Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Donnerstag, 19. September 2024
Heimat
Was immer wieder auftaucht, verfremdet oder nicht: „Heimat“. Was ist das? Was soll es sein? Ständig neu aufgeladen wird dieser Begriff mit neuen Bedeutungen. Jetzt geben Migration und Globalisierung der Bedeutung dieses Begriffs „Heimat“ wohl eine besondere Richtung. Auch versuchen politische Kreise, sich das Begriffs zu bemächtigen. Aber gehen wir erst mal rein in die Vergangenheit, aus der ja das Gegenwärtige entstand. Es waren die Romantiker des ausgehenden achtzehnten und beginnenden neunzehnten Jahrhunderts, die aus „Heimat“ einen Sehnsuchtsbegriff machten, der ein bisschen auch als Gegensatz zu jener Industrialisierung gemeint war, die oft genug lebensfeindlichen Charakter hatte. Es waren Begriffe wie Vertrautheit, Überschaubarkeit oder Geborgenheit, die die Romantiker dagegen setzten. Dass solches später zu oft missbraucht wurde, war damals noch nicht abzusehen. Aber ziehen wir doch einen hinzu, der die Romantik der Moderne entgegen geführt hat. Der Schriftsteller Hermann Hesse sagt: „Heimat ist nicht da oder dort. Heimat ist in dir innen, oder nirgends.
Wandersehnsucht reißt mir am Herzen, wenn ich Bäume höre, die abends im Wind rauschen. Hört man still und lange zu, so zeigt auch die Wandersehnsucht ihren Kern und Sinn. Sie ist nicht Fortlaufenwollen vor dem Leide, wie es schien. Sie ist Sehnsucht nach Heimat, nach Gedächtnis der Mutter, nach neuen Gleichnissen des Lebens. Sie führt nach Hause. Jeder Weg führt nach Hause, jeder Schritt ist Geburt, jeder Schritt ist Tod, jedes Grab ist Mutter.
So rauscht der Baum im Abend, wenn wir Angst vor unsern eigenen Kindergedanken haben. Bäume habe lange Gedanken, langatmige und ruhige, wie sie ein längeres Leben haben als wir. Sie sind weiser als wir, solange wir nicht auf sie hören. Aber wenn wir gelernt haben, die Bäume anzuhören, dann gewinnt gerade die Kürze und Schnelligkeit und Kinderhast unserer Gedanken eine Freudigkeit ohnegleichen. Wer gelernt hat, Bäumen zuzuhören, begehrt nicht mehr, ein Baum zu sein. Er begehrt nichts zu sein, als was er ist. Das ist Heimat. Das ist Glück.“ glaubt Hermann Hesse.
Und noch etwas zu diesem Thema kam mir bei der Lektüre unter: „Unbezahlbar“ nennt Professor Nicholas Conard von der Universität Tübingen die Fundstücke im Vogelherd: „Wir haben hier die besten Belege für die Entstehung von Kunst und Musik“, so Conard, „ja, mit Löwenmensch beispielweise auch erste Belege für Religion in der Menschheitsgeschichte“. Dass das und die „sehr guten Besucherzahlen des Archäoparks“ bei der Landesregierung nicht ins Gewicht fällt, kommt für ihn einer „Missachtung der Bevölkerung“ gleich. Und mehr noch: Dass das Land die Wiege der Kultur, die ja nun in Baden-Württemberg zu verorten ist, nicht höher einschätzt, das verletzt seiner Meinung nach das „Selbstbild des Landes, das sich ja rühmt, Kultur- und Wissenschaftsstandort zu sein“. „Man muss sich das vorstellen“, macht Conard seinem Unverständnis Luft, „überall auf der Welt sind Repliken der Fundstücke ausgestellt. Überall auf der Welt werden Vogelherd, Niederstotzingen und Baden-Württemberg in diesem Zusammenhang genannt“. Und ausgerechnet in der Heimat sollen die Schätze nicht hochgehalten und gefördert werden – für ihn ist das „eine absolute Blamage für das Land Baden-Württemberg“.
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What keeps cropping up, alienated or not: "home". What is it? What is it supposed to be? This term is constantly being recharged with new meanings. Now migration and globalization are giving the meaning of this term "home" a special direction. But let's first go into the past, from which the present emerged. It was the Romantics of the late eighteenth and early nineteenth centuries who made "home" a term of longing, which was also meant as a bit of an antithesis to the industrialization that was often hostile to life. It was terms such as familiarity, clarity or security that the Romantics opposed. That these would later be misused too often was not foreseeable at the time. But let's take a look at someone who led Romanticism towards modernity. The writer Hermann Hesse said: "Home is not here or there. Home is inside you, or nowhere.
A longing to wander tears at my heart when I hear trees rustling in the wind in the evening. If you listen quietly and for a long time, the longing to wander also reveals its core and meaning. It is not a desire to run away from suffering, as it seemed. It is a longing for home, for the memory of the mother, for new parables of life. It leads home. Every path leads home, every step is birth, every step is death, every grave is mother.
This is how the tree rustles in the evening when we are afraid of our own childish thoughts. Trees have long thoughts, long-winded and calm ones, just as they live longer than we do. They are wiser than we are as long as we do not listen to them. But when we have learned to listen to the trees, then the brevity and speed and childish haste of our thoughts gain an incomparable joy. Anyone who has learned to listen to trees no longer desires to be a tree. He desires to be nothing but what he is. That is home. That is happiness,” believes Hermann Hesse.
And something else on this topic occurred to me while reading: Professor Nicholas Conard from the University of Tübingen calls the finds in Vogelherd "priceless": "We have the best evidence here for the origins of art and music," says Conard, "and with the Lion Man, for example, we also have the first evidence of religion in human history." The fact that this and the "very good visitor numbers of the archaeological park" are not taken into account by the state government is, in his opinion, tantamount to "disrespect for the population." And what's more: the fact that the state does not rate the cradle of culture, which is now located in Baden-Württemberg, more highly, in his opinion, damages the "self-image of the state, which prides itself on being a center of culture and science." "You have to imagine," Conard expresses his incomprehension, "replicas of the finds are on display all over the world. Vogelherd, Niederstotzingen and Baden-Württemberg are mentioned in this context all over the world." And of all places, the treasures are not being upheld and promoted in their homeland – for him, this is “an absolute disgrace for the state of Baden-Württemberg”.
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