Reise durch Wirklichkeiten

Samstag, 31. Oktober 2015

Mein Freund, der Baum

Mein Freund, der Baum

Freitag, 30. Oktober 2015

Halloween mit einem Asteroiden

Die Situation erinnert mich ein bisschen an die in Lars von Triers Film „Melancolia“: Heute spätnachmittag/abend/nacht (zusehen sogar mit einem Fernrohr...) (am nächsten der Erde: Samstag um 13, 16 und 19 Uhr) kommt der Asteroid TB 145 der Erde ziemlich nahe, das heißt, er soll in einer Entfernung von etwa 500 000 km (im kosmischen Maßstab ist das nichts) mit etwa 126 000 Km/Stunde vorbei rasen. Der Asteroid soll etwa einen Durchmesser von 400 Meter haben (Zum Vergleich: der, der 2013 in Sibirien eingeschlagen ist und nicht nur durch seine Druckwelle große Schäden (etwa 1600 Verletzte) verursacht hat, hatte etwa 20 Meter Durchmesser). Happy Halloween! Knapp daneben ist auch vorbei, denkt sich da der Optimist. Hoffentlich haben die Wissenschaftler richtig gerechnet. „Heft zurück – setzen – Fünf“, diesen verstaubt älteren Spruch würde es nämlich in einem anderen Fall nicht mehr geben. Eine größere Fläche wäre dann nämlich zerstört. Der Asteroid ist sehr spät entdeckt worden, nämlich am 10. Oktober. Was sagt uns das? Womöglich ziemlich viel. Wenn das Ding die Erde treffen würde, würde uns das im Voraus verraten? Welche Vorwarnzeiten hätten wir eigentlich? Bloß gut, dass es nach Informationen der NASA und der ESA nur 5000 bis 6000 solch gefährlicher Asteroiden gibt! Was solche Informationen wohl taugen? Hm.  

Remstal (1)

Remstal bei Lorch

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Krank und gesund

Eine Erfahrung, die ich im Krankenhaus gemacht habe:

Es ist doch eine vollkommen unsymmetrische Kommunikationssituation im Krankenhaus: Der sogenannte Patient ist unter Umständen ganz plötzlich aus allen Selbstverständlichkeiten und seiner alltäglichen Normalität heraus gerissen. Die Schwestern und Pfleger hingegen erleben das jeden Tag, für sie ist der Patient einer unter vielen, er symbolisiert den Alltag. Sozusagen eine Durchlaufposition. Sein Gesicht wechselt zwar, aber er scheint doch immer der gleiche zu sein. Vom Patienten aus gesehen ist alles hingegen einmalig. Auch die Gesichter seiner Pfleger sind das. Er ist vielleicht in eine absolute Ausweglosigkeit gestoßen, in eine Einmaligkeit, die sogar, wenn's schlecht läuft, in den Tod führen kann, die gröbste Einmaligkeit, die einem passieren kann.... Schwestern und Pfleger treten ihm gegenüber aber als Vertreter der „Normalität“, des „Lebens draußen“ auf. Sie sind jenseits der Mauer, die sich plötzlich zwischen einem selbst und „den anderen“ (den scheinbar „Gesunden“) auftut. Und tatsächlich, sie, die Pfleger und Schwestern  schalten nach Dienstschluss sehr schnell ab und sind wieder ganz draußen aus dieser abgeschlossenen Welt des Krankenhauses, in dem ganz andere Bezüglichkeiten und auch Abhängigkeiten gelten. Jawohl, der Patient ist in vielem auch abhängig von seinen Schwestern und Pflegern. Er ist ihnen ausgeliefert. Es entsteht dadurch eine Vertrautheit, die aber keine ist, sobald eine andere Situation eintritt. Ein seltsames Gefühl.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

TonAngebertricks

Tritt irgendwo ein neuer Chef, ein Ober oder ein neuer TonAngeber X seinen Job an, so gehört es heutzutage zu den gängigen Mechanismen der „Menschenführung“, dass er vieles (manchmal auch alles) ändern muss, was an Arbeitsabläufen anliegt. Verschiedene Erwartungen treten hier auf den Plan: er sollte ja seine persönlichen Spuren hinterlassen, seine „Duftmarke“, er sollte die Abläufe so prägen, dass sie jedem Beteiligten als das Werk des geschätzten X in Erinnerung gerufen werden, ja, dass es sich geradezu in ihn einmeißelt, dass dieser X es ist, der jetzt alles bestimmt. Auch werden gerne lächerliche Vokabeln wie „Gestaltungswille“ oder „Durchsetzungskraft“ bei dieser Gelegenheit in die Welt gesetzt (was mit dem Bedürfnis nach Orientierung und „Geführt-werden“ der Vielen spekuliert).
Tendenziell ist so etwas totalitär, macht aber in der Wirtschaft nichts aus, da dort ohnehin alles hierarchisch und weitgehend diktatorisch geordnet ist. Es gibt dann ganze Wochenend-Crash-Kurse, die den „Untergebenen“ klar machen sollen, dass ja alle so demokratisch sind und dass alles in Teamarbeit erledigt würde, dass das Maß an Selbstbestimmung generell und überhaupt hoch sei. Dabei sind dies vor allem (Selbstüberlistungs-)Tricks, die nur ein möglichst hohes Maß an Motivation gewährleisten sollen. Im Endeffekt entscheidet aber nur der, der in der Hierarchie dazu „berechtigt“ ist. Deshalb gehen in der Wirtschaft auch alle Entscheidungsabläufe so schnell. Demokratie ist ein weitgehend mühsameres Geschäft. Hier müssen Interessen verhandelt, kommuniziert und abgeglichen werden, was am Ende zu einer Entscheidung führt: ein ungleich langsamerer Prozess, der aber weitgehend die Interessen der einzelnen an der Entscheidung Beteiligten berücksichtigen soll. Natürlich gibt es mannigfache Perversionen dieses Prozesses, - unter anderem hat offenbar eine tonangebende Politikerin das Wort von der „marktkonformen Demokratie“ in die Welt gesetzt. Kommentar überflüssig. Doch als gedachter Prozess zum Interessenausgleich und zur Entscheidungsfindung ist Demokratie allen anderen Prozessen, gemessen an dem Maß der dadurch erzeugten Zufriedenheit, weit überlegen. 

