Ein Durchgang durch Realitäten aus meiner Sicht - Blog von Ulrich Bauer (Ergänzt ubpage.de)
Mittwoch, 6. November 2024
Novalis und Dialektik
Ob Novalis irgendetwas mit Dialektik am Hut hatte? Jedenfalls schien er friedlich mit den Widersprüchen und nicht nur mit der „blauen Blume“ zu leben, mit These und Antithese. Genau wie viele Zeitgenossen der Romantik. Mit Polyperspektivismus war er vertraut, mit der Ansicht der Dinge von verschiedenen Seiten. Später, auf höherem Niveau, sollte die „Unio mystica“ zusammenführen. Er wollte einen Weg finden, um Licht und Bewusstsein in unsere Existenz zu bringen. Der Grenzen unserer Erkenntnis war er sich dabei wohl bewusst. Gleichzeitig war ihm der Glaube und das intuitive Tun etwas wert, das Streben nach Erkenntnis, die sich freilich im Paradoxen verbergen konnte. Auch war ihm die Ironie wertvoll. Eine Distanz, die um Beschränkungen von Menschen wusste. Die Mystik, natürlich. Die Nacht. Das Unendliche. Der Tod als das Dunkle, was jeden Menschen früher oder später (gnädig) auffrisst: Klar.
Dienstag, 5. November 2024
Schön oder was?
Dies hier gleicht eher einer Stoffsammlung zu einer Frage, die mich nicht unmittelbar zu betreffen scheint, die es dann aber auf verschiedene Arten doch tut. Ich kombiniere damit Aussagen in TV-Sendungen mit Gedanken und Notizen, die ich mir gemacht habe. Ich kann sie nicht in ein eindeutiges Raster bringen, eine Haltung oder Meinung. Ausgangspunkt ist das, was man immer hört: Menschen, die als schön gelten, haben es im Leben durchweg einfacher, haben Vorteile. Sie verdienen mehr, haben bessere Noten, ernten geringere Strafen, kommen in den Genuss einer besseren Gesundheitsversorgung – nur so als Beispiel. Es scheint eine Art Ungleichbehandlung aufgrund des Aussehens zu geben. Gleich wird fehlende Disziplin für „ungehöriges“ und nicht den gängigen Idealen entsprechendes Dicksein verantwortlich gemacht. Dies scheint sich eine ganze Industrie zunutze zu machen. Es scheint „Normkörper“ zu geben. Das, an dem sich scheinbar alles misst. Daraus folgt ein fortwährendes „Du musst, musst, musst…“. Es gilt, sich diesem (sozialen) Druck strategisch anzupassen. Es geht darum, „etwas an sich machen zu lassen“, Korrekturen im Gesicht und an anderen Stellen des Körpers. Freilich wird so etwas immer intensiver im Laufe der Alterung. Es gilt, ein Erscheinungsbild zu designen. Es wird einem damit versprochen, dass man sich auf diese Weise jünger fühle. Angepasster einem Schönheitsdruck. Dass man weniger auffalle. Körper sind also eine Art Rohstoff der Selbstoptimierung. Wo fängt das an und wo hört es auf? Lackierte Fingernägel, geschminktes Äußeres - was gilt dafür? Inwiefern ist das selbstbestimmt oder fremdbestimmt? Diversity, wie ernst sind solche Parolen, wenn sogar Barbie-Puppen dies aufnehmen und sich bezahlen lassen? Neue Normalität schafft neuen Druck. Ob es sich in einen Gegentrend einreiht, der Inklusion, „Body Positivity“ und Diversität verspricht? Ob man sich solche „Verstöße“ leisten können muss? Welche Rolle spielt überhaupt die Frage, ob man sich Schönheitsoperationen leisten kann? Ob Menschen in Armut zu leben gezwungen sind? Es dadurch gar nicht bezahlen können, den Körper zurichten zu lassen. Ein Markt muss bedient, ein Produkt gekauft werden. Es geht ja auch darum, dass grundlegende menschliche Prozesse (wie das Altern) gegen entsprechendes Entgelt geleugnet werden können. Wo steht in diesem Zusammenhang der Ekel vor allem, was aus dem Körper kommt (wie zb. Haare, Flüssigkeiten). Geht es in einer Ebene darunter darum, wie weit man sich vom Tier entfernt? Es ist ja so, dass dies alles lange Zeit Frauen zugeschrieben wurde. Doch nun kommt immer mehr Druck Männern gegenüber auf. Eine mächtige Konsumgruppe will da erobert werden. Sehr viel wird in diesem Zusammenhang mit der Gesundheit verhandelt. Ob da nicht Fragen der Identität dahinter stehen? Man ist, der man ist? Zunächst einmal ist jeder ein Körper und hat einen Körper. Die Zuschreibung der individuellen Selbstverantwortung scheint der Doktrin des Neoliberalismus zu entsprechen. Das Äußere (die Verpackung) scheint oft genug den Wert eines Menschen zu bestimmen.
Montag, 4. November 2024
Narrativ
Es reden Personen des öffentlichen Lebens gerne von „der Erzählung“ oder „dem Narrativ“ das jetzt endlich in „den Diskurs“ eingeführt werden solle. Modeworte. Im Prinzip jetzt schon von gestern. Mir scheint, dass dies ein Bedürfnis nach einem größeren Zusammenhang signalisiert, nach dem, was Firmen und Unternehmen gerne als ihre „Philosophie“ bezeichnen und was auf eine Art von oberflächlich degenerierter Stufe von einigen, meist unverbindlichen „Grundüberzeugungen“ hindeutet. Es besteht offenbar ein Bedarf an Eingebettetsein in allgemeine Regeln, die im öffentlichen Leben anscheinend allzu sehr in den Hintergrund geraten sind. Dass jetzt freilich im Ringen um solche „Narrative“ lächerliche Patzer passieren, dass das Wort an tausend Stellen benutzt wird, passt zu dem Bild, das uns auf einen vernachlässigten Umgang mit solchen Begriffen deutet. Es herrscht wohl allzu sehr der Alltagspragmatismus, der sich von Lösung zu Lösung, von Tag zu Tag wurstelt, ohne ein Ziel erkennen zu lassen. Allerlei künstliche Konstruktionen, die sich meist an einer Rhetorik der Kurse und Workshops orientieren, sollen hier wohl Abhilfe schaffen.
Sonntag, 3. November 2024
Schlaf
„Die Einstellung der animalischen Funktionen ist der Schlaf, die der organischen der Tod“. Jeder Tag ist ein kleines Leben, - jedes Erwachen und Aufstehn eine kleine Geburt, jeder frische Morgen eine kleine Jugend und jedes zu Bette gehen und Einschlafen ein kleiner Tod. So ist denn endlich auch das Einschlafen ein täglicher Tod und jedes Erwachen eine neue Geburt. Ja, um es ganz durchzuführen, könnte man die Unbequemlichkeit und Schwierigkeit des Aufstehens als die Geburtsschmerzen betrachten. Der Schlaf ist ein Stück Tod, welches wir vorwegnehmend borgen und dafür das durch einen Tag erschöpfte Leben wiedererhahlten und erneuern“ (aufgelesen und notiert bei Artur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung)
Samstag, 2. November 2024
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