutschland und seine Wirtschaft. Andere zollen der Kanzlerin ihren willfährigen Respekt, damit sie mit Waffen beliefert werden. Wir sollten unsere alltägliche Umgebung besser kennen lernen und einen Blick für sie entwickeln, ehe wir ins Anderswo aufbrechen. Wir sollten uns auch der dunklen Flecken bewusst werden, die das Gesamtbild trüben. Auch sollten wir das, was uns als Selbstverständlichkeit eingeredet wird, als nicht allzu selbstverständlich betrachten. Selbst mit der sogenannten Wirtschaftskraft in Deutschland war es noch vor 10 Jahren nicht weit her, als „schland“ in Europa als lahme Ente verschrieenen war und uns mit ernsten Worten in oberwichtigen Medien ein „Gürtel enger schnallen“ und ein „Fit machen für den globalen Markt“ abverlangt war, das unter anderem einen permanenten Lohnverzicht der Gewerkschaften zur Folge hatte. Dass dabei die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wurden, wird heute gerne mit allerlei Zahlen geschönt, ist dem sozialen Ausgleich und Zusammenhalt dieser Weltmeister nicht unbedingt förderlich. Es könnte ja sein, das sich wirtschaftliche Entwicklung in Zyklen vollzieht und dass wir abhängig von Europa wären. Von der Euro-Einführung hat Deutschland ja ohnehin weit überproportional profitiert. Nachdem wir Exportweltmeister alle anderen in Europa überholt und ausgenutzt haben, könnte da vielleicht gar nichts mehr zu holen sein. Nachdem „schland“ nahezu alles dem wirtschaftlichen Erfolg untergeordnet hat, ist vielleicht nicht allzuviel übrig geblieben. So etwas wie Wärme oder Solidarität unter Menschen scheint hier jedenfalls kaum zu spüren zu sein. Solches scheint sich in unsäglichen Zurschaustellungen von Fußballweltmeistern zu erschöpfen. Es herrscht der eiskalte Wettlauf ums Geld, der alle gefügig macht.  

Freitag, 30. Januar 2015

Ein Blick

Donnerstag, 29. Januar 2015

Reisen, eine Flucht?

Das Reisen könnte auch eine Form der Flucht vor der Wirklichkeit sein, das Abgleiten in ein fern erträumtes Glück. Es könnte zu einem Ort führen, wo vermeintlich alles besser oder zumindest doch schöner und wesentlicher ist, als der Alltag hier. Es könnte die Flucht bedeuten, in eine Paralellwelt, in der man noch so sein kann, wie man ist. In der Lebensgenuss, das Unterwegssein und die Intensität noch etwas gelten. Besonders die Begüterten konnten sich früher so etwas leisten. Mittlerweile erlaubt der Massentourismus jedem eine Form davon. Wer sich das persönlich dosieren und die Ressourcen für sich nützen kann, mag da im Vorteil sein. Es könnte aber auch eine Illusion sein, einen Vorteil daraus ziehen zu wollen, schlicht nur „woanders“ gewesen zu sein, stolz darauf zu verweisen oder ganz besondere Glaubwürdigkeit daraus abzuleiten. Ohne falsche Scham vor Kerosinverbrauch flugs durch die Welt zu jetten, mag auch in ökologischer Hinsicht nicht unbedingt sinnvoll sein. Das Fischen im Unbekannten, das sich sehenen nach Zauberwäldern ist etwas, was früher eine gewisse Berechtigung hatte. Im Zeitalter der Globalisierung ist nahezu jeder Winkel der Welt auf irgendeine Art schnell zu erreichen. Was soll da eine Schifffahrt um das „Kap der guten Hoffnung“? Eine Wüstensafari zu den armen Beduinen, die wohl zu recht darauf bedacht sind, Touristen möglichst für ihre Zwecke auszunehmen? Ist Gastfreundschaft eine Projektion? Wo gibt es sie? Wird sie zunehmend überlagert vom global als letztes Ideal ausgegebenen Profitstreben? Möglicherweise brauchen wir viel Zeit und eine Intensität, die auch mal von uns selbst kommen muss, um so etwas heraus zu finden. 

