Reise durch Wirklichkeiten

Mittwoch, 27. Januar 2021

Kaffee

Der Tag beginnt für mich mit einem Kaffee. Ich trinke und genieße. Dabei fiel mir ein, dass ich vor vielen Jahren schon etwas über Kaffee schrieb. Ich schaute nach und....fand das Folgende: Kaffee und Café Angeregt beruhigt Genuss und Anregung, Geschmack und Geselligkeit: Kaffee trinken bedeutet vieles für Viele. Künstler haben das braune Getränk immer schon als willkommene Stimulanz zu schätzen gewusst und so manches große Werk wäre ohne seine anregende Wirkung nie zustande gekommen. Kein Zweifel, unter seinem Einfluss fließt die Musik anmutiger, perlen die Worte leichter aus der Feder und gleitet der Zeichenstift mit angenehm entfachter Fantasie über die Leinwand. Die wechselseitige Anregung zwischen Künstler, Kaffee und dem genießenden Publikum hat eine lange Tradition. Ein berühmtes Beispiel geben etwa die Wiener Literaten des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts wie Peter Altenberg, Anton Kuh oder Alfred Polgar, die sich vom Kaffeehaus und seinem Publikum genauso wie vom stetig nachgefüllten Getränk zu den höchst geistreichen und süffisanten Betrachtungen des sogenannten „Wiener Feuilletons" inspirieren ließen. Im Sommer verbrachte der Bohèmien den Tag gerne im Straßencafé am Graben. „Sie waren stundenlang im Grabenkiosk gesessen“, so beginnt beispielsweise Altenbergs Skizze „Sonnenuntergang im Prater“, „hatten Fiaker betrachtet mit Fremden, Automobile, wie Zugvögel von fernen Reisen, Damen auf dem Trottoire, die wunderbar sicher dahinglitten und andere, die trippelten und tänzelten...“ Freilich, nicht nur Kulturschaffende wissen das braune Getränk zu schätzen: 90 Prozent aller Deutschen trinken regelmäßig Kaffee, 190 Liter pro Kopf und Jahr. Für viele ist der Muntermacher gar unentbehrlich geworden. Seine anregende Wirkung entspringt dem Koffein, das in einer normalen Tasse mit 150 Milliliter immerhin zu 60 bis 80 Milligramm enthalten ist, in einer Mokka-Tasse (135 Milliliter) schon mit 135 Milligramm und als Espresso (40 Milliliter) zu 45 Milligramm. Der Kaffee wirkt recht schnell, klingt aber innerhalb von zwei bis drei Stunden wieder ab. Dabei hat der Kaffee in seiner heutigen Form eine ereignisreiche Geschichte hinter sich. Ihren Ursprung hat die brauen Bohne in den tropischen Bereichen Afrikas, von wo sie durch die Menschen in andere Erdteile gekommen ist. Afrikanische Stämme ließen einst reife Kaffeefrüchte gären und erhielten auf diese Weise ein alkoholisches Getränk, das sie zu religiösen und medizinischen Zwecken verwendeten. In Äthiopien genießt man die Früchte des Kaffeebaums seit langem in ungewöhnlicher Form: Mit Koriander getrunken oder mit Fett zu essbaren Bällchen geformt, mit Salz und Fett oder mit Honig vermischt und in einem Topf mit Kräutern gekocht. Es war wohl um das Jahr 1200, als die Araber begannen, ein heißes Getränk aus ganzen Kaffeefrüchten zuzubereiten, indem sie sie trockneten und dann in Wasser kochten. Zirka 1300 fingen sie an, die Kaffeebohnen aus den Früchten zu lösen und zu rösten. Im 14. Jahrhundert kam der Kaffeesamen in den Jemen, wo Kaffee als Kulturpflanze zum ersten Mal angebaut wurde. Zubereitet wurde das Getränk zum einen aus gerösteten Bohnen, so wie der heute noch gebräuchliche "Türkische Kaffee", - zum anderen aus dem getrockneten Fruchtfleisch der Kaffeekirschen, gewürzt mit Zimt und Ingwer: "Kaffee a la Sultan". Ab dem 16. Jahrhundert wurde Kaffee fein gemahlen und mit kochendem Wasser übergossen im ganzen Nahen Osten populär. Erst mit Beginn des 17. Jahrhunderts traten die neuen Heißgetränke Schokolade, Kaffee und Tee auch in Europa ihren Triumphzug an und schickten sich an, neben dem Wein und dem Bier ihre Rolle im öffentlichen und privaten Leben zu spielen. Mönche waren es, die den Kaffee als muselmanisches Heidengetränk wieder verbannen wollten. Doch als Papst Clemens VIII. das neue Getränk probierte, muss es ihm ziemlich geschmeckt haben: er erklärte es so schnell wie möglich für christlich. Im übrigen war es die genussorientierte Adelsgesellschaft, die Kaffee und Tee zuerst für sich entdeckte. Der Orient und all seine geheimnisvollen Bräuche und Sitten waren bei der feinen Gesellschaft ohnehin gerade in Mode und für eine ganze Weile galt es als das höchste der höfischen Gefühle, sich den Kaffee vom kaffeebraunen Diener ins fein ziselierte Mokka-Service schenken zu lassen. Auch das Bürgertum mochte auf solchen Genuss nicht verzichten und richtete die ersten Kaffeehäuser ein, die das orientalische Ambiente mit dem rustikalen Flair einer Bierschänke kreuzten: 1645 in Venedig, 1652 in London, 1672 in Paris und 1677 in Hamburg. Händler und "Geistesarbeiter" waren dort die ersten und besten Kunden, die die gesellige Gelegenheit meist für geschäftliche Besprechungen und Diskussionen aller Art nutzten. Den Frauen allerdings war der Zutritt zu solch männlichen Ritualen versperrt. Sie durften allenfalls als Servierpersonal aus der Ferne am Genuss teilhaben. Im 18. Jahrhundert kam der Kaffee schließlich nach Amerika. Die Portugiesen holten ihn nach Brasilien, von wo aus er bis heute in großen Mengen weltweit exportiert wird. Das Kaffeehaus erlebte nun in Europa einige Variationen, etwa im Billardcafé, im Gartencafé oder im Raucherkabinett. Begüterte Damen hingegen trafen sich zum Kaffeekränzchen, um den neusten Familientratsch zu besprechen. Im 19. Jahrhundert war das Kaffeehaus schon zu einem über alle Bevölkerungsschichten verbreiteten Ort der Geselligkeit geworden. Die Frauen hielten Einzug und auch die süßen Stückchen. Die Kombination des Kaffeehauses mit einer Konditorei wurde normal. Auch der private Plausch bei Kaffee oder Tee war nun nichts außergewöhnliches mehr. Musikcafé, Eiscafé oder Tanzcafé entwickelten sich im 20. Jahrhundert: der Kaffee hatte sich nun etabliert und wird heute in etwa 75 Ländern auf vier Kontinenten angebaut. Gerade in letzter Zeit scheint das Café wieder neu entdeckt zu werden, als geselliger Ort, der die Begegnung mit der Kultur auf einfallsreich angenehme Weise ermöglicht. Als Cafébar etwa, in der sich Lifestyle, angenehmes Ambiente und exotische Mixgetränke sich neu mit kulturellem Genuss verbinden, um sich gegenseitig auf vielfältige Weise zu steigern. Die zwanglose Beschäftigung mit den schönen Seiten des Lebens und der Kaffee: zusammen scheinen sie jene innere Ruhe schaffen zu können, die den anregenden Austausch mit anderen Menschen auf eine durchaus tiefer gehende Weise fördert.

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