Dienstag, 27. Oktober 2015

Du musst dich ändern

Du bist der, der du warst. Bist das und bist es nicht. Lebendes Paradoxon. Vergangenheit und Gegenwart überlappen sich. Warst unglücklich und wirst es wohl sein. Bist bestraft damit. Wieso? Die Antwort hat dich ein Leben lang beschäftigt, bist nie dahinter gekommen. Vielleicht würde ein professioneller Psychologe viele Stunden dazu brauchen, um auch nur eine klischeemäßige Antwort zu geben. Auf Misserfolg programmiert. „Du musst dich ändern“, sagt Rilke und meint dein Unbewusstes. Nur wie? Es kommt der Tod auf dich zu, unweigerlich. Zuerst werden deine Eltern sterben, dann du... Was wird gewesen sein? Wo wird man Spuren hinterlassen haben? Ein völlig belangloses Ego für die Welt. Selbstmitleid ist nicht erlaubt, sagen die „großen“ Geister. Haben womöglich damit recht. Sind damit ja auch groß geworden. Aus Zufall hineingetappt, sagen die Stars über sich selbst. Du sitzt ungläubig dabei. Wie ging das? Warum du nicht? Karma? Andere sinnieren auch darüber nach. Du hattest lange Zeit, die „großen“ Geister zu lesen. Sie schreiben, du schreibst auch, - und kriegst doch nichts zustande. Hast nie etwas zustande gebracht. Andere klingeln mit Worten. Du findest es widerwärtig. Faselst in dich hinein aus dir heraus. Unbemerkt. 

Montag, 26. Oktober 2015

Rückwärts

Überall scheinen Nationalkonservative auf dem Vormarsch zu sein. Sie streuen ihren Wählern eine braune Vision in die Augen, die aus dem 19. Jahrhundert stammt und damals auch seine Berechtigung hatte. Sie besagt, dass es einen reinen „Volkskörper“ gebe, der ausschließlich sich selbst gehöre und jede Verflechtung in internationale Zusammenhänge leugnet. Doch solch ein rückwärtsgewandtes Weltbild ist womöglich längst überholt, ist, spätestens seit dem, was interessierte Kreise gerne „Globalisierung“ nennen, altertümliches Gerümpel. Zurück in die Vergangenheit, das Muster ist natürlich in den unterschiedlichsten Variationen bekannt, verschafft aber für die Zukunft keinerlei politische Strategie, auch wenn kurzfristige wirtschaftliche Erfolge und eine andere alternative soziale Konzeption dies rechtzufertigen scheinen. Die Kleinstaaterei, überhaupt, die Staaterei ist natürlich auch keinerlei Ziel angesichts der gravierenden grenzüberschreitenden ökologischen Probleme. Gegen und immer nur gegen die Andern, nun ja, das führt in die Isolation, die gerne auch mal agressiv werden will. Wir haben ja etwas Gemeinsames, das immer tragfähiger wird. Wir wachsen in eine einzige Welt zusammen und müssten vielleicht andere Wege finden, um eine Identität zu gewinnen und nicht nur zum ökonomischen Spielball der Mächtigen oder der Rückwärtsgewandten  zu werden. 

Sonntag, 25. Oktober 2015

Gerechtigkeit im Wandel

Ich war in einem Foltergefängnis, das erschreckende Einblicke in die fremde Welt des Mittelalters zeigte. Die Leute brauchten dort in gewissen Abständen ein Spektakel, das ihnen zum Beispiel die Räderung eines vermeintlichen Verbrechers verschaffte, wobei ein Verbrecher auch eine Hexe war, zu der man leicht werden konnte, wenn man kleiner als 1,60 Meter war oder Leberflecke hatte, oder Altersflecke, oder nicht weinen konnte, oder … Dann konnte es sein, dass man so lange Jauche eingefüllt bekam, bis einem der Magen platzte, dass man so lange mit schweren Gewichten „gepresst wurde“, bis die Knochen krachten, dass man an einem Haken aufgehängt wurde, so lange bis man ausgeblutet war, dass man... Der Mensch, der mittelalterliche hat das als Spektakel genossen...., das war seine Show. Eigentlich ist das „schöne Mittelalter“ noch gar nicht so lange vergangen. Menschen sind auch heute bereit, sich solche Dinge anzutun. Ich spüre aber, dass ich eigentlich agressiver sein müsste in diesen harten Zeiten...  

Samstag, 24. Oktober 2015

Fallende Blätter

Ich schaue genauer hin und sehe wunderbar rote Blätter, die sich leicht im Wind wiegen. Jawohl, der Herbst hat natürlich seine schönen Seiten! Es ist ein unglaublich tiefes und schönes Rot, das sogar Einfluss auf meine Befindlichkeit haben kann. Überhaupt können Farben ja einen Einfluss auf uns haben, es sollte jemand nur offen dafür sein. Einfach zulassen! Darauf warten, was passiert. Es kann auch nichts sein. Dann aber bitte nicht über diejenigen herfallen, die etwas von diesen Farben spüren! Sich selbst erst mal zurücknehmen und dazu kommunizieren, was möglich sein könnte! Esoterik, - scheise? Auch nicht gleich mit Etiketten klappern! Das sind doch alles nur Schubladen, die es einem leichter machen sollen, Dinge einzuordnen. Ob sie richtig eingeordnet sind, ist dabei egal. Eine Schublade, einen Begriff dafür finden, ist viel wichtiger. Damit umgehen können und die Normalität wahren! Erklärungen finden. Wo keine sind, einfach welche beschaffen. So scheint die Devise. Doch wo keine Erklärungen sind, könnten ja in Zukunft welche sein! Vielleicht sind wir als Ganzes noch nicht so weit.  Könnte auch eine Erklärung sein.....