Mittwoch, 28. Januar 2015

Postkarte aus Florenz

Europa und EU

Ich wollte durch meine Städtereisen ein bisschen ein Gefühl für Europa bekommen: Berlin, London, Paris, Budapest, Barcelona, Lissabon, usw. Es gelang nach meinem Geschmack auch ziemlich gut. Sehr förderlich ist es da, sich möglichst wenig um die sogenannte Logistik kümmern zu müssen (Welches Flugzeug oder welche Bahn hat wo Verspätung? Wo ist die Anfahrtsstelle zum Hotel, wohin mit dem Gepäck? wo bezahle ich... usw). Gerade im außereuropäischen Ausland hatte ich mich zuvor stark als Europäer empfunden und wollte diesem Gefühl auch eine sinnliche Basis geben. Ich wollte große Städte besuchen, eingedenk dessen, dass sich drum herum in der oft diskriminierten „Provinz“ durchaus ein anderes Leben vollzieht. Ich wollte die Kultur des jeweiligen Landes besser kennen lernen, oberflächlich, - zugegebenermaßen. Ich wollte näher ran kommen an das, was Europa bedeuten könnte.
Was waren wir enttäuscht nach der letzten Europa-Wahl!: das Amt des Kommissionspräsidenten wurde auf möglichst undurchsichtige Weise ausgedealt zwischen den Linken und den Rechten. Die politischen Tonangeber der jeweiligen Staaten machten dabei auch noch irgendwie mit. Mit Jean-Claude Juncker machten sie dann ausgerechnet den zu ihrem Vorsitzenden, der als Ministerpräsident in Luxemburg alles dafür getan hatte, damit Großkonzerne vorbei an allen nationalen Steuergesetzgebungen möglichst viel Steuern sparen konnten. Grotesk. Luxemburg als die beste Steueroase in ganz Europa! Zudem machte er reihenweise wohl diejenigen zu EU-Kommissaren, die anerkanntermaßen am wenigsten geeignet dafür waren, weil sie mutmaßlich Europa umgangen und ausgetrickst hatten. Er bestellte aus seltsamen Proporzüberlegungen oder anderen machtpolitischen Erwägungen heraus nach allgemeiner Meinung eine Reihe völlig ungeeigneter Kommissarinnen und Kommissare. Ob so etwas zur Motivation für Brüssel und die EU beiträgt? 
Hierzulande wurden solche Vorgänge öffentlich flankiert von Pressevertretern, die schon aus Routine und langjähriger Gewohnheit dem Brüsseler Wasserkopf das Wort redeten und ihre Funktion massiv missbrauchten, indem sie allzu offensichtliche und einseitige Agitation für diese marode EU betrieben. Diese EU wurde als "alternativlos" beschrieben (um ein nicht nur in der Politik beliebtes Wort zu bemühen, das unter anderem auch auf die eigene Denkfaulheit weist...). Es wurde auf diese Weise alles dafür getan, um den Eindruck zu erwecken, dass in Brüssel eine riesige und sehr undemokratische Superbürokratie sitzt, die unter dem Einfluss von Lobbyisten aller Art sogar Geheimverhandlungen mit den USA über unsere Konsum- und Alltagswelt in Europa führt. Geheim? Geheim vor uns, die die möglicherweise unter dem Einfluss von Wirtschaftslobbyisten beschlossenen Regeln betreffen sollen? Ob sich da die EU ein bisschen selbst ad absurdum führt? Ob sie jegliches Gefühl für Europa abwürgt?       

Dienstag, 27. Januar 2015

Reisen daheim und in der Welt

    Viele Menschen reisen in scheinbar ferne Länder, kennen aber ihre nähere Umgebung kaum. Diese Leute reden gerne über Orte wie Mallorca, Ibiza, Pukhet oder die Kanaren, sie träumen von den Seychellen und den Malediven, kennen aber den nahe gelegenen Hügel in der Nachbarschaft nicht. Ihnen fehlt möglicherweise auch die Neugier dafür. Zum Beispiel können Dinge einen Namen zu dem Zwecke haben, dass wir ihre Einmaligkeit erkennen. Dass wir darüber nachdenken, wie sie durch ihr Dasein unsere Existenz beeinflussen, - oder auch nicht, indem sie nur da sind und uns zufällig umgeben. Heimat? Was ist das für ein belasteter Begriff!? Sollten wir nichtsdestotrotz neu darüber nachdenken? Einen offenen Blick für unsere unmittelbare Umgebung entwickeln? Vielleicht sogar eine Ahnung davon, dass wir ein unbedeutender Teil dieses Ganzen sind?
    Wie kann ein Reisender die gewonnenen Eindrücke reflektieren, wenn ihm die Wurzeln und die Voraussetzungen fehlen? Wenn er nicht einmal weiß, wo er selbst ist und wie ihn dies beeinflusst haben könnte? Indem wir uns in der Welt umsehen, könnten wir ein reiferes Bewusstsein dafür herausbilden, was uns umgibt, welche Wurzeln wir hier haben. Wie die Lebensweise uns geprägt hat. Was uns alles beeinflusst hat, ob bewusst oder unbewusst. "Reisen bildet", diese Behauptung scheint allgemeines Wissen zu sein. Aber Reisen bildet nur, wenn uns dadurch Schlüsse und Erfahrungen zuwachsen. Die Basis hierfür kann vielleicht daheim gelegt werden. Eigentliches Reisen und Erfahrung sammeln in der Welt braucht Zeit und eine innere Ruhe, die einem dann die Kraft zum Nachdenken verschaffen kann! Zum Nachdenken und Abwägen. So  bringt es einen gesunden Abstand zu uns selbst und lässt uns gleichzeitig bewusster leben. 

Montag, 26. Januar 2015

Kreislaufgedanken

Wir könnten irgendwohin kommen und Menschen als Freunde erfahren. Im nächsten Augenblick könnten wir wieder woanders sein. Wir könnten die Natur als Kontinuum erahnen, als das, was uns einen winzigen Augenblick während unserer Existenz begleitet in der wunderbaren Gleichgültigkeit des Werdens über Millionen und Milliarden von Jahren hinweg. Und so haben beispielsweise Seen oder Berge eine ganz andere Identität, ein unbewusstes und nicht abgegrenztes Eingebettetsein in dieses Werden und Vergehen, in die wir uns vielleicht nur vage hineinfühlen können. Wir müssen einen gewaltigen Part unseres kleinen Zeitbudgets, das uns hier auf dieser Erde vergönnt ist, aufwenden, um so etwas nahe kommen zu können. Wir können uns hineinfallen lassen in ein Spekulieren darüber, was es sein könnte, - aber kaum darüber, was es im kosmischen Zusammenhang bedeuten könnte. Dazu reichen unsere Möglichkeiten wohl kaum aus. Aber Berge, Ozeane und Wüsten einerseits, Pflanzen, Tiere und Molekülzusammenballungen der eher flüchtigen Art könnten vielleicht Wegweiser für uns sein. Wir kommen ihnen umso näher, je fremder sie uns zunächst erscheinen. Wir gewinnen dadurch nämlich eine andere Distanz zu ihnen, wir betrachten sie vielmehr als ein Phänomen, das uns nicht mit Vertrautheit darüber hinweg täuschen kann, dass es auch Teil einen großen Kreislaufes ist.

