Reise durch Wirklichkeiten

Sonntag, 7. Januar 2018

Was wäre Wirklichkeit?

Schon Teenager lassen sich Nase und Lippen richten, üben sich im Tarnen und Täuschen, wollen sich verstellen zu anderen Identitäten. Heraus zu finden, wer man selbst ist und gar auf den warten, der das akzeptiert, könnte zu lästig sein. Man kann ja nachhelfen, es kann schneller und besser gehen. In Richtung auf vorgegebene Ideale. Und man hat mächtige Freunde. Maschinen als „Freunde“. Roboterfreunde. Ob Roboter nicht schon bald schlauer als wir selbst sind? Programmierte Einheiten? Erst mal gilt es, abzudriften in bessere Welten.
Die Virtual Reality-Brillen scheinen ja bis jetzt nicht gerade der große Schlager zu sein. Aber sie holen auf. Sie werden eines Tages mit ihren genussvollen Angeboten voll da sein. Erschwinglich. Für jeden. Brillen für alle, die die Augen vor der Wirklichkeit verschließen wollen und sich lieber in Realitäten herumtreiben, die andere für sie ausgedacht haben. Naja, die Gamingindustrie hat sich dies schon längst zum Vorteil gemacht und nutzt das nach allen Regeln aus. Illusionen zu verkaufen ist ohnehin ein altes Gewerbe. Menschen scheinen ja leicht zu manipulieren sein. Die Art, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen, scheint dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Wir unterscheiden und differenzieren das, was uns als wichtig erscheint. Berühmt ist in diesem Zusammenhang das Beispiel mit den Hopi-Indianern, die andere Zeitbegriffe als wir haben und die Zeit auch anders wahrnehmen. Aber auch an anderen „Naturvölkern“ sind solche sprachlichen Mechanismen nachzuweisen. Über die Augen und Sinne empfangen wir immer dieselben Reize. In der anschließenden Verarbeitung könnte allerdings die Sprache und die Art unserer Wahrnehmung der entscheidende Faktor sein. Die Realität könnte im Auge des Betrachters liegen.
Viele Beispiele aus dem Bereich der optischen Täuschungen sind uns diesbezüglich ja bekannt. Unser Gehirn ist programmiert durch immer wiederkehrende Prozesse. Es rechnet sie sich mit der Zeit mehr aus, als dass es sie wahrnimmt. Es hat eine bestimmte Art der Realität „gelernt“ und sie sinnvoll strukturiert. Unser Gehirn versucht, aus allem, was wir sehen, Sinn zu konstruieren. So können die Grenzen zwischen Wirklichkeiten auf einfachste Weise verschwimmen. Das menschliche Gehirn hat ja die besten Voraussetzungen dafür, sich täuschen zu lassen. So kann auch eine Virtual-Reality-Brille die Kontrolle über die Realität übernehmen. Diese Teile ziehen uns in ihre Bilderwelten. Man ist erstaunt, hat Angst, ist erschrocken oder erfreut - man erlebt etwas.

VRBrillen sprechen Sinne an, die älter als unser Großhirn sind. Das heißt, sie gehen am Verstand vorbei. Es gilt, Erfahrungen zu machen, ohne sie wirklich zu machen. Wirklich? Was ist Wirklichkeit? Sie scheint auf solche Weisen beliebig manipulierbar zu sein, schöngefärbt, gebogen, verbogen, in bestimmte Richtungen geführt. Der neueste Trend? Avatare. Also künstliche Doppelgänger, Identitäten, in die wir uns hinein- und hinaus geträumt haben. Irgendwann glauben wir tatsächlich an die Realität, die solche Avatare umgibt, egal, wie das Erlebnis zustande gekommen sein mag. Unser Stellvertreter macht Erfahrungen, mit denen wir uns identifizieren. Die Vermischung von Realität und Vorstellung davon wird perfekt sein. In sozialen Medien könnte das bald gängige Praxis sein: man schickt einen Avatar zu abenteuerlustigsten Verabredungen mit anderen Avataren. Sich in einen solchen Stellvertreter hinein zu versetzen, wird erstaunlich gut funktionieren und uns mit allen Mitteln (vor allem der Werbung mit allen Mitteln....wir kennen das ja) schmackhaft gemacht. Nachdenken oder Grübeln? Wird verschwinden. Wir sind auf dem Weg. Weg aus der analogen Welt. Hinein in eine Schöne Neue Welt.... 

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