Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 13. Oktober 2018

Wo ist die Wahrheit, welche, wie viele?

"Lügenpresse", "Fake News", "alternative Fakten": Kaum ein Verlust kann uns in einer wissenschaftsgläubigen Welt derart in Bedrängnis bringen wie der unserer Glaubwürdigkeit. Und trotzdem wird gelogen, bis sich die Balken biegen, schlagendes Beispiel: der Abgasskandal. Warum ist die Lüge nicht aus der Welt zu denken und wann hat eine Lüge Erfolg? Mal bei einem großen Geist fragen, wieso das so ist. Eine zum Beispiel für Michel Foucault grundlegende Idee ist es, dass nicht nur unser Wissen, sondern auch unser Denken durch und durch historisch sei, also nie auf sicherem Grund stehe. Das ist wichtig! Die Form des Wissens wandelt sich, daher können wir zu gewissen Zeiten nur auf gewisse Weise denken. Im philosophischen Slang ausgedrückt: Verstand die Renaissance die Welt in Analogien, so ordnete die Klassik sie in Taxonomien und Tableaus, während die Moderne gar nicht anders kann, als alles mit dem Menschen, dem Subjekt der Erkenntnis zu erklären. Bald werde das vorbei sein, prophezeite Foucault, der Mensch werde verschwinden "wie ein Gesicht im Sand". Moderne Machthaber glauben derzeit, sie seien so mächtig, dass sie Fakten schaffen könnten. Sie alle kennzeichnet ein ausgewählter Gebrauch der handelsüblichen Vernunft plus eine Dosis von dem, was umgangssprachlich als Wahnsinn bezeichnet wird. Was dabei Allgemeingut zu sein scheint: Spielarten des Wahnsinns schicken sich an, Vernunft und Disziplin als missliebige Abweichungen auszugrenzen. Die Übertretung aber avanciert zur neuen Norm.

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