Reise durch Wirklichkeiten

Dienstag, 13. Februar 2024

Verfasstheit

Inmitten all der Katastrophen auf der Welt denken wir über die Verfasstheit in Deutschland nach: Demokratie hätte eigentlich viel mit Mitmachen und Sich Einmischen zu tun. Doch dies scheint immer mehr zu versiegen. Das Gefühl, aus der Ferne und nach kaum nachvollziehbaren Kriterien regiert zu werden, keine Möglichkeit zur Mitwirkung zu haben, ist womöglich auch ein Grund für die Unzufriedenheit Vieler mit dem politischen System. Es breitet sich ein Gefühl aus, das besagt, dass all die Abgeordneten und Minister, die den Einflüsterungen von Lobbyverbänden ausgesetzt sind, ja, dass die gesamte Exekutive nicht mehr die Bevölkerung repräsentiert. Im Bundestag mit seinen 709 und jetzt 598 Abgeordneten gibt es 22% Juristen und 7% Politologen. In der deutschen Bevölkerung aber gibt es nur 0,6 % Juristen und 0,01 % Politologen. Ob das einer repräsentativen Demokratie entspricht? Unmut erzeugt es in jedem Falle. Beispielsweise in Irland wird in dieser Hinsicht radikal experimentiert. Das lämgst eingeführte Element heißt „Demokratie per Losverfahren“ und wurde schon in klassischen Staatsform der Demokratie der Griechen praktiziert. Der „Rat der 500“, die Volksversammlung und sogar das oberste Gericht wurden durch Los ermittelt. Noch einmal: im alten Griechenland wurden neben den politischen Entscheidern sogar die juristischen Entscheider per Losverfahren ermittelt, alle Ämter wurden auf Zeit zugelost. Beides galt für eine gewisse Zeit. Danach gab es „Neuwahlen“, in diesem Falle „Neubestimmungen“. Politiker sind nicht länger „die da oben“. Es gilt vielmehr ein Verfahren der Teilnahme. Es gibt dort „Bürgerversammlungen“. In ihr geht es durchaus um wichtige Grundsatzfragen und Fragen, die die Allgemeinheit sehr betreffen. Ihre Teilnehmer sind Laien, keine Spezialisten oder „Experten“. Man tauscht in dieser Versammlung Argumente aus, versucht, den Anderen zu verstehen. Man ändert die Meinung, wenn jemand anderes überzeugend war. 99 Iren aller Bevölkerungsschichten machen ein Jahr lang Politik, alle zufällig ausgewählt per Los. Jeder bekommt den ganzen Entscheidungsprozess mit, kann sich ernst genommen fühlen. Wie Gesetzentwürfe zu Gesetzen werden, - hier soll es transparent werden. Statistiken werden gewälzt, Experten werden gehört. Es gibt keine Hinterzimmergespräche, und es wird live ins Netz übertragen. Es wird abgestimmt und der Regierung eine Handlungsempfehlung gegeben. Die Bürger mehr einbinden in den politischen Entscheidungsprozess, ob das eine schlechte Idee ist? Ob das hierzulande, wo noch nicht einmal ein Lobbyregister existiert, auch mal eine Überlegung wert wäre? X x In the midst of all the catastrophes in the world, we think about the state of affairs in Germany: Democracy actually has a lot to do with participating and getting involved. But this seems to be drying up. The feeling of being governed from a distance and according to criteria that are difficult to understand is also a reason for many people's dissatisfaction with the political system. There is a growing feeling that all the MPs and ministers who are exposed to the whispers of lobby groups, indeed, that the entire executive branch no longer represents the population. In the Bundestag with its 709 members there are 22% lawyers and 7% political scientists. However, in the German population there are only 0.6% lawyers and 0.01% political scientists. Does that correspond to a representative democracy? In any case, it creates dissatisfaction. In Ireland, for example, radical experiments are being carried out in this regard. The most recently introduced element is called “democracy by lottery” and was already practiced in the classical form of Greek democracy. The “Council of 500,” the People’s Assembly, and even the Supreme Court were chosen by lot. Once again: in ancient Greece, in addition to the political decision-makers, even the legal decision-makers were determined by lottery; all offices were assigned for a limited period of time. Both were true for a certain time. Afterwards there were “new elections”, in this case “new determinations”. Politicians are no longer “the ones up there”. Rather, there is a participation process. There are “citizen meetings” there. It is definitely about important fundamental questions and questions that greatly affect the general public. Your participants are laypeople, not specialists or “experts”. In this meeting people exchange arguments and try to understand the other person. You change your mind when someone else has been convincing. 99 Irish people from all walks of life do politics for a year, all randomly selected by lottery. Everyone sees the entire decision-making process and can feel taken seriously. How draft laws become laws - it should be transparent here. Statistics are discussed, experts are heard. There are no backroom discussions and it will be broadcast live online. A vote is taken and a recommendation for action is given to the government. Involve citizens more in the political decision-making process, is that a bad idea? Would that be worth considering in this country, where there isn't even a lobby register?

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