Sonntag, 25. Januar 2015

Werbesport

Ich machte gestern das, was ich schon lange nicht mehr gemacht habe: ich verfolgte eine Folge von Sportübertragungen im Fernsehen. Dabei drängten sich mir Gedanken über diese Sportler als Promotoren des Leistungsgedankens auf. Sie sind Leitfiguren in unserer Gesellschaft, die das Ideal der Leistung den Arbeitenden gegenüber propagieren sollen. Es mag unsinnig sein, auf ihre Weise Slalom zu fahren, auf mit heftig spritfressenden Bullys plan planierten Routen oder mit energiereich per Schneekanone aufbereitetem Kunstschnee auf präparierten Rennpisten in Ziele hinein abzufahren, die ihrerseits für die jeweiligen Wintersportorte Promotion abgeben sollen und ein Image prägen, eine Marke. Egal. Blödsinn rules. Money is making Money. Leistung. Es gilt nur der Erfolg, der daraus resultiert: Weltmeisterschaft, Europameisterschaft, Weltcup. Erster sein. Bester. Gewinnen. Was aus einer Leistung sonst noch resultieren könnte, interessiert nicht mehr. Gewiss, das „Sich messen“ ist eine Ureigenschaft des Menschen, sehr wohl. Wer kann höher, schneller, weiter? Aber dies ins Extreme voranzutreiben, mag das Kennzeichen des sogenannten Spitzensports sein. Unter anderem ist dies auch an der Dopingproblematik ersichtlich: Es gilt das Siegen um jeden Preis - und sich beim Schummeln möglichst nicht erwischen lassen! Zweck: einen besseren Preis für sich erzielen! Leistung als Mittel zum Zweck. In einer anderen Wirklichkeit: um einen Preis, um Kohle, um ein Image. Der Zweck heiligt die Mittel.
Konzerne und Marken sollen profitieren: zu Plakatsäulen gewordene Sportler sind sich da offenbar zu keiner Albernheit zu schade. Andernfalls dürften sie ja beim „Großereignis“ nicht starten, weil ja die zahlungskräftigen Sponsoren längst die Herrschaft bei solchen „Events“ übernommen haben.
Jawohl, man könnte ja mal den Blickwinkel wechseln! Nur so zum Spiel. Sich einlassen auf diese Welt. Es wenigstens versuchen. Man könnte sich dann einiger Dinge bewusst werden: Zum Beispiel, dass es auch um die Zerstörung der Alpen geht! Um die Betonierung von Natur. Um ihre Gefügigmachung zugunsten der Interessen derer, die es sich leisten können. Zugunsten einer Ausbreitung der "Fun-Kultur". Freizeitindustrie. Alles macht Spass für denjenigen, der es sich leisten kann. Es? Fun is Fun. 
Es geht womöglich um Imagetransfer: Leistungsikonen werden Werbeträger, weil sie in Werbespots und durch Verträge straff verhandelt und rigoros absichert mit einer bestimmten Marke telefonieren oder ein bestimmtes Auto fahren. Die Botschaft für den „Konsumenten“ lautet dann wohl unter anderem: wenn ich dieselbe Marke benutze, werde ich so "erfolgreich" wie diese Person. Wie lächerlich ist das denn?
Ich verfolge die Übertragung und gerate dadurch in eine ganze Welt von Logos und Emblemen, die alle auf die Warenwelt weisen. Egal, welche Einstellung das Fernsehen präsentiert: da ist immer ein Logo, ein Schriftzug, Autos, Biermarken, Skimarken, Reifen, Softdrinks - es ist einfach viel zu viel! Overkill. Ich kann mir kaum noch vorstellen, dass das einzelne Logo noch für sich und auf jemanden wirkt. Diese Welt besteht nur noch aus Marken, zwischen denen irgendwelche „Stars“ als Interviewpartner hervorgrinsen und vor Werbewänden Sprüche dazu klopfen, „wie es denn so war“. Gut sichtbar sollte dabei der Verweis auch auf die Internetadresse sein. Oder die Zipfelmütze mit Firmenlogo. Ob das peinlich ist? Früher, ja früher, als alles besser war, hätte man so etwas als "wandelnde Litfassäulen" bezeichnet und den "sauberen Sport" gefordert. Das ist natürlich längst überholt. Man muss ja "mit der Zeit gehen". "Professionell" sein. Die omnipräsente Anwesenheit der Werbewelt scheint im Sport selbstverständlich geworden zu sein, weil sich alle daran gewöhnt haben. Mittlerweile sind diese menschlichen Leistungsmaschinen, die uns da als „Sportler“ präsentiert werden, längst Werbeträger geworden.... im Zweifel sind da auch Überlegungen zu Menschenrechten und derart "sentimentales Zeugs" völlig egal. Die Kohle heiligt alles, so die Botschaft. Nicht nur Rennfahrer und Fußballspieler machen dort die Kohle, wo man sie hinschickt. Sie sind Söldner ihres Salärs, das ihnen aus Werbeetats dann zukommt, wenn sie „erfolgreich“ sind. Ich begreife ein bisschen besser: Es ist dies eine eigene Sinnwelt mit eigenen Werten und Selbstverständlichkeiten.  

Samstag, 24. Januar 2015

In selbstverständlichen Gewissheiten

Es gibt wohl Sinn- und Lebenswelten, die sich speziell in den Industrienationen immer mehr ausdifferenzieren. Zeichen, Rituale, Verhaltensweisen und Bezüglichkeiten, mit denen wir uns jeden Tag dieser Realität wieder versichern. Ein Rapper aus der sozialen Unterschicht geht mit seinen „Gewissheiten“ durch seine Welt, ein Konzernlenker badet in der Selbstverständlichkeit, dass ihm seine Mitmenschen alltäglich alle jederzeit gefügig seien und dass seine Limousine samt dem mit einer lächerlichen Uniform angetanen Chauffeur jederzeit bereit stehen. Im Kopf wägt er dauernd Strategien ab, sich gegen Mitwettbewerber "durchzusetzen". Ein Internet-Nerd in den frühen Zwanzigern macht in seiner Agentur auf Selbstausbeutung und kündigt schon mal an, dass heute bis nach 24 Uhr gearbeitet werde. Der Auftrag! Der Druck! Ein fremdes Müssen! Eine Leidenschaft für eine Leistung, deren Lohn andere kontrollieren. 
Ein Bauer bringt seinen Mist aus und ein Fabrikarbeiter schafft am Band, möglicherweise ohne sich suchen zu können. Das System sagt ihm tausendendmal: Du musst dankbar sein, dass du überhaupt arbeiten darfst! Ein Rechtsanwalt im weißen Hemd gibt seiner Gehilfin schon am frühen Morgen einen Arschtritt, um sie für ihren fremdbestimmten Tag anzufeuern. Alle sind sie legitimiert durch dieses gesellschaftliche Einverständnis, das sich als möglichst gottgegeben und unveränderlich darstellt, weil durch eine erbrachte Leistung legitimiert. Dabei ist auch das gesamte Kommunikationssystem eingeschlossen, das unter anderem Tribalismus und allerlei Verhaltensmodelle umfasst. Die Folge: Einer versteht den andern nicht mehr. Es differenziert sich die menschliche Formation nach Alter und nach sozialer Herkunft aus, die übrigens auf verschiedenen Wegen mit der sogenannten „Bildung“ zusammenhängt. Was das sei, auch darüber gibt’s inzwischen sehr verschiedene Ansichten. Rein technokratisches Einordnen in die Verwertungszusammenhänge (also möglichst ein Ingenieur sein, weil dieser etwas Verwertbares „schafft“!) und ökonomischen Bedeutsamkeiten läuft so etwas wie einer „Menschwerdung“ entgegen. Sie hat ihre Wurzeln möglicherweise im Humanismus, der davon ausging, dass der Mensch seine verschiedenen Seiten möglichst zur Blüte bringen solle und sich dadurch erfahren könne. Star sein, prominent sein, das hingegen resultiert aus purer emotionaler Erfahrung. Aus Input, Impact. "Leistungselite". Ein Nobelpreisträger ist nichts, ein It-Girl, das in einer Fernsehsendung etwas vor sich hin trällert, ein Rennfahrer, der eine spritverschleudernde Kiste möglichst schnell im Kreis fahren kann, werden gefeiert und vergöttert. Von wem? Von "den Anderen". Sie lechzen nach "Siegern" in einem fortwährenden Wettbewerb. "Powered by emotion". 
 Das allumfassende Band einer solchen Gesellschaft ist nur noch und ausschließlich die fortwährende Kosten/Nutzen-Abwägung, die sich am Profit orientiert. Wie kann ich bei möglichst geringem Aufwand ein möglichst effektives Ergebnis erzielen? Die Möglichkeiten des Profites und die des Überlebens sind zudem ganz wesentlich und von vornherein geographisch differenziert. Wer aus der mitteleoropäischen Region stammt, hat Glück gehabt. Wer in Afrika geboren wurde, hat seine liebe Müh, über die Runden zu kommen.

Freitag, 23. Januar 2015

Brain Drain (2)

„Brain Drain“ findet sogar innerhalb Deutschlands statt: Es ist das gezielte Rauben von Führungs- und Fachkräften aus anderen (vorzugsweise wirtschaftlich schwächeren) Bundesländern, zum Zwecke der Verstärkung der eigenen Basis. Die sogenannten Ballungszentren prosperieren auf Kosten der schwächer entwickelten Regionen. Wir kennen das von anderen europäischen Ländern. Alle Energie in Richtung der großstädtischen Zentren! Entvölkerung und Perspektivlosigkeit auf dem Land. Mecklenburg-Vorpommern wird touristisch immer attraktiver als Kurzurlaubsregion für gestresste Städter. Es werden Wölfe wieder angesiedelt, nicht aus ökologischem Sachverstand oder aus Liebe zum Mitgeschöpf, sondern weil Landstriche entvölkert sind und Aufklärungskampagnen von der öffentlichen Hand eingespart werden können. Ganze Landstriche veröden, weil Menschen eine Perspektive suchen, weil ihnen bei genügend Beharrungsvermögen die Arbeitslosigkeit droht. Dies, - ja genau dies (!!!) - heißt auch „Flexibilisierung. Wurzellosigkeit, Verfügbarkeit für jeden Zeitpunkt an jedem Ort mit beliebig wechselnden Aufgaben. Auch das ist „Brain Drain“ und Turbokapitalismus. Sauerland wird zur Wildnis, das Ruhrgebiet wrackt geordnet ab und verlagert sich vollends in die Städte, in denen oft die Arbeitslosigkeit regiert. Das „Humankapital“ vegetiert vor sich hin, zugunsten der Selbstverwirklicher und Selbstoptimierer. Großräume, Ballungszentren ziehen alles an sich: ja klar, hier spielt die Musik! Der Effekt verstärkt sich selbst und beschleunigt sich. Auf dem sogenannten Land gibt es bereits jetzt eine verlotterte Infrastruktur: Schulen, Straßen, Ärzte, Verkehrsverbindungen, Internet. Geschäfte schließen, Ortszentren veröden, Immobilien verlieren krass an Wert, wer seine Altervorsorge darauf gebaut hat, ist verlassen. Denn es gibt ja auch keine „Solidarität“ mehr (dieser alte, ursprünglich gewerkschaftlich geprägte Kampfbegriff hätte heute einen ganz neuen umfassenden Sinn...). Eine Gemeinschaft, die einen auffangen könnte. Vereinzelung ist angesagt. Gesellschaftliche Gewinnler nennen so etwas „Gesellschaftliche Verlierer“ oder "Absteiger". Gerade in jetzigen Zeiten ist dieser Kampfbegriff sehr beliebt geworden.

Donnerstag, 22. Januar 2015

Borneo ist nicht nur Nutzfläche

Eine Aussage eines Spitzenmanagers der deutschen Chemieindustrie blieb mir im Gedächtnis: „Bis 2020 werden wir eine Substitut/Austauschstoff für das Palmöl haben“. Bis dahin freilich werden die Orang Utans in Borneos Regenwald ausgestorben sein! Das Palmöl wird vor allem auf Plantagen gewonnen, für die der dortige Regenwald niedergemacht wird. Mehr oder weniger intuitiv könnten wir in des Orang Utans Gehirn, seine Welt blicken. Wenn er es zulässt. Wenn wir offen sind. Wir können aber jederzeit mit ihm über die Augen kommunizieren und dabei nachdenklich werden, ob wir uns selbst als die Krone der Schöpfung ausgeben sollten. Wir ahnen etwas, wir werden freundlich, vielleicht sogar sanft. Heute in "Auffangstationen". Vielleicht. 
Ein solcher Spitzenmanager hat derartigen Tieren wohl nie in die Augen geblickt und nie die Auswirkungen auf sich selbst abgewartet. Er hat kein Gespür entwickelt, denn er lebt im Rhythmus seines Terminkalenders, der ihm einen klaren Takt für seine Tage, Monate und Jahre vorgibt. Er wird diese Tiere im Interesse der Industrienationen und seiner Shareholder umbringen! Der Biosprit heiligt die Mittel! Ein "Grünes Mäntelchen" für die Geld-Noblesse. Er wird sie ausrotten lassen, diese Orang Utans, zumindest wird er wesentlich dazu beitragen. Dies wird seiner persönlichen Karriere Schub geben. 
Wir aber können solche hochbezahlten Leute dafür verantwortlich machen. Sie lassen sich dafür bezahlen, dass sie zu jenen Wirtschaftskillern werden, die eine einzige Managmentaufgabe verfolgen: Kosten reduzieren. Leute „freisetzen“. In der Übersetzung aus dem modernen Managmentdeutsch heißt das: Leute entlassen. Sie rauswerfen aus Betrieben. Jämmerliche Betriebswirtschaft!
Uns bleibt im Moment nur, nach Borneo zu kommen und solche herrlichen Tiere in ihrer natürlichen Umgebung wahrnehmen. Sie beobachten und friedlich als einen Teil dessen begreifen, was die Religionen uns als „Schöpfung“ erklären. Respekt entwickeln. Impulse empfangen. Ein Gespür für das Ganze entwickeln, das die Welt bedeutet. Auch das wäre Globalisierung. Noch rechtzeitig dorthin kommen. Nicht nur in den Zoo, wo uns die Tier- und Pflanzenwelt mit Ausstellungsstücken (die jederzeit ersetzbar sind!) vorgegaukelt wird. Aber ein wunderbarer Anfang kann auch ein solcher Besuch im Zoo sein.Wesen zu begreifen versuchen. Ahnen, dass wir selbst in einem Zusammenhang dazu stehen. Sich Hineinfühlen. Empathie.   

Mittwoch, 21. Januar 2015

Brain Drain

Wir nannten es „Brain Drain“: Das gezielte Rauben von Führungs- und Fachkräften aus anderen (vorzugsweise wirtschaftlich schwächeren) Ländern, zum Zwecke der Verstärkung der eigenen Basis. Der Politikwissenschaftler Alfred Grosser nannte es neulich in einer Talkrunde „Neokolonialismus“, wurde dann aber tot geschwiegen. Er selbst laberte sich unter Lenkung der lächelnden Moderation in andere Themen hinein. Basis dieses Mechanismus ist die Ausnutzung Anderer. Es bedeutet Gier - in Deutschland. Gier nach "Humankapital". Denn hier nennt man das „Zuwanderung von Fachkräften“, die – bitteschön! – überall und in allen politischen Parteien zum Zwecke der Stärkung des Rentensystems und zur Auffrischung der Demographie erwünscht ist. Deutschland ist ein starkes Einwanderungsland, das sich von den Schwachen (auch und gerade wenn sie in der EU sind) nimmt, was es will. Es wird den einzelnen Fachkräften individuell zum Vorteil gereichen (auch dieses ist ein gängiger Mechanismus: Die Herauslösung von Einzelnen aus dem Ganzen, die Ausnutzung ihres Strebens nach eigener privater Wohlfahrt, nach beruflichem Fortkommen), denn selbstverständlich können diese gewünschten "Kräfte" in Deutschland mehr als in ihren Heimatländern verdienen. Doch für eben diese (Heimat-)Länder könnte eine solche Entwicklung zur Katastrophe gereichen, wenn die „Besten“, also die technische Leistungselite, in eine andere Volkswirtschaft auswandert. Das nenne ich eine rücksichtslose globale Ausbeutung zum Zwecke der eigenen Vorteilsgewinnung. Der groteske Mangel an Anerkennung von in der Heimat gewonnenen Bildungsabschlüssen wird hier wohl mit der Zeit "harmonisiert" werden. Die Einzelnen sind hier plötzlich völlig egal. Doch der demographische Druck in den Industrieländern mag hier einiges bewirken.
Manchenorts werden solche Prozesse mehr oder weniger gewollt gerne auch als „Globalisierung“ missverstanden. Dagegen mag globaler Widerstand aufkommen.  

Sonntag, 18. Januar 2015

Schaltung der Gehirne

Was macht diese Bewusstseinsindustrie mit uns, die uns gerne als Freizeit- und Medienindustrie erscheint und in den verschiedensten Formen umfängt, die uns jene Versprechen vorgaukelt, die sich beispielsweise als Häppchen und Apetitanreger gerieren, die wir nicht mehr verdauen und uns aneignen, sondern die wir halbverdaut in uns hinunter schlucken und sie dumpf konsumieren. Die uns zu etwas Passivem machen, was das Subjekt zum Objekt werden lässt, all die Teaser, Trailer, Apetizer und Anreißer, die einen Bewusstseinszustand und ein „Bei-sich-sein“ nur kurz anreißen, als ein kurzen Ausblick auf das vielleicht Mögliche, um uns schließlich alleine zu lassen, wie eine platzende Blase. Alles zerrt und reißt, da ist viel hohle Aufregung, Anregung, künstliche Erregung um jeden Preis, in kommerzieller Absicht, naturgemäß!, als marktgerechter Konsum verkleidet, konsumierbar gemacht, fein zerhauen, zerkaut und vorgekaut, zerstückelt und scheinbar bekömmlich gemacht, verzerrt entzerrt, - da ist es egal, was. Das wie und was befindet sich in einer Unverhältnismäßigkeit, die gleichgültig ist – den die Form regiert den Inhalt, es ist die Verkaufe, die zählt, nicht die Substanz, all das hält uns gefangen, zunehmend und immer mehr, unmerklich. „Schlecht vermittelt“ heißt es immer öfter in der Politik, es scheint alles eine Frage der Vermittlung, des „Egal was“, denn jeder hat ja immer recht mit seinem Anliegen. Vom Inhaltlichen ist man apriori überzeugt, das ist nicht zu hinterfragen, es ist nur aufgebläht und aufgeschäumt mit irgendetwas, das egal ist, Stoff ist's, Füllstoff fürs Bewusstsein, Blähstoff und hohle Unterhaltung, Zerstreuung, Betäubung, ein Kick für den Kick. So geht uns das für Momente durch den Kopf: Als Miesepetrigkeit, als Spielverderberei in diesem ewig lächelnden Nebel des Positiven. 

Samstag, 17. Januar 2015

A Place in your Heart

A Place in your Heart

Statistik

Uns geht’s laut Statistik allen in Deutschland ja so blendend (die vielen prekären Arbeitsverhältnisse werden kurz mal ausgeblendet oder mit fragwürdigen Zahlen weg- und schöngeredet, - sozialabgabenpflichtige Arbeitsplätze können ja auch prekär sein, können durch "Aufstockung" zustande gekommen sein usw. --> mit statistischen Zahlen kann man tricksen)...  wenn's freilich in der Öffentlichkeit ein Thema wird, haben es alle Veröffentlicher ja immer schon gewusst..... es läuft leider zu oft auf den scheinbar linken Spruch hinaus: der Staat bzw. das Gemeinwesen trägt die Verluste und stockt auf, die andere Seite kassiert und setzt sich mit dem Gewinn ab. 

Freitag, 16. Januar 2015

Zweisamkeit im Erfolg

Helene Fischer und Andrea Berg wären im deutschen Sprachraum ein Traumpaar, wenn sie wenigstens bisexuell veranlagt wären. Im neudeutschen Toleranzgeschwafel würde das freundlich goutiert und gleichzeitig mit einem scheinmoralischen Seitenblick quittiert. Als einen kleinen Kick, als eine anregende News würde das die Öffentlichkeit wahrnehmen. Als Merkmal einer anderen und jenseitigen Existenzweise, so wie die Antike die Sphäre "der Götter" verstanden und gedeutet hat. Etwas, zu dem wir uns sehnen, eine Superstarlebensweise mit allen Insignien und Trophäen des modernen Daseins: Geld, Luxus, Autos, Flugzeuge, Lover zur freien Auswahl, eine großzügig ausgelegte Heimstatt und ein smartes Dasein, in dem scheinbar alles gelungen ist. Lockerheit, die eben daraus entsteht. Ein Überblickerwesen, das sich selbst als "Elite" definiert. Wesen aus einer anderen Galaxie, die sich eines Tages nach einer beliebigen Gestaltung ihres Körpers auch eine Verlängerung ihres Lebens werden leisten können. Die Polarisierung und Ökonomisierung aller Lebensbereiche werden es möglich machen, dass dies zunächst nur einer bestimmten Klasse von Menschen möglich sein wird. Der große Rest und Bodensatz derjenigen Gesellschaften, die glauben, sich so etwas leisten zu können, wird diese Daseinsweise anbeten und bewundern. Sie selbst aber werden zerschreddert werden, zu Futtermehl verarbeitet. 

Donnerstag, 15. Januar 2015

Autobahn

Welche Verachtung liegt denn da dahinter? Ich war nahezu jeden Tag auf der Autobahn unterwegs und allzu oft ballten sie hinter und neben mir die Faust, überholten mich demonstrativ rechts, fletschten die Zähne und machten wild fuchtelnd Fotos mit dem Handy, wobei manche Verkehrsteilnehmer über solchen Übungen die Kontrolle über ihr Fahrzeug komplett zu verlieren drohten. Dabei glaube ich, ein vergleichsweise empathischer und gelassener Fahrer zu sein, der den Flow nicht gerade verzögert. Jaja, die schlauen Psychologen erklären einem, dass sich die Leute im Straßenverkehr eine Art Tarnkappe der Anonymität überziehen und unter deren Schutz glauben, „mal richtig die Sau rauslassen“ zu können. Mir kam es aber oft so vor, als würden die Leute ganz bewusst in ihrem Streitwagen sitzen, und ihren Pferdestärken die Sporen geben, nach dem Motto „Höher, schneller, weiter“ und "ich bin im Wettbewerb". Der andere ist da nur noch Gegner und die Gesamtveranstaltung könnte „Krieg mit anderen Mitteln“ heißen. Nicht nur die „political correctness“, sondern allerlei moralisch-ethische Maßstäbe schieben einem solchen Verhalten zumindest in Europa den Riegel vor. Aber die zivilisatorische Decke scheint recht dünn zu sein. Es geht darum, den anderen fertig zu machen, ihn zu übertrumpfen, ihn zu „versägen“, ihn zu erledigen: Als ein Ventil des Alltags, zu dem man den von Jahr zu Jahr immer neu mit Pferdestärken und Kilowattstunden aufgerüsteten Streitwagen an den Start bringt. Man hat den sogenannten Wettbewerb verinnerlicht, man scheint ganz unwillkürlich und scheinbar selbstverständlich zu glauben, dass das ganze Spiel des Gewinners und Verlierers einen legitimiere, den anderen vernichten zu dürfen. Empathie und Rücksichtnahme sind da nur Schwächen. Jawohl, der Wettbewerb erlaubt alles. Es gilt der allüberall so verherrlichte „Wettbewerb“. Da wird bis kurz vor der Messstelle, mit der der Staat als Raubritter an der Veranstaltung auch gerne teilnimmt, munter Gas gegeben. Unmittelbar davor kommt die große Bremsaktion und der Wagen wird brutal bis zur geforderten Geschwindigkeit herabgebremst, kurz danach wieder herb beschleunigt. Auch sehr ökologisch, das! Die Checker, die Bescheidwisser und cleveren Überholer sind halt unterwegs. Sie bringen unter anderem auch diese Art der staatlichen Abkassiererei hervor. Es könnte ja auch darum gehen, Feinstaub oder Lärm zu vermeiden. Es könnte darum gehen, Gefahren zu vermeiden, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Könnte ja eine Überlegung wert sein und könnte ja auch mal Sinn haben.
Es gilt das Recht des scheinbar Stärkeren. Es ist dies auch das Gängige, was jeder weiß. Wirklich? Wieso verhält er sich dann aber auf der Autobahn wie eine Sau? Wider besseres Wissen? Ist vielleicht das Wissen und der Verstand gar nicht das Entscheidende? Werden wir von rudimentären Trieben zu unserem Verhalten gebracht? Von losgelösten Emotionen? Mehr als wir denken?

Reisen (2)

Das Reisen könnte einem auch Mittel zum Zweck sein, um zu verstehen, dass unsere Erkenntnis beschränkt ist. Dass wir damit auf unsere Kultur und Herkunft beschränkt sind. Dass es verschiedene "Sichten" auf die Wirklichkeit gibt, Möglichkeiten, die uns plausibel erscheinen lassen, dass es womöglich nicht eine einzige Wahrheit gibt, sondern nur Perspektiven auf sie. Dass diese Perspektive aus einer anderen kulturellen und geographischen Prägung eine andere ist als unsere mitteleuropäisch geprägte, die sich ja (im Falle von Deutschland) im globalen Maßstab feiern lässt, weil sie die scheinbar "erfolgreichste" ist. Wir können uns als Menschen bereichern, weil wir diese anderen Sichten in uns "hereinholen" können, indem wir sie zu verstehen suchen. Sich hineinversetzen in andere Menschen, das hätte auch mit dem inzwischen vielzitierten und allzu sehr in Mode gekommenen Begriff "Empathie" zu tun. Respekt entwickeln, Anerkennung und Liebe zu den und dem "Anderen". Es ist etwas Anziehendes, sich dem "Anderen" auszusetzen, vom Fremden etwas aufzunehmen in uns. Es ist eine typische Vereinfachung der Industriestaaten, alles unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Erfolgs zu deuten. Sie versuchen zwar, diese Sichtweise, dem Rest der Welt aufzuzwingen. Allein, es zeigen sich Symptome, die darauf hinweisen, dass sie damit die Erde in kürzester Zeit zugrunde richten. Wachstum um jeden Preis? Diese Idiologie hat die Wirtschaft in den vergangenen 100 Jahren getrieben. Sie ist nicht für das 21. Jahrhundert geeignet.      

Sonntag, 11. Januar 2015

Scheinessen

Wir schütten mies und logistikgerecht mit tausend Geschmacks- und Zusatzstoffen vorgefertigtes Bami Goreng in ein Microwellengeschirr und warten artig, bis es in kürzester Zeit die empfohlene Bestrahlung der mikroskopisch kleinen Wärmepartikel erreicht hat...oder weiß jemand wie eine Microwelle funktioniert? Hinter den Kulissen sieht doch manches ganz anders aus: da ist nicht der intellektuelle Anspruch, sondern das Weiterwursteln und das Nutzen dessen, was einmal als „Ruf“ oder Image erreicht worden ist. 

Freitag, 9. Januar 2015

Reisen

Reisen? Wir sollten es genießen, die Freiheit dazu zu haben. Anderswo hingehen, hinfahren, hinfliegen und eine andere Umwelt auf uns einwirken lassen. Etwas von der Welt erfahren, von ihrer unglaublichen Schönheit. Etwas auch davon, dass andere Menschen unter anderen Verhältnissen leben oder leben müssen. Sich bewusst werden, welch unglaubliches Glück man hat, wenn man hier einigermaßen sein Auskommen hat. Sich an anderen Kulturen, an anderen Möglichkeiten des Lebens freuen, sie zu verstehen suchen, sich bewusst werden, dass so etwas relativ ist. Sich vom „Anderen“ inspirieren lassen, sich an der Variation erfreuen und sich  unserer Gleichförmigkeiten bewusst werden. Im Denken und im Leben. Staunen lernen. Über die Natur, in der so viel aufgehoben ist, dem wir näher kommen können. Wir sollten uns nicht abdrängen lassen in das, was uns ohnehin vertraut ist. Sondern wir sollten Grenzen überschreiten, erfahren, dass da mehr ist. Wir sollten den Ort kennen lernen, wo wir leben. Das freilich sollte nicht nur einer Klasse von Vermögenden möglich sein, einer Klasse der Berufsreisenden und global Lebenden, der aufgeklärten Gutmenschen und moralischen Besserwisser. Diese Möglichkeit sollte sich allen eröffnen. Allen. Respekt für das Andere entwickeln und niemals einer Gleichmacherei das Wort reden, die sich in den fernsten Ländern schon am Flughafen auf arrogante Weise präsentiert, wenn sich die bekannten und überall auf der Welt vertretenen  Edelmarken in ihren Boutiquen den örtlichen und globalen Reichen zum Kauf anbieten.  

Mittwoch, 7. Januar 2015

Kult!

Ich lese über Wolfgang Herrndorf und sein Werk „Tschick“. Dabei denke ich daran, dass das als Theaterstück seit Ewigkeiten in einem von hier aus gut erreichbaren Kulturtempel läuft, einem alternativen Spezialetablissement für die Besserverdienenden. Eine verlotterte Klasse ehemaliger 68er will darin eine Prekariatsikone mit migrantischem Hintergrund besichtigen, sich kulturell bestärken in seinem in schwarze Klamotten gekleideten Gutmenschentum, den für sich so verstandenen kritischen Zeitgeist pflegen und dazu ein paar Lachshäppchen mit etwas Champagner einwerfen, - anschließend in die 8Zylinder-Limousine mit Chauffeur steigen, nachdem man das Klo im alternativen Kulttempel voll geschissen, gepisst und besprenkelt hat, weil einem das natürlich in seinem Selbstverwirklichungswahn immer dann zusteht, wenn man den Affekt dafür spürt. Daheim macht eine möglichst billig geheuerte Putzfrau die Bude sauber. Man muss ihr sehr präzise erklären, was man will: gerade das Klo soll ja besonders sauber sein. Sodann steigt man in seine teure Armani-Klamotte und fährt zum Meeting, Brainstorming oder Briefing in die Toskana, wo man eine Zweitwohnung besitzt, selbstverständlich steuerlich "günstig" abgesetzt. Genießen heißt die Maxime. Egal, auf welche Art und wessen Kosten. Was ist mit einem Begriff wie „Dritte Welt“? War mal angesagt. Wurde mit Theorien umsponnen, wie alles. Mit Geschwätz. Jetzt gelten nur noch persönlich gemachte Erfahrungen und man selbst, das heilige Ich. Egal, ob der Mensch ein soziales Wesen sei. Jetzt wird wild gefressen und gefickt. Man kriegt das mit - samt all der Rechtfertigungsoden und denkt: Wenn schon nicht mal deren Selbstversuch taugt!.... Die 68er und ihre Gefolgsleute sind wahrlich erbärmlich herunter gekommen....Hm, Herrndorf hat sich am Ende abgeknallt, Schlingensief ist gestorben. 

Wirklichkeit total

Es gibt eine zunehmende Distanz zwischen Entscheidern und Volk. Es herrscht Sprachlosigkeit. Da sind die Macher und Selbstverwirklicher, zu denen sich besonders in der Politik die Verbreiter von öffentlichen Meinungen als Legitimationsstützen und allerlei gut bestallte Hofclowns gesellen. Die Käseglocke Berlin etwa ist abgeschottet von der Realität, ahnungslos und freigehalten von jedem Dreck des Alltags. Es gibt die Isolierung einer Klasse der Polittechnokraten, Karrieristen und Emporkömmlinge, die das Parlament bildet und das Stück „Parlamentarische Demokratie“ spielt. Weltweit ist das in den meisten Industriestaaten so. Die Eliten rekrutieren sich immer wieder aus derselben gesellschaftlichen Schicht, die ihre Vorteile jeweils an die eigene Brut weiter gibt. Die Methoden zur Partizipation für die große und namenlose Masse der Menschen könnten viel weiter entwickelt sein, werden aber als Herrschaftsinstrument eingefroren. Ein milder Konsensschaum legt sich (noch) über die ganze Szenerie. Doch die Verteilungskämpfe werden härter, die gesellschaftliche Polarisierung schreitet voran.