Freitag, 23. Oktober 2015

Person und Kirchen

Man müsste wie die Figuren bei Max Frisch von vorne anfangen können. Gar nicht mal aus Unzufriedenheit, sondern nur um ein Leben noch einmal neu zu leben. Aus anderer Perspektive. Für jemanden wie mich ist das sogar vollkommen logisch. Dieser Gedanke hat mich unter anderem an den Pionieren fasziniert, die im 19. Jahrhundert in die USA aufgebrochen sind. Neue Horizonte. Sich selbst neu erfinden. Sich quasi umdrehen, derselbe bleiben und doch alles anders sehen. Ich habe zu wenig Urvertrauen dazu. Man sehnt sich nach einer anderen Auszeit. Das unter anderem war es, was ich bei meinen Kirchenbesuchen empfunden habe. Das ist eine Sphäre, ein Ort, der mitten im Geschehen steht und doch außerhalb. Ein Ort, der Zeitlosigkeit verspricht, und doch ein Zeugnis der Zeitläufte, der Historie, ist. Ein Raum, eine künstlerisch gestaltete Höhle, ein Ort der Besinnung, des Suchens und vielleicht ein Ort des Findens. Des Innehaltens. Des Aussteigens aus dem Rat Race. Stein statt Beton. Die Kühle in der Hitze. In einem gestalteten Raum, absichtslos in sich ruhend, und doch mit vielen inneren Absichten, in architektonischen Zwangsläufigkeiten und religiösen Sinngebungen erbaut. Überhaupt, - der Sinn. Vielleicht sind (Kloster)kirchen ein Ort des Sinns. Per se. Auch ohne die christliche Lehre mitzudenken. Mich wundert, dass ich das so über die Empfindung, über das reine Spüren erfahren konnte,  - früher war ich da eher ein Kopfmensch. Es erschließt sich mir jetzt, Jahre später, ein anderer Zugang zu dieser Sphäre.  

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Schlüssellyrik

Wer hat meinen Schlüssel gesehen?
er ist offenbar unrasiert und hat einen Bart
Ich wende das Blatt und lese verkehrt
nimm's nicht persönlich, sieh's positiv!


Wer hat meine Gedanken gesehen
sie sprießen manchmal wild und ich kann sie kaum fassen
Mixed Pickel,s sie jucken so undefiniert

und wachsen nach, kaum sind sie wegoperiert.

(Früher Poesieschaum, jetzt noch einmal lyrisch abgeschöpft) 

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Hamsterrad

Das Gefühl, das schon morgens einsetzt: sich fertig machen zu lassen, sich ausbeuten zu lassen und dafür auch noch dankbar sein zu müssen. Du hast ja einen Arbeitsplatz!! Standardreaktion: sich stark und stärker damit zu identifizieren. Doch eines Tages kriegt man einen anonymen Arschtritt von einem Funktionär dieser Firma, von einem, der ja auch nur Teil einer Hierarchie ist und ein Umsetzer. Und dessen Chefs sind – wie sie gerne behaupten – Teil eines Gesamtsystems, in dem es um Rendite und Profite geht, um Behauptung in einem „globalen Wettbewerb“. Der Mensch ist eingespannt in einen Mechanismus. Die Leute vom Staat und seinem Finanzamt werden kommen, um einen fertig zu machen. Danach werde man „Sozialfall“ sein. Man wird verloren haben. Gewinner sind diejenigen, die früh im Leben begriffen haben, um was es geht. Umgang mit dem Regelgeflecht, Manipulation desselben zum Profit der Mächtigen und Gewinner. Diejenigen, die heutzutage SUVs oder allradgetriebene Riesenlimousinen ausfahren und auf diese Weise vorzeigen, wohin sie es in dieser Gesellschaft gebracht haben. Der Statusgedanke, das vergewissern durch „Zeigen“: ein uralter Mechanismus. Hordenexistenz.

Dienstag, 20. Oktober 2015

Balltreter und ihre Freundinnen

Ob sich das Gerede von Fußballspielern unmittelbar nach einem Spiel stets gleich anhört? „Wir haben in der ersten Halbzeit unsere Leistung nicht so abgerufen, ja, wie es uns der Trainer gesagt hatte. Aber dann, ja, nach seiner Halbzeitansprache, ja, haben wir uns in der zweiten Halbzeit belohnt....“. Ob sie alle dieselben Rethorikkurse besucht haben? Hinzu kommt, dass die Frauen dieser gehätschelten Balltreter meist nahezu gleich aussehen. Oder bilde ich mir das nur ein? Es sind meist lächelnde Models, hoffnungsfrohe Moderatorinnen und geschminkte Lebefrauen des Zeitgeists mit teuren Frisuren: wenn sie so nebeneinander sitzen bei manchen Spielen, ist das sehr putzig anzusehen. Wie irgendwie verwechselbare Hühner auf der Stange. Gelegentlich meldet sich das Smartphone bei ihnen und dann sind sie am Telefon, um dringend Bescheid zu geben, dass es ihnen gut geht. Sie scheinen Trophäen und gestylte Träume zu sein, ja, welche, wie sie der Fan auf der Gegengeraden auch gerne hätte. Doch er hat nicht die Macht, das Geld, die treterischen Fähigkeiten und den Schneid dazu. Eine Person zu sein, eine Persönlichkeit gar mit Charakter, scheint in diesen Kreisen tabu, keine sieht nach sich selbst aus. Alle sind sie austauschbare Symbole des Erfolgs eines Balltreters. 

Sonntag, 18. Oktober 2015

Kulturwechsel

 Die Soziologie kann einem wunderbar und sehr eindeutig belegen, wie sehr man (vereinfacht formuliert) das Produkt einer Umwelt ist. Wäre man in einer anderen kulturellen gesellschaftlichen Realität aufgewachsen, wäre man womöglich ein ganz anderer. Dass man hier aufgewachsen ist, ist ZUFALL! Menschen versuchen, Gruppen, Gemeinschaften, soziale Verbände zu bilden, um sich gegenseitig ihrer sozialen Wirklichkeit zu versichern. Sie brauchen das sogar, weil ihre Identität dranhängt. Das kann man im Alltag wunderschön überall beobachte. Auch die gegenwärtige Flüchtlingssituation könnte ein Beleg sein. Andere Sozialisation, anderes Verhalten, - obwohl wir theoretisch alle gleich sind. Beispiel: das Verhältnis Mann - Frau ist in verschiedenen Kulturen jeweils anders definiert, was beim Wechsel der Kultur zu erheblichen Problemen führen kann, da ein ganzes Welt- und Selbstbild davon abhängen kann.  

Freitag, 16. Oktober 2015

Fußball, Dieselmotoren und viel Geld

Oh weh. Deutschland fühlt sich als Weltmeister aller Klassen und darf sich unter anderem deshalb auch der Wertschätzung von zahlreichen Asylsuchenden erfreuen. Wir schaffen das, - und nicht nur das. Ja klar. Doch jetzt wurde fast zeitgleich ein riesiger VW-Skandal bekannt. Des Deutschen Goldenes Kalb, das Auto, eine Betrugsmaschine mit Dieselantrieb? Von den Amis knallhart überführt und jetzt global am Nasenring vorgeführt? Staatliche Stellen und Überwachungsvereine in Deutschland scheinen konsequent drüber hinweg gesehen zu haben, - und das jahrelang. Anscheinend. Mutmaßlich. Sogar als Uninteressierter erfuhr man von Tricks, die die Autoindustrie bei der Messung von Werten anwende. Es war und ist ein offenes Geheimnis. Bewiesen ist freilich nichts. Doch damit nicht genug. Die Weltfußballorganisation FIFA, mit zahlreichen Skandalen sowieso verschärft im Gespräch, hat ihren Präsidenten und den Europa-UEFA-Boss Platini für 90 Tage suspendieren lassen müssen. Der bisher und davor letzte Generalsekretär ist sowieso über alle Berge. Soll auch ein schräger Vogel sein. Unklare Zahlungen, schwarze Gelder stehen überall im Raum. Auch hier scheint die US-Justiz Schrittmacher gewesen zu sein. Doch es wurde alles hingenommen. „So ist's halt“.
Und jetzt ist auch noch der DFB im Gespräch. Die Weltmeisterschaft 2006, das „Sommermärchen“, soll "gekauft" worden sein. Unglaublich. Ein einziges  „Kulturprogramm“. Ein Theaterstück. Eine Inszenierung. Dabei sind „wir“ doch eben erst in Brasilien Weltmeister geworden und haben ja soooo gejubelt. Doch es scheint Korruption allüberall zu sein, nicht nur im Fußball. Jetzt könnte alles auf den DFB (Deutscher Fußballbund) und seinen Chef Niersbach zulaufen. Was für ein Pech auch! Dieser lächelnde DFB-Gutmensch Niersbach ("Keine Macht den Drogen") . Und der Beckenbauer, diese „Lichtgestalt“ als Kaiser, der bei seinem Besuch in Katar „nicht einen einzigen Sklaven“ gesehen haben will („die laufen alle frei rum...“) und dem Wüstenstaat alles Gute bei all den WM-Vorhaben bescheinigt, war 2006 als Chef des WM-Organisationskomitees dabei. 
Die handelnden Verantwortlichen sind teilweise jetzt und noch immer in Spitzenpositionen überall gut dabei. Putin bereitet derweil die nächste Fußball-WM in seinem Land vor: Werbung, nach gehabtem und bewährtem Muster. Der Wladi. Dieser Halodri. Ein Schelm, der darüber nachdenken will. So ist's halt. Der DFB-Niersbach wurde zuletzt sogar als Ersatzkandidat für Platini gehandelt, scheint vorerst aber selbst belastet zu sein. Der Platini sowieso. Man wagt das alles kaum zu denken. Diese Leute sind damit beschäftigt, Vorwürfe zu entkräften und auszuräumen, Vorgänge erklären. Alles aufklären. Ämter ruhen lassen. Ob sie's mit ihren hochbezahlten Rechtsanwälten zusammen schaffen werden? Es ist ja noch alles mutmaßlich. Alles. 
Wir reiben uns die Augen: Es scheint das Schlimmste wahr zu sein. Noch im Sommer haben wir uns über schwindelerregende Ablösesummen im Fußball gewundert und uns gefragt, ob da alles mit rechten Dingen zugeht. Es scheint viel Geld im Umlauf zu sein beim Fußball. Angebot und Nachfrage halt. Und "das Fernsehen". Die Vermarkter. Und das alles scheint so manche „unklaren Verhältnisse“ zu schaffen, genauso wie in der deutschen Autoindustrie, wo noch viel mehr Geld fließt und das eine oder andere Unlautere schon bewiesen zu sein scheint. Unsäglich. Hm, ob das alles diesem Deutschland zum Vorteil gereicht? Wir schaffen das. Basta.  

Literatur und ihre Auskenner(innen)

In Frankfurt ist Buchmesse, wozu mir folgendes einfällt: Die Literatur könnte ein sehr probates Mittel sein, um sich in andere Köpfe, andere Weltsichten, andere Gefühls- und Sinnwelten hinein zu denken. Möglicherweise ist ein solches Einüben von Empathie sogar eines ihrer Hauptanliegen. Blöd nur, dass wir uns Literatur von professionellen Kritikern und Auskennern empfehlen lassen, die jeden Bezug zur Einwirkung auf die eigene oder die Persönlichkeit anderer verloren haben. Sie sind Spezialisten wie alle anderen auch, wenden ihre einmal gewonnenen Maßstäbe auf wechselnde Objekte an und setzen ganz auf die Trennung von Kunst und Wirklichkeit. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, so ihr strenges Diktum, das auch das der „gebildeten“ Bürgerlichkeit ist.
Und so kann es durchaus sein, dass auch Nazis und andere Gangster gewisse Literatur mochten, sie sogar bewunderten. In dieser Weltsicht gibt es nur ein „Gut gemacht“, „hat mich erreicht“, „berührt“, "ist langweilig" usw. Literaturkritiker sind Spezialisten, die möglichst viel in möglichst kurzer Zeit möglichst kompetent zu verarbeiten haben. Gelegentlich sind sie dann als sogenannte „Kundige“ auch in Jurys geladen und verleihen sich gegenseitig Preise, was eine zusätzliche Legitimation für sie und die von ihnen umgarnte Gesellschaft darstellt. Angesichts der schieren Masse der per Literatur „angebotenen“ Sinnwelten, verlangt der Kunde Leser nach einer Orientierung, die ihm die beruflich dazu aufgestellten Kenner liefern sollen: als eine Bewusstseinsware, die von den Checkern ja nach persönlichem Gusto abgelehnt oder in höchsten Tönen belobigt wird. Das liege in der Natur der Sache, so ihr Credo. Die Fernsehrunden legen Zeugnis davon ab, welchen Showeffekt solche Spiegelfechterei haben soll. Blöd nur, dass allzu vieles dabei nur im ungünstigen Sinne eitel wirkt. Im ungünstigen Sinne“? Ich höre schon die Einwände: "jeder Mensch ist doch eitel!", - muss eitel sein. Selbstdarstellung ist doch eine "Herausforderung" der Zeit! Bewusstseinsaristokraten wollen dargestellt sein, ihr Diktum fällt wie ein Spruch von Zeus vom Olymp.  
Ob da auch Interessen der Bewusstseinsindustrie ihren Einfluss haben? Die Mitglieder der sogenannten „Gruppe 47“, die sich im Jahr 1947 konstituiert hat und als Literaturkritiker Reich-Ranicki oder Walter Jens gegen Schriftsteller wie Günter Grass oder Uwe Johnson aufbot, hätte so etwas weit von sich gewiesen. Und doch hat sie einer weitgehend statischen Wiederaufbaugesellschaft das kritische Feigenblatt der einer scheinbar kritischen Hinterfragung geliefert.  

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Zeit anhalten (gefundene Notiz)

Du würdest gerne einmal die Zeit anhalten, festhalten. In dich hinein holen, was du schon einmal gelebt hast. Deshalb bist du so oft nach Machtolsheim gefahren. Deine Kindheit in dich herein holen. Eine ganze Persönlichkeit werden. Eine komplettere. Durch dich selbst. Trinkst in letzter Zeit zu viel. Ruinierst dich. Ob du das anderen Menschen abgeschaut hast? Der Rausch als Flucht? Vor dir selbst? Als Übersteigerungen dessen, was du gerne fühlen würdest? Die Vorlage trägt nur kurz und bricht dann heftig in sich ein. Es gibt kein Entkommen.
Du wiederholst dich, spulst dein Leben intensiver ab. Denkst an das Ende und die Versorgung. Wirst dazu gezwungen, wie zu so vielem. Du hast immer versucht, solche Zwänge zu integrieren und doch integer zu bleiben. Geht das? Schleichend korrumpiert es dich, so dass du es nicht merkst....

Dienstag, 13. Oktober 2015

Djuna

DJUNA


Du sagst, Djuna, und schreibst, Djuna, was man bei Tag nicht denkt
du spielst mit Schatten, malst den Schrecken, formst daraus unser Bild
deine Augen sehen, durchdringen das Dunkel, so viel was sich uns verbirgt
du findest Worte, baust damit Sätze, die Vision der Nacht in uns


rote Lippen, rote Haare
du suchst die Liebe in der Dämmerung des Schlafs
rote Lippen, rote Haare
du suchst die Liebe in einem fremden Land


Du versuchst, Djuna, die Welt einzufangen, schickst sie als Flaschenpost an uns
fällst aus dir, tauchst in die Tiefe, holst die Schätze uns herauf


rote Lippen, rote Haare
du suchst die Liebe in der Dämmerung des Schlafs
rote Lippen, rote Haare
du suchst die Liebe in einem fremden Land


Haus ohne Adresse, Straße keiner Stadt
Kind ohne Namen, spielt Alltagstheater
wir gehen rückwärts, als Schlafwandler
durch tausend Augen seh' ich dich


Ich traf dich im Mai, Djuna, du sagst, du seist längst gestorben
dein Flüstern, Djuna, an unserem Ohr, verhilft einem Baron zu ewigem Leben
ein Fakir der Ängste, eine wahre Lüge, so stellst du dem Doktor die Diagnose
ein Nachtfalter, mit selt'nen Farben, so fliegst du durch unseren Traum


rote Lippen, rote Haare
hinter den Fenstern wartet Lachen auf dich
rote Lippen, rote Haare
hinter den Gesichtern wartet Nacht auf dich


Haus ohne Adresse, Straße keiner Stadt
Kind ohne Namen, spielt Alltagstheater
wir gehen rückwärts, als Schlafwandler

durch tausend Augen seh' ich dich

(ein Songtext aus den 80er Jahren, den ich damals mit Gedanken an die Schriftstellerin Djuna Barnes geschrieben habe, der Buch "Nachtgewächs" ich damals las, ich spürte eine Nähe zu meinen eigenen Ansichten....und wollte dem eine Form geben)

Montag, 12. Oktober 2015

Bilder der Wirklichkeit

Ob wir zuweilen das Gefühl haben, die Wirklichkeit entgleite uns, gehe an uns vorbei, sei ein Kosmos voller Unwägbarkeiten?.Wir würden gerne etwas in uns aufnehmen, das uns der Wirklichkeit näher bringt, das uns hilft, sie besser zu verstehen, mit ihr umzugehen. Etwas, was uns näher an sie heran bringt. Wir würden gerne Zusammenhänge sehen und verstehen, sie einordnen und sie mit besserer Bedeutung versehen. Mitbekommen, was um uns herum vorgeht. Doch alleine schon die Biografien der Menschen scheinen eine Beweglichkeit zu spiegeln, die unter den Bedingungen der Globalisierung längst in vollkommene Orientierungslosigkeit übergegangen ist. Lebensläufe sind nicht mehr festgeschrieben, an bestimmte Orte gebunden, sondern sie spielen im Überall und nirgendwo, je nachdem, wo einen ein Unternehmen hin schickt. Viele Figuren traten einmal mit großartigen Idealen an, die sie freilich im Laufe der Jahre so modifiziert, an neoliberale Zeiten angepasst und dadurch sich vollkommen so korrumpiert haben, dass sie die Welt heute sehr wohl verändern können, aber in einem Sinne, für den sie nie die Verantwortung übernehmen würden: Geld, Macht, Gier, Durchsetzung, Penetranz.... Die Folge: Zerissenheit, Brüche. Wirklichkeitsbild: Was auch immer du glaubst, dass es zusammen gehöre: es ist alles null und nichtig. Alles ist Zufall, nichts hat irgendeine Bedeutung, alles ist ein Algorithmus. . „Wenn ihnen dies gefällt, dann gefällt in auch jenes...“. Wahrscheinlichkeiten. Rechnungen. Zapping. Sampling.  

Sonntag, 11. Oktober 2015

Solidarität und Geld

Aha! Gestern las ich, dass der Finanzminister und der Juncker gemeinsam erwägen, für die Bewältigung der Flüchtlingsprobleme einen Solidaritätszuschlag zu erheben. Man könnte auch: „Steuererhöhung“ zu dem sagen, was ständig irgendeinen in die jeweilige Idiologie passenden Vorwand braucht, um zusätzlich Einnahmen für das zu erzielen, was auch auf europäischer Ebene Staat genannt wird. Aber "Solidarität" klingt besser, da können selbst die Linken mit. Onkel Juncker und Gevatter Schäuble sind sich da völlig einig. lassen halt mal einen Versuchsballon steigen. Mal sehen, wie die Reaktionen sind. Man könnte ja mit der Mehrwertsteuer was machen..... Ganz klar, dass der Staat immer zu wenig Geld hat. Abgabenlast hin oder her. „Wir schaffen das!“, ja klar. Bloß´, wer ist das, - „wir....“? Dazu sei vermerkt, dass auch der derzeitig in Deutschland gültige Solidaritätszuschlag ursprünglich für ein Jahr erhoben werden sollte. Er wurde dann auch abgeschafft, nur um ihn wenig später wieder einzuführen und ihn bis zum heutigen Tage gültig zu halten. Solidaritätszuschlag für die Neuen Bundesländer! Die sogenannte Wiedervereinigung ist längst über die Bühne, mit einigen Stärken und vielen Schwächen. Zu den Schwächen gehört wohl, dass enorm viel Geld ohne Sinn und Zweck in die neuen Bundesländer gepumpt wurde. Ohgne jede Wirkung, leider. Mecklenburg-Vorpommern leert sich. Andere neue Bundesländern nähern sich dem Status der gepflegten Wildniss. Einzig die Zentren wie Leipzig, Dresden oder Berlin (!ja klar, dort sitzen die Mächtigen....!) befinden sich nicht in diesem Trend, die wirtschaftlich „dynamischen“ Menschen scheinen ohnehin alle weg gezogen zu sein. Der derzeit viel gepriesene Begriff „Heimat“ scheint auf diese Weise das Privileg der Alteingesessenen zu werden.
Konkret? Z.b. Landärzte werden in den neuen Bundesländern händeringend gesucht. Ohne Erfolg. Kohle ist anderswo wohl leichter zu machen. Und darum geht es auch den ach so dem gesundheitlichen Wohl verpflichteten Ärzten wohl. Ist ja in dieser Wirtschaftsordnung auch nicht verkehrt: Ärzte sind unter anderem vom Staat und den Kassen zum „wirtschaftlichen Handeln“ aufgefordert. Natürlich führt dies gewollt zu einer gesellschaftlichen Polarisierung: wer sich ärztliche Dienste leisten kann, ist hier klar im Vorteil!

Doch zurück zum Solidaritätszuschlag: Mühelos lassen sich beliebig viele andere und Vorwände finden, um weitere solcher Zuschläge zu erheben. Auf der politisch linken Seite scheint man darin ohnehin das Allheilmittel aller Probleme zu sehen. Steuern kommen ja dem demokratisch legitimierten Staat zugute. Und dieser macht ja alles richtig. Nur so ein Seitenproblem ist dabei, dass solche „Apparate“ wie der Staat gelegentlich eine Eigendynamuik entwickeln. Wie das konkret aussehen kann, hat schon Franz Kagfka zu Berginn des vergangenen Jahrhunderts vorgeführt. Natürlich treffen solche Steuererhöhungen vor allem die finanziell minder ausgestatteten Kreise. Mit denen kann's ja machen, die gehen ohnehin nicht mehr zur Wahl, die haben keine Lobby und keine (vernehmbare) Stimme. Wieso? Weil sie das Gefühl haben, dass ihre Stimme nichts mehr bewirkt. Ob dieses einer Politikverdrossenheit Vorschub leistet? Macht nix, Politiker denken ohnehin nur bis zur nächsten Wahl. Dass solche immerhin gibt, ist zweifellos ein Fortschritt. Nur: wir sollten weitergehen..... 

Samstag, 10. Oktober 2015

Etwas zu Georg Trakl

Georg Trakl war ein armes Schwein, auch wenn seine Gedichte heute zu den wichtigsten jener Zeit zählen. Wichtig! Bedeutend! Expressionismus. Ihm war's damals egal. Kafka im Bereich der Prosa, Trakl als Lyriker. Sein Werk hat in einem einzigen Bändchen Platz. Er war nur kurz auf dieser Welt (1887 bis 1914). Mit seiner viereinhalb Jahre jüngeren Schwester hatte er wohl ein inzestuöses Verhältnis. Zudem war er als gelernter Apotheker schwer drogenabhängig (Opium, Morphium u.a.). Eine absolute Grenzerfahrung war für ihn der Einsatz als Sanitäter im Ersten Weltkrieg. Menschen ob ihrer wahnsinnigen Schmerzen schreien hören müssen. Bombeneinschlag, chemische Kriegsführung mit ihren fürchterlichen Folgen. Das verarbeitete er trotz Gedichten wie „Grodek“ bald gar nicht mehr. Er unternahm einen Selbstmordversuch und ging schließlich selbst mit einer Überdosis Kokain zugrunde. Sein Werk steht für eine extreme Weltsicht, für eine krasse poetische Wirklichkeit. Der Herbst und der mit ihm verbundene Verfall durchzieht als Motiv sein ganzes Werk. Der Mann arbeitete hart an seinen Gedichten, feilte manchmal über Jahre hinweg und schuf so ein poetisches Konzentrat, das dem heutigen Zeitgeist wohl total widerspricht, aber wie eine reinigende Flamme, ein Bunsenbrenner der Poesie auf alle Schönrednerei wirkt. Er wurde mir schon sehr früh sehr wichtig. Sein neulich hier aufgeführetes Gedicht „Verfall“ mag auf diesem Blog nur als ein Beispiel dafür stehen, dass es sich gerade jetzt wieder sehr lohnt, einen Blick in sein schmales Werk zu werfen und sich von dieser sehr eigenen intensiv verdichteten Wirklichkeit beeindrucken zu lassen.     

Freitag, 9. Oktober 2015

Auf der Suche

Du stellst dich vor einen Spiegel und denkst: Das soll ich sein? Wie das? Wer schaut dir so ins Gesicht? Wie? Ernsthaft? Melancholisch? Listig? Was warst du, was bist du, was willst oder wirst du sein? Da gibt es eine Reise in die Vergangenheit als Identitätsvergewisserung. Habe ich mich je erfahren? Bin ich blind durch die Zeit hindurchgeschlittert? Habe ich meine Möglichkeiten eingelöst? Wer bin ich in diesem Zusammenhang? Es ist die Frage, die mich biografisch unter anderem direkt zu Hermann Hesse geführt hat. Habe ich getan, was ich tun konnte, um diese Fragen zu beantworten? Habe ich eine Einheit meiner Identität herbeigeführt? Wo hat sich aus welchen Gründen meine Perspektive verändert? Ist das Selbstmitleid, Bauchnabelschauerei in einem Meer der sozialen Eingebundenheit? Oder ist man letztenendes dann doch auf sich selbst zurückgeworfen? Aber wer oder was ist dieses Selbst? 
Man ist kein Teil, der öffentlich anerkannten Intelligentia. Man ist etwas, was an der Seitenauslinie steht und lieber beobachtet. Die Dinge um sich herum. Man ist etwas, was aus der Wortkargheit kommt, und weniger aus der Laberei, wie sie mittlerweile überall herrscht. Spröde. Nicht smart. Abweisend untertreibend. Wie ist es, wenn es auf das Ende zugeht und das Unwichtige zurücktritt? Was wichtig und unwichtig ist, entscheidet man wohl selbst - wozu man dann auch das Recht hat. Dazu kommt das Fressen und Saufen. Nicht ganz unwichtig. In unseren Sozialstaaten machen sich Viele Illusionen dazu. Sie sind nur unter solchen Verhältnissen aufgewachsen. Doch in der Geschichte der Menschheit, die wir trotz aller kultureller Anstrengungen dann doch noch nicht ganz überwunden haben, gibt es viele Relativierungen davon. Der Mensch sei ein Mangelwesen, heißt es unter anderem. Wie ordnet man so etwas in sich selbst ein? Eines Tages hat man nichts mehr zu fressen und saufen. Wer hilft dann? Der Staat doch nur, wenn man sich ihm gegenüber vollkommen ausliefert, - oder? Man säuft ab.....in die völlig Passivität, in das Nichtsein, in den Tod.       

Mittwoch, 7. Oktober 2015

Weg

WEG

Durch Straßen laufen
auf der Suche, ohne Ziel
wenn Neonlichter dich kalt beflimmern
tausend Geschichten, dahinter tausend Personen
tausend Geschichten
nur langweilig:
show me some cash!“


Abwärts – geht’s unter meinen Füßen
bin leicht wie eine weise Feder
solange ich nicht falle
jemand fragt nach dem Weg
ich aber hab' längst vergessen
aus Schaufenstern grinst die Versuchung
plötzlich: Marylin Monroe
aber sie sieht an mir vorbei
ich lauf' weiter
weg
weiter
weg
ich hab' Angst

lebe immer noch

(eine Art Gedicht von mir aus den 70er Jahren)

Dienstag, 6. Oktober 2015

Intro

INTRO

Wie gut, dass ich bei den Guten bin
Am besten, ich mach' nicht viel Worte
und gehöre nicht zu denen,
die viel reden und nichts sagen
Du machst nicht viel Worte
traust ihrer Bedeutung nicht
sie haben sich zu oft gruppiert
Zu Lug, zu Trug
haben um deine Kaufkraft geworben
um Deine Wertschätzung
um deine Aufmerksamkeit
haben die Bedeutung in Hülsen gesperrt
in Bilder, die missbraucht und vergewaltigt
zu fetten Gemeinplätzen wuchsen
es ist ein nettes Hopping
über der unsichtbaren Hoheit
verkaufter Luftschlösser
aber dich plagt eine Sehnsucht nach Text
nach eigenen Worten
sie zieht dich weiter
in andere Formationen
viele Körper reden und sagen nichts
es ist genauso, wie dieser Satz,
eine vorbereiteter Gemeinplatz
eine automatisierte Deutung
eine hübsch geformte Lüge
der Sinn geht im universalen Geräusch unter
in weißen Rauschen, das sich gegenseitig auslöscht
und du bist ein Pirat der Patterns
Ich ist ein Anderer
mit den anderen vernetzt sein
ein Docking wagen, abseits der Kommunikation
sich in andere Positionen begeben
wagen, sie in Frage zu stellen
das willst Du vielleicht
Ich zu sagen,
ist eine Reaktion auf ständig wachsende Unsicherheit
dabei könnte alles so anders sein
in Unbekanntem unbekannt bleiben, unerkannt
wir treiben knapp unter der Oberfläche dahin
und strecken den Hals gelegentlich müde in die Höhe
der Papierweg ist verstopft
Schwächen offen zu zeigen
könnte sich als Stärke erweisen
Lüge, eitel Selbstinszenierung
schöne Fassaden sind auch schön - als Fassade
ein Paravant, flüchtig aufgestellt
rund um bittere Erbärmlichkeit
will verschwinden hinter Tönen
und mich einhüllen, will mich kleiden in sie
Du wagst, Dich im Verborgenen zu zeigen
als ein Spiel
wenn der Sinn untergegangen ist
will ich dem Klang nachlauschen
der sich selbst mitteilt
die brauchen Dich nicht
die nehmen sich nur, was sie brauchen
die hassen die Wahrheit, weil sie so negativ ist
was ist das Original, wenn alles eine Vervielfältigung ist
unwillkürlich, als Reflex, tausend Nichtigkeiten als Schwarm
als Wolke des Geschwafels
eine Kopie, eines großen Etwas, das wir alle sind?
Wie gut, dass ich bei den Guten bin
wie gut nur, wie gut......


(Ulrich Bauer, 2010)

Montag, 5. Oktober 2015

Verfall (Trakl)

Georg Trakl




VERFALL 
Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg' ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den nachtverschlossnen Garten,
Träum' ich nach ihren helleren Geschicken,
Und fühl' der Stunden Weiser kaum mehr rücken -
So folg' ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Ein Vogel klagt in den entlaubten Zweigen
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indess' wie blasser Kinder Todesreigen,
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern
Im Wind sich fröstelnd fahle Astern neigen.

Sonntag, 4. Oktober 2015

Herbstlied (Tieck)

Herbstlied


Feldeinwärts flog ein Vögelein
Und sang im muntern Sonnenschein
Mit süßem, wunderbaren Ton:
Ade, ich fliege nun davon,
Weit! Weit! Reis' ich noch heut!

Ich horchte auf den Feldgesang,
Mir ward so wohl und doch so bang,
Mit frohem Schmerz, mit trüber Lust
Stieg wechselnd bald und sank die Brust,
Herz! Herz! Brichst du vor Wonn' oder Schmerz?
Doch als ich die Blätter fallen sah,
Da dacht ich: Ach, der Herbst ist da!
Der Sommergast, die Schwalbe zieht
Vielleicht so Lieb' und Sehnsucht flieht,
Weit! weit! Rasch mit der Zeit!
Doch rückwärts kam der Sonnenschein,
Dicht hinter drauf das Vögelein,
Es sah mit tränend Angesicht
Und sang: die Liebe wintert nicht,
Nein! Nein. Ist und bleibt Frühlingsschein!


Von Ludwig Tieck, 1773 bis1853



(Singvögel haben's wohl heutzutage schwerer) 

Samstag, 3. Oktober 2015

Tod und Unruhe

Frei von allzu großer Unruhe sein. Geht das angesichts des Todes? Vielleicht im Glauben an das Jenseits. Weg sein. Aufhören zu existieren. Aber entweder in die Hölle oder in den Himmel kommen. Heute sind viele Menschen sehr beunruhigt, weil sie keinen Glauben haben. Unsere Zeit glaubt, dass der Tod sinnlos sei. Argument gefällig? Stell dir vor, das Leben sei nicht endlich. Das auf diese Einsicht folgende Leben könnte jegliche Spannung verlieren und tödlich langweilig sein. Alles was Grenzen hat, ist wertvoll. Wird gesagt. Bis zu Ende wird das nicht gedacht, weil der Tod ja tabu ist. Wir alle könnten plötzlich sterben. Auch die, die sich sehr sicher fühlen. Noch müssen alle Menschen sterben, auch wenn die soziale Polarisierung und der medizinische Fortschritt hier allmählich für eine neue Einseitigkeit sorgen.  

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Steuer ungeheuer

Vom Bund der Steuerzahler ist eben wieder ein „Schwarzbuch“ erschienen. Darin ist anhand einer noch nicht einmal vollständigen Liste aufgeführt, wo und wofür welche Summe Geldes von Politikern verschwendet wurde. Ganz ordentliche Gelder kommen da zusammen und mich wundert es wie jedes Jahr um diese Zeit, wie flott dieses von der Politkaste weggebügelt wird und wie reibungslos viele Medien dabei mitspielen. Nach drei Tagen ist das alles vergessen und jeder hat die Formel „im Vergleich zu anderen Ländern ist das ja ganz ordentlich“ verinnerlicht. Nun ja, ein paar Milliönchen hin oder her, es können auch Milliarden sein: der Berliner Flughafen BER oder der Stuttgarter Hauptbahnhof zum Beispiel. Kolateralschäden. Es würde auch viel schlimmer gehen. Ob diese Mentalität auch Politikverdrossenheit erzeugt? Wer wird nach welchen Mechanismen in den Bundestag gewählt und wer funktioniert dann streng nach Parteiräson und eine von Parteigenerälen vorgegebene Richtung? Wie einig sich die alle sind, wenn es darum geht, riesige Fehler zu kaschieren! Es dürfte ausführlicher darüber gestaunt werden.