Reise durch Wirklichkeiten

Freitag, 25. Juni 2021

Valerie (26)

Es wäre ihm jetzt nach einem Rundschwenk über die Landschaft gewesen, rüber zur nächsten Einstellung von der Seite her auf ihr Gesicht geglitten und dort geblieben. Eine Blende dergestalt, dass man die Landschaft anfangs noch hätte deutlich erkennen können. Dann die Tiefenschärfe so verändert, dass sie zugunsten ihres Gesichts unscharf geworden wäre. Sie müsste in diesem Zusammenhang natürlich in einem Cabriolet sitzen und ihre Haare müssten im Wind flattern, so, wie er es in den künstlichen Welten oft gesehen hatte. Er selbst müsste einen weißen Anzug, wozu sie fragen würde „liebst du mich?“. Aber solche Filme getraute sich heute niemand mehr zu machen. Oder doch? Der Mut zur Sentimentalität, zur offensichtlichen Lüge aus dem Trivialen heraus war wohl ins Versteckte gewichen, - oder man zog es von vornherein ins Lächerliche, was ihm nicht grotesk genug erschien. Seine Phantasie war angeregt, er musste wohl ein Anderer geworden sein. Da war nichts mehr von dieser apathischen Müdigkeit, die ihn die letzten Tage begleitet hatte. Er fühlte sich plötzlich bis unter die Zehenspitzen lebendig. München war nicht mehr weit und er entschied sich, dorthin zu fahren, wohin sie wollte. Er würde sich an sie hängen und abwarten, was geschehe. Er durfte sich einfach nur nicht abwimmeln lassen. Also fragte er sie, wo er sie absetzen solle und machte ihr gleichzeitig den Vorschlag, sie heim zu fahren